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Lyonesse 3 - Madouc

Titel: Lyonesse 3 - Madouc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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Beistand verlegen hier am Pfosten Idilra steht?«
    »Gewiß dürft Ihr Euch danach erkundigen«, antwortete Madouc. »Ich würde Euch gerne ausführlich Auskunft geben, ginge es nicht auf die Dämmerung zu, und je eher ich meine beklagenswerte Pflicht hinter mich gebracht habe, desto besser.«
    »Gut gesprochen!« rief Sir Jaucinet. »Ich nehme an, daß ich Euch dabei behilflich sein kann?«
    »So ist es. Seid so gut und tretet ein Stück näher. Nein; Ihr braucht Euren Panzer jetzt noch nicht abzulegen.«
    »Seid Ihr sicher?« fragte Sir Jaucinet skeptisch.
    »Ganz sicher, wenn Ihr nur ein paar Schritte nähertreten wollt.«
    »Mit Vergnügen! Ihr seid eine äußerst schöne Maid; erlaubt mir, Euch zu küssen!«
    »Sir Jaucinet, unter anderen Umständen würde ich Euer Verhalten als höchst überstürzt, wenn nicht gar forsch empfinden. Aber ...«
    Sir Jaucinet trat zu ihr und leistete gleich darauf Nisby im Zelt Gesellschaft.
    Madouc setzte sich wieder an den Fuß des Pfostens Idilra und wartete. Die Sonne sank tiefer, und einmal mehr zeigte sich Sir Pom-Pom, diesmal frech mitten auf dem Weg. Er rief: »Wie lange müssen wir hier noch herumtrödeln? Die Dunkelheit naht; ich will nicht draußen unter den Wesen der Nacht schlafen!«
    »Dann komm«, sagte Madouc. »Hol Travante; ihr zwei dürft euch ins Zelt setzen.«
    Sir Pom-Pom und Travante beeilten sich, dem Vorschlag nachzukommen, und nun stellte sich heraus, daß das Zelt sich um eine weitere Kammer vermehrt hatte, in der Nisby und Sir Jaucinet im Zustand der Apathie saßen.
    Die Sonne verschwand hinter den Bäumen. Madouc streckte ihre verkrampften Muskeln, ging drei Schritte in alle Richtungen und spähte in alle vier Wege, aber die rasch sinkende Dämmerung beschränkte ihre Sicht, und sie entdeckte nichts.
    Madouc ging zurück zum Pfosten Idilra und wartete mit wachsendem Unbehagen.
    Zwielicht hüllte den Wald von Tantrevalles ein. Eine Weile beobachtete Madouc die Fledermäuse, wie sie über ihr durch das Astwerk schwirrten. Das Zwielicht schwand, und der Himmel wurde erst dunkel und hellte sich dann im Osten auf, als der Mond aufging.
    Die kühle Nachtluft machte Madouc frösteln. Sie fragte sich, ob sie wirklich länger im bleichen Mondschein beim Pfosten Idilra verharren wollte.
    Eigentlich nicht. Sie grübelte über die Gründe nach, die sie hierhergeführt hatten, und sie dachte an Nisby und Sir Jaucinet, die jetzt sicher im Zelt saßen: zwei von den dreien, die in Frage kamen. Madouc seufzte und spähte einmal mehr bange in alle Richtungen. Alle Farben waren verschwunden, gebleicht vom Mondenschein. Die Pfade waren silbergrau, die Schatten schwarz.
    Der Mond klomm langsam den Himmel hinauf.
    Eine Eule flog über den Wald und zeichnete sich kurz als Silhouette vor der kaltweißen Scheibe des Mondes ab.
    Madouc sah eine Sternschnuppe.
    Ausder TiefedesWaldeskam einschaurigesHeulen.
    Der wandelnde Schatten, auf den Madouc gewartet hatte, kam mit langsamen Schritten den Pfad herauf. Fünfzehn Fuß vor dem Pfosten Idilra blieb er stehen. Ein schwarzer Umhang umhüllte den Körper; ein breitkrempiger Hut überschattete das Gesicht. Madouc wich stumm gegen den Pfosten zurück; jeder Muskel ihres Körpers war angespannt.
    Die Schattengestalt verharrte reglos. Madouc sog langsam Luft ein. Sie spähte angestrengt in die Dunkelheit, bemüht, ein Gesicht unter dem Hut auszumachen. Sie sah nichts. Die Stelle, an der das Gesicht hätte sein müssen, war leer, als starre sie in ein Loch.
    Madouc sprach mit bebender Stimme: »Wer bist du, dunkler Schatten?«
    Die Gestalt gab keine Antwort.
    Madouc versuchte es aufs neue: »Bist du stumm? Warum willst du nicht sprechen?«
    Der Schatten flüsterte: »Ich bin gekommen, dich von dem Pfosten zu befreien. Vor langer Zeit tat ich schon einmal das gleiche für die eigensinnige Elfe Twisk – zu ihrer großen Zufriedenheit. Dir soll die gleiche Wonne zuteil werden. Entledige dich deiner Kleider, auf daß ich deine Gestalt im Mondlicht begutachten kann.«
    Madouc umklammerte den Kieselstein so fest, daß sie fürchtete, sie könne ihn fallenlassen. Sie sagte mit zitternder Stimme: »Es gilt als fein, daß der Herr sich zuerst entkleidet.«
    »Das ist nicht wichtig«, wisperte die dunkle Gestalt. »Es ist Zeit, zur Tat zu schreiten.«
    Die Kreatur glitt vorwärts und streckte die Hand nach Madoucs Gewand aus, in der Absicht, es ihr vom Leibe zu zerren. Madouc stieß den Kieselstein wider das dunkle Antlitz des Wesens, traf aber

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