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Lyonesse 3 - Madouc

Titel: Lyonesse 3 - Madouc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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schnell die Tage dahinflossen. Was auf Trilda fehlte, waren die heiteren Geräusche von lustiger Geselligkeit, der Klang fröhlicher Stimmen.
    Shimrod richtete sich in seinem Stuhl auf. Die Arbeit mußte getan werden, je früher, desto besser. Er erhob sich, warf einen letzten Blick über die Lally-Wiese und ging in sein Arbeitszimmer.
    Die Tische, einst vollgepackt mit einer Fülle von Gegenständen, waren inzwischen zu einem großen Teil von ihrer Last befreit. Vieles von dem, was übriggeblieben war, war seiner Deutung hartnäckig sich widersetzendes Zeug: obskur, geheimnisvoll oder von seinem Wesen her überkompliziert; vielleicht auch durch einen von Tamurellos unheimlichen magischen Winkelzügen unbegreiflich gemacht.
    Einem der Artikel, die es noch zu erforschen galt, hatte Shimrod den Namen ›Lucanor‹ gegeben, nach dem druidischen Gott des Ursprungs aller Dinge. 13
    Lucanor – das magische Artefakt oder Spielzeug – bestand aus sieben transparenten Scheiben mit einem Durchmesser von einer Handbreite. Sie rollten in unterschiedlichen und wechselnden Geschwindigkeiten entlang dem Rand einer runden Platte aus schwarzem Onyx. Die Scheiben schimmerten in sanften Farben und wiesen gelegentlich pulsierende schwarze Flecken der Leere auf, die scheinbar zufällig auftauchten und wieder verschwanden.
    Für Shimrod waren die Scheiben ein Quell der Verblüffung. Sie bewegten sich allem Anschein nach unabhängig voneinander, so daß es geschehen konnte, daß sie bei ihrer Kreisbahn um den Rand der Platte einander überholten. Mitunter zogen zwei Scheiben selbander ihre Bahn, dergestalt, daß eine auf der anderen haftete, gleich als ob eine unergründliche Anziehungskraft sie für kurze Zeit zusammenhalte – bis sie sich schließlich wieder voneinander lösten und jede einmal mehr ihrem eigenen Kurs folgte. Hin und wieder kam es sogar vor, daß eine dritte Scheibe sich zwei bereits aneinanderhaftenden zugesellte, und für eine Weile rollten sie so selbdritt, und zwar deutlich länger, als wenn lediglich zwei Scheiben beisammen wären. Ein oder zweimal hatte Shimrod sogar die höchst seltene Konstellation beobachten können, daß gar vier Scheiben miteinander verhaftet die Onyxplatte umkreisten, bevor sie sich nach vielleicht zwanzig Sekunden wieder voneinander trennten, um wie zuvor allein ihre Bahn zu ziehen.
    Shimrod hatte das Ding Lucanor auf eine Bank gestellt, wo es von den Strahlen der Nachmittagssonne erreicht wurde und wo es ihn darüber hinaus auf das wirkungsvollste von seiner anderen Arbeit ablenkte. War Lucanor ein Spielzeug oder eine komplexe Kuriosität oder ein Analagon, das irgendeinen umfassenderen Vorgang repräsentierte? Er fragte sich, ob je der Fall eintreten mochte, daß fünf der sieben Scheiben vereint ihre Kreise zogen oder sechs, oder gar alle sieben. Er versuchte, die Wahrscheinlichkeit des Eintretens einer solchen Konkurrenz zu errechnen, jedoch ohne Erfolg. Die Chancen, wenngleich real, waren überaus gering.
    Bisweilen, wenn zwei Scheiben selbander kreisten, fügte es sich, daß ihre schwarzen Flecke – oder Löcher – gleichzeitig auftauchten oder sich gar überlappten. Einmal, als drei Scheiben aufeinanderhafteten, bildeten sich schwarze Flecke auf jeder von ihnen und schoben sich durch irgendeine Laune des Zufalls übereinander. Shimrod spähte mit zusammengekniffenen Augen durch die fluchtenden Löcher, während die Scheiben ihre Bahn zogen; zu seiner Überraschung sah er flackernde Linien von Feuer, einem fernen Gewitter ähnlich.
    Die schwarzen Löcher verschwanden; die Scheiben schieden voneinander und zogen wieder jede für sich ihre Bahn wie zuvor.
    Shimrod betrachtete sinnend Lucanor. Die Vorrichtung diente zweifelsohne einem ernsten Zweck – aber welchem? Er vermochte zu keiner vernünftigen Theorie zu gelangen. Vielleicht sollte er Lucanor einmal Murgen vorführen. Doch das konnte er noch immer tun; vielleicht glückte es ihm ja doch noch, das Rätsel selbst zu lösen. Drei von Tamurellos Büchern galt es noch zu entziffern; vielleicht fand sich ja in dem einen oder anderen Band noch ein Hinweis auf Lucanor.
    Shimrod wandte sich wieder seiner Arbeit zu, doch die sieben kreisenden Scheiben erwiesen sich als eine Quelle ständiger Ablenkung, weshalb er sich schließlich entschloß, Lucanor in den hintersten Winkel seines Arbeitszimmers zu bringen und ihm einen Wach-Sandestin beizugesellen, der die Aufgabe hatte, ihn im Falle einer ungewöhnlichen Koinzidenz umgehend zu

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