Lyonesse 3 - Madouc
offene See.
Vom dautischen Ufer legten zwei Großboote ab, jedes mit einem Dutzend Ruderern bemannt, und nahmen Kurs auf die Fähre. Sie nahmen sie in Schlepp und brachten sie mit Unterstützung der Flut zum Anlegeplatz zurück.
Kapitel Elf
1
Sobald König Casmir nach Burg Haidion zurückgekehrt war, zog er sich in Abgeschiedenheit zurück. Er nahm keine höfischen Pflichten wahr, empfing keine Besucher, gewährte keine Audienzen. Die meiste Zeit über hielt er sich in seinen Privatgemächern auf, wo er in seinem Salon auf und ab schritt und nur dann und wann am Fenster innehielt, um hinaus auf die Stadt und den graublauen Lir dahinter zu schauen. Königin Sollace speiste zwar allabendlich mit ihm, aber Casmir hatte wenig Lust zu reden, so daß Sollace meistens rasch in beleidigtes Schweigen verfiel.
Nach vier Tagen des Brütens zitierte Casmir Sir Baltasar zu sich, einen altvertrauten Ratgeber und Bevollmächtigten. Casmir gab Sir Baltasar detaillierte Anweisungen und sandte ihn auf eine geheime Mission nach Godelia.
Nach der Abreise Sir Baltasars nahm Casmir viele seiner Alltagsgeschäfte und Amtspflichten wieder auf, aber seine Stimmung hatte sich verändert. Er war barsch und einsilbig geworden, schroff und harsch in seinen Befehlen, bitter in seinen Urteilen, und die, die das Unglück hatten, mit ihm aneinanderzugeraten, hatten mehr denn je Grund zum Kummer.
Zu gehöriger Zeit kehrte Sir Baltasar zurück, staubig und abgehärmt vom scharfen Reiten. Er erstattete Casmir unverzüglich Bericht. »Ich erreichte Dun Cruighre ohne Zwischenfall. Die Stadt ist bar jeden Liebreizes; das gleiche gilt für den Königspalast, der so unwirtlich ist, daß man ihn kaum den Pferden als Stall zumuten möchte.
König Dartweg wollte mich nicht sofort empfangen. Zuerst wähnte ich dahinter schiere keltische Halsstarrigkeit, doch später erfuhr ich, daß er gewisse Granden aus Irland zu Gast hatte und alle betrunken waren. Schließlich ließ er sich dazu herab, mich zu empfangen, doch auch dann ließ er mich zunächst unbeachtet am Rande seiner Halle stehen, während er einen Streit schlichtete, der sich um die Begattung einer Kuh drehte. Das Gezänk dauerte über eine Stunde und wurde zweimal von Balgereien unterbrochen. Ich versuchte, dem Rechtsstreit zu folgen, was mir freilich nicht gelang, da er über meinen Verstand ging. Die Kuh war von einem preisgekrönten Bullen besprungen worden, ohne Ermächtigung und unentgeltlich, aufgrund einer Lücke im Zaun; der Besitzer der Kuh verweigerte nicht nur die Entrichtung der Beschälungsgebühr, sondern erheischte darüber hinaus auch noch eine Entschädigung für die rechtswidrige Übervorteilung seiner Kuh durch den liebestollen Bullen. König Dartweg nagte unterdessen an einem Knochen und trank Met aus einem Horn. Er entschied die Sache in einer Weise, die ich immer noch verblüffend finde, die aber gerecht gewesen sein muß, da das Urteil beiden Kontrahenten mißfiel.
Schließlich wurde ich vor den König geführt, der inzwischen völlig trunken war. Er frug mich nach meinem Anliegen; ich sagte ihm, daß ich eine Privataudienz wünschte, auf daß ich die vertrauliche Botschaft übermitteln könne, die mir von Ew. Majestät anvertraut worden sei. Er wedelte mit dem Knochen in der Luft herum und erklärte, er sähe keinen Grund für solchen ›Firlefanz‹; ich müsse frei von der Leber weg sprechen, kühn und beherzt wie ein guter Kelte. Heimlichkeit und verstohlene Schüchternheit seien nutzlos, behauptete er; und Verschwiegenheit sei zwecklos, da jeder mein Anliegen ebensogut kennte wie ich selbst; ja er könne mir sogar seine Antwort geben, ohne auch nur eine Andeutung von meiner Mission zu machen; ob das angemessen sei? Er finde, ja, da es die Angelegenheit beschleunigen würde, wodurch mehr Zeit zum Stülpen des Trinkhorns übrig bliebe.
Ich bewahrte so viel Würde, wie unter den Umständen möglich war, und führte an, daß das Protokoll mich zwinge, eine Privataudienz zu erbitten. Er überreichte mir ein Horn voll Met und wies mich an, es in einem Zug zu leeren, und dies brachte ich zuwege, wodurch ich König Dartwegs Gunst errang und die Möglichkeit, ihm meine Botschaft ins Ohr zu flüstern.
Insgesamt hatte ich drei Unterredungen mit König Dartweg. Bei jedem Mal trachtete er mich mit starkem Met abzufüllen, offenbar in der Hoffnung, ich würde närrisch werden und eine Gigue tanzen oder meine Geheimnisse ausplappern. Selbstredend war der Versuch fruchtlos, und
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