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Lyra: Roman

Lyra: Roman

Titel: Lyra: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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sollte.
    Kurz und knapp, auf den Punkt gebracht.
    »Hey, Sunny, meine Mutter ist eine Sherazade, das heißt, sie kann dich in eine Geschichte, die sie hineinversetzen, und du musst am eigenen Leib erfahren, was da passiert. Klingt verrückt? Ist es auch Dinge, und später dann bedarf es nur einiger Stichworte, um die Magie freizulassen und zu bewirken, An dieser Stelle würde Sunny ihn bereits böse anstarren.
    »Ich weiß, das klingt verrückt, aber weißt du, diese Sache am Telefon war die Vorarbeit. Der hidden track, sozusagen. Diese Schlampe, mit der du mich angeblich gesehen hast, das war nur eine Vision.«
    Na, wie hörte sich dieser letzte Satz an, wenn man ihn laut aussprach? » Die Schlampe, mit der du mich gesehen hast, war nur eine Vision, die du meiner Mutter verdankst.«
    Nein, Danny wusste, dass es keinen Zweck hatte, es Sunny zu sagen. Sunny hatte gesehen, was sie gesehen hatte. Die Lüge, die sie erlebt hatte, war für sie Wirklichkeit. Eine Wirklichkeit, die so stark war, dass man sie nicht allein mit Worten verändern konnte. Danny hatte keine Ahnung, welche Auswirkungen das alles auf ihr ungeborenes Kind hatte. Vielleicht lebte die Lüge in der Kleinen fort. Meine Güte, Sunny war wirklich davon überzeugt, dass sie eine Tochter bekamen - ein kleines Mädchen, er konnte es noch gar nicht ganz fassen.
    Der Kleinen geht es nicht gut. Und mir auch nicht.
    Ihre Stimme hatte so ängstlich geklungen, so panisch und hoffnungslos.
    Wie verrückt das alles war.
    Er starrte nach draußen auf den Weg.
    Im Geäst einer Fichte hockte ein filigranes Wesen mit Flügeln und hielt ein schlagendes Herz in den Klauen.
    When angels eat their heaven 's heart.
    Deswegen hatte der Alte ihn vor dieser Gegend gewarnt. Manche der Geschichten, die Tyler Blake erfunden und in Songs gekleidet hatte, lebten hier draußen in der Wildnis wie Tiere, die aus ihren Käfigen entkommen waren und sich die Freiheit erkämpft hatten.
    Danny hatte es geahnt. Man musste die Geschichten, die man erfand, gut hüten.
    Das Wesen starrte den Pick-up aus roten Augen an.
    Danny dachte an die zahllosen Geschichten, die der Zimmermann in seinem Leben erzählt hatte. Er entsann sich der fast dreißig Alben, die er veröffentlicht hatte.
    Wie viele dieser Geschichten lebten hier draußen in den Wäldern?

dir erzählt hat, . Sie erzählt dir was immer sie
    Bevor er sich die Frage beantworten konnte, sprang das Wesen auf die Motorhaube des Wagens. Danny bremste ab und blickte in die roten Augen, die warm loderten wie das Herz, das die Zähne Stück für Stück zerrissen.
    Eine Stimme, die guttural und schmatzend klang, sagte: »Es schmeckt bitter.« Die kleine Engelskreatur verschlang gierig ein weiteres Stück des pochenden Herzens. »Es schmeckt bitter, weil es mein Herz ist.« Das Wesen starrte ihn an, breitete die Flügel aus und erhob sich in die Lüfte.
    Bevor Danny wusste, wie ihm geschah, hatte die Kreatur sich in Luft aufgelöst, So fuhr er weiter die holprige Straße entlang. Nun, da seine Augen für die wundersamen Dinge geöffnet waren und er wachsam war, sah er die Dinge, die sich im Unterholz herumtrieben. Überall wuselten sie, raschelten. Sie lugten zwischen den Ästen der Bäume hervor und verbargen sich vor dem Wagen und den Blicken neugieriger Wanderer.
    Songs, die verklungen waren.
    Das Werk einer alten, müden Sherazade, die das Interesse an ihren Schöpfungen verloren hatte.
    Danny trat auf die Bremse, wieder mal.
    Die Straße endete an einer Lichtung.
    Hohe Fichten umsäumten eine Wiese, in deren Mitte ein großes Haus stand. Zwei Türme besaß es, mit spitzen Dächern, die wie Hüte aussahen, und große Fenster, die wachsame Augen sein konnten. Es gab eine riesige Scheune, gleich neben dem Haus, und einen hohen Zaun, der das Anwesen umschloss. Ein Chevy stand neben dem Haus, rostig und grün.
    Aus einem Grund, den Danny nicht kannte, musste er an etwas denken, was Sunny in jener Nacht draußen am Red Lake Creek gesagt hatte. Er selbst war fast eingeschlafen gewesen, und ihr Kopf hatte auf seiner Brust geruht.
    »Danny?«
    »Hm?«
    »Die Geschichte von Mike Driscoll«, hatte sie gesagt, »ist dir aufgefallen, dass es hier gar keine Schienen gibt?« Ihr warmer Atem hatte seine Haut berührt, »Der Cr ick ist nahezu fünfzig Meilen von der nächsten Schienenstrecke entfernt.«
    »Das ist gar nicht wichtig«, hatte er gemurmelt. »Die Geschichte hat sich genau so zugetragen.«
    Sie hatte ihn geküsst. »Ich weiß.«
    Irgendwo

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