Mabel Clarence 03 - Schatten ueber Allerby
Mund mit der Serviette ab und stand auf. „Ich sehe schon, mit Ihnen haben wir einen Glücksgriff getan. Das ist ja nicht immer der Fall, und man weiß nie, wer einem von der Agentur ins Haus geschickt wird.“
Mabel senkte schnell den Kopf und tat, als wäre sie mit dem Schneiden einer Scheibe Speck beschäftigt. Sie schämte sich ein bisschen, die freundliche Haushälterin derart hinters Licht zu führen.
„Ich werde mein Bestes tun.“ Mabel hoffte, Angela würde ihre Verlegenheit nicht bemerken.
„Gut, dann gehe ich jetzt“, sagte Angela. „Die Telefonnummer des Arztes sowie alle Notrufnummern finden Sie auf der Anrichte in der Halle, auf der auch das Telefon steht. Im Kühlschrank befindet sich ein Auflauf, den brauchen Sie für sich und Captain Douglas heute Mittag nur noch warm zu machen. Bis zum Abendessen bin ich wieder zurück.“
„Sie haben an alles gedacht.“ Wohlwollend nickte Mabel. Angela Thorn wurde ihr mit jeder Minute sympathischer, auch wenn sie etwas viel redete. Ihre Arbeit schien sie aber gewissenhaft zu erledigen, denn das Frühstück war ausgezeichnet gewesen, und die Küche blitzte vor Sauberkeit.
Als sie allein war, richtete Mabel das Tablett für Lord Douglas. Sein Frühstück war spartanisch – nur eine Tasse Kaffee, ein Glas Orangensaft und zwei Scheiben Toast mit Butter und Marmelade. Einen Augenblick lang musste Mabel sich in dem Haus orientieren, bis ihr einfiel, wo sich die Räume des Captains befanden.
Douglas Carter-Jones war schon wach, als Mabel in sein Zimmer trat. Er lehnte in den Kissen, und Mabel vermutete, dass er die ganze Nacht über nicht geschlafen hatte, denn er hatte dunkle Schatten unter seinen Augen.
„Guten Morgen, Captain“, sagte sie betont fröhlich. „Heute bringe ich Ihnen das Frühstück; Miss Angela hat ihren freien Tag.“
Der Captain kommentierte Mabels Bemerkung nicht, sondern sagte grimmig: „Zuerst muss ich meine Tabletten nehmen. Darüber sind Sie doch sicher informiert?“
Mabels Lächeln blieb unverändert freundlich. „Es tut mir leid gestehen zu müssen, dass mir die Funktion eines Laptops unbekannt ist. Das Alter, Sie wissen schon … Aber ich denke, Sie können mir sagen, welche Medikamente Sie wann einzunehmen haben, nicht wahr?“
Mabel hatte sich entschlossen, die Wahrheit zu sagen, denn alles andere wäre ohnehin entdeckt worden. Wie von ihr erhofft, stieß sie bei Douglas Carter-Jones auf Verständnis, allerdings konnte er sich einer Rüge nicht enthalten.
„Man ist nie zu alt, um etwas zu lernen“, sagte er streng. „Ist es für die Agentur in Ordnung, dass Sie nicht mit Computern umgehen können? Ich dachte immer, in der heutigen Zeit sei das eine Grundvoraussetzung in jedem Beruf.“
Mabel hatte diese Frage erwartet. „In der Regel werde ich zu älteren Patienten geschickt, die mit Computern ebenfalls nichts zu tun haben. Wenn Sie mir jetzt bitte sagen würden, wo sich Ihre Medikamente befinden und welche Sie heute Morgen einnehmen müssen.“
Lord Douglas deutete auf sein Nachtschränkchen. „In der zweiten Schublade. Zuerst geben Sie mir je eine von den roten und den gelben Dragees. Nachdem ich gefrühstückt habe, bekomme ich dann noch eine halbe von den großen weißen Tabletten.“
Mit einem Blick erfasste Mabel die Medikamentenschachteln, die ihr alle bekannt waren. Es waren Schmerz- und Herz-Kreislauf-Mittel und die weiße Tablette ein Antidepressivum. Mabel fragte sich, ob Captain Douglas dieses schon länger oder erst seit dem Tod seiner Frau einnahm. Letzteres wäre verständlich gewesen, auch wenn sie von solchen Tabletten nicht viel hielt, denn man konnte sehr schnell von ihnen abhängig werden.
Captain Douglas in den Rollstuhl zu helfen, bereitete Mabel keine Schwierigkeiten. Der Lord hatte eine gute Oberkörper- und Armmuskulatur und konnte sich fast selbst aus dem Bett in den Stuhl ziehen. Im Bad half Mabel ihm beim Entkleiden, duschen konnte er allein. Mabel war nun wieder voll und ganz die routinierte Krankenschwester, so entstand kein peinlicher Moment. Als Captain Douglas vollständig angekleidet war, sah Mabel ihn fragend an.
„Ich bin noch nicht über Ihren Tagesablauf informiert, Captain. Was machen Sie in der Regel jetzt?“
Bitter zog der Mann die Mundwinkel nach unten. „Bei schönem Wetter gingen Michelle und ich im Park spazieren. Nun ja, sagen wir, sie ging und schob mich Krüppel vor sich her. Doch jetzt …“ Er seufzte und starrte aus dem Fenster. „Ich schaue
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