Mabel Clarence 03 - Schatten ueber Allerby
Fernsehen oder versuche zu lesen, obwohl ich mich nur schwer auf ein Buch konzentrieren kann.“
Mabel warf einen Blick aus dem Fenster. Regen klatschte gegen die Scheiben; ein Spaziergang entfiel also, obwohl sie sich gerne die weitläufige Gartenanlage von Allerby angesehen hätte.
Unschlüssig trat sie von einem Bein auf das andere, da hob Captain Douglas den Kopf und sagte: „Was halten Sie davon, wenn ich Sie in die Geheimnisse eines Computers einführe? Das ist gar nicht so schwer, und es wäre von Vorteil, wenn Sie die Dokumentation in der bisher üblichen Art weiterführen könnten.“
„Das würden Sie machen?“ Mabel war von seinem Angebot überrascht. „Dafür wäre ich Ihnen natürlich sehr dankbar, aber eigentlich bin ich ja hier, um mich um Sie zu kümmern.“
„Papperlapapp!“ Er wischte ihren Einwand mit einer Handbewegung zur Seite. „Ich schätze Sie als normal intelligent ein, außerdem ist kein Mensch zu alt, um noch etwas Neues zu lernen. Und mich würde es für eine Weile von den Gedanken an …“ Er stockte und wischte sich fahrig über die Augen. „Es würde mich eben ablenken.“
Mabel empfand Mitleid mit dem Captain, der krampfhaft versuchte, seine Trauer zu verbergen. In seinen Augen lag ein großer Schmerz, und Mabel fragte sich, wie das Verhältnis der Eheleute zueinander gewesen war. Derart entschlossen hatte sie ihn weder am Tag zuvor noch am Morgen erlebt, und sie spürte, es würde ihm guttun, sich mit etwas Sinnvollem zu beschäftigten. Außerdem schlug sie so zwei Fliegen mit einer Klappe.
„Also gut, wenn Sie es mit mir versuchen wollen“, sagte sie. „Aber ich warne Sie – ich habe nicht die geringste Ahnung, wie man mit einem Computer umgeht.“
Captain Douglas lächelte zum ersten Mal. „Dann holen Sie den Laptop, damit wir anfangen können.“
6. Kapitel
Drei Stunden später schwirrte es in Mabels Kopf wie in einem Bienenstock, und ihre Augen brannten von der ungewohnten Bildschirmarbeit. Stolz trug sie jedoch die heutige Medikamentengabe, Captain Douglas’ Blutdruck- und Pulswerte in das elektronische Krankenblatt ein, speicherte die Datei ab und schloss die Anwendung, um sie gleich wieder aufzurufen und nachzusehen, ob ihre Eintragungen auch noch vorhanden waren.
„Keine Sorge, Miss Mabel, wenn Sie richtig gespeichert haben, geht nichts verloren.“ Der Captain schmunzelte. „Allerdings werden die Daten, die Sie überschrieben haben, gelöscht, daher müssen Sie genau prüfen, welche Einträge Sie speichern möchten.“
„Es ist tatsächlich einfacher, als ich immer geglaubt habe“, gab Mabel zu. „Mit ein wenig Übung werde ich damit bald zurechtkommen.“
Lord Douglas nickte zufrieden. „Als Nächstes werden wir uns mit dem Internet beschäftigen.“
„Aber nicht mehr heute.“ Abwehrend hob Mabel die Hände und lachte. „In meinem Kopf geht jetzt schon alles durcheinander, außerdem ist es Zeit für einen Lunch. Angela hat einen Auflauf vorbereitet, den ich Ihnen aufwärmen werde.“
Das Lächeln verschwand von Lord Douglas’ Lippen, und er senkte die Lider. „Ich habe keinen Appetit.“
Mabel ließ den Einwand nicht gelten und entgegnete energisch: „Der kommt beim Essen, das hat meine Mutter immer gesagt. Sie müssen regelmäßig essen, um bei Kräften zu bleiben.“
Captain Douglas lag die Bemerkung „Wozu?“ auf der Zunge, er presste jedoch nur die Lippen zusammen und drehte den Kopf zur Seite. Mabel aber hatte den feuchten Schimmer in seinen Augen noch gesehen. In diesem Moment erklang die Türglocke.
„Wer kann das sein?“ Lord Douglas runzelte die Stirn. „Ich erwarte keinen Besuch und will auch niemanden sehen.“
„Ich gehe und sehe nach.“
Glücklicherweise hatte Angela ihren freien Tag, und Lady Jane war außer Haus, so konnte Mabel, die seit dem Morgen auf diesen Moment gewartet hatte, in aller Ruhe ihren Plan in die Tat umsetzen. Als sie über die Haupttreppe nach unten ging, klingelte es erneut, dieses Mal länger und nachhaltiger. Mabel öffnete die Tür und sah sich einer kräftigen, untersetzten Frau um die vierzig gegenüber. In der einen Hand trug sie einen Koffer. Sie musterte Mabel mit einem unwilligen Ausdruck.
„Na endlich! Wie lange wollten Sie mich noch im Regen stehen lassen? Außerdem – können Sie die Zufahrt zum Haus nicht ausschildern? Ich habe mich zweimal verfahren, bis ich hierher fand.“
Obwohl Mabel ahnte, wer die Frau war, fragte sie höflich: „Sie
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