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Mabel Clarence 03 - Schatten ueber Allerby

Mabel Clarence 03 - Schatten ueber Allerby

Titel: Mabel Clarence 03 - Schatten ueber Allerby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michele
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sie und stand auf, aber nicht schnell genug, als dass Mabel nicht gesehen hätte, wie sich ihre Augen verdunkelten.
    „Darf ich Sie etwas fragen, Angela?“, sagte Mabel. „Sie brauchen mir aber nicht zu antworten, wenn Ihnen die Frage zu persönlich erscheint.“
    „Fragen Sie ruhig.“ Angela wirkte jetzt wieder unbekümmert, so wie Mabel sie kannte.
    „Wie verkraften Sie es eigentlich, Lady Michelle gefunden zu haben?“, fragte Mabel und ließ Angela nicht aus den Augen. „Ich meine, es muss doch ein großer Schock für Sie gewesen sein.“
    Nichts in Angelas Gesicht regte sich, als sie leise ­antwortete: „Ja, es war furchtbar, und ich sehe das Bild, wie sie in der Badewanne liegt, und das viele Blut noch immer vor mir. Ich erkannte sofort, dass sie tot war, denn ihr starrer Blick schien direkt auf mich gerichtet zu sein.“
    Mabel trat neben Angela und legte ihr einen Arm um die bebenden Schultern. „Um ein solches Trauma zu verarbeiten, könnten Sie psychologische Hilfe in Anspruch nehmen. Es gibt sehr gute Therapeuten …“
    „Auf keinen Fall!“ Mit einem Ruck machte sich Angela aus Mabels Umarmung frei. „Hören Sie bloß mit diesem Quatsch auf! Schon die Polizei sagte, ich solle zu einem solchen Seelenklempner gehen.“
    „Die Polizei?“, hakte Mabel nach und ließ sich nicht anmerken, dass sie über die Vorgänge, die sich nach Michelles Tod in Allerby House abgespielt hatten, genau informiert war. „Ich dachte, Lady Michelle hat sich selbst getötet. Was hat die Polizei damit zu tun?“
    Angela atmete geräuschvoll aus und runzelte die Stirn. „Der Notarzt, der Lady Michelles Tod feststellte, rief die Polizei, obwohl es offensichtlich war, dass sie sich die Pulsadern eigenhändig aufgeschnitten hatte. Die Rasierklinge schwamm ja noch auf der Wasseroberfläche. Dann kam so ein arroganter Inspektor … Barton … Warton ... oder so ähnlich, der Lady Jane und mir tausend Fragen stellte. Auch den Captain nahm er regelrecht in die Mangel, dabei stand dieser so sehr unter Schock, dass der Notarzt ihm eine Beruhigungsspritze geben musste. Dieser Inspektor zeigte aber nicht das geringste Mitgefühl, zweifelte an einem Selbstmord, und wir fühlten uns regelrecht wie Verdächtige. Als ob einer von uns Lady Michelle umgebracht hätte! Es war furchtbar.“
    „Die Polizei muss nur ihre Arbeit tun“, sagte Mabel nachdenklich. Insgeheim leistete sie Warden Abbitte, weil sie daran gezweifelt hatte, ob er den Fall auch ernst genug nahm. Offenbar hatte er dieses Mal alles getan, um die Todesursache zu ermitteln, und nicht leichtfertig ein Urteil gefällt.
    „Es ist Zeit, Captain Douglas zu wecken und das Frühstück nach oben zu bringen“, wechselte Angela abrupt das Thema.
    Mabel wollte im Moment nicht weiter in sie dringen oder sie gar dazu überreden, das schreckliche Erlebnis mithilfe eines Therapeuten zu verarbeiten. Obwohl Mabel während ihrer Berufstätigkeit häufig Tote gesehen hatte – manche waren sogar in ihren Armen gestorben –, standen ihr die Bilder der zwei Leichen, die sie im letzten Jahr gefunden hatte, immer noch deutlich vor Augen. Es war ein Unterschied, ob ein Mensch alt oder schwer krank war, wenn er starb, oder man jemanden fand, der ermordet worden war. Mabel war psychisch stabil genug, die Erinnerungen nicht die Oberhand gewinnen zu lassen. Bei Angela war sie sich dagegen nicht so sicher, ob das Erlebte nicht ­Spuren hinter­lassen hatte, obwohl die junge Frau einen sehr ­starken und belastbaren Eindruck machte. Sie wünschte sich, ihr ­helfen zu können. Nun hatte sie schon zwei Menschen auf Allerby, um die sie sich kümmern musste.

    Ab diesem Tag kam Captain Douglas wieder in das kleine, direkt neben der Halle liegende Speisezimmer herunter, um zusammen mit seiner Schwester den Lunch einzunehmen. Es war sein Wunsch, dass Mabel mit ihnen aß, obwohl Jane Carter-Jones alles andere als begeistert davon war. In ihren Augen war Mabel nur eine bezahlte Angestellte, die am Tisch der Familie nichts zu suchen hatte. Lady Jane hielt viel auf alte Traditionen, obwohl diese längst überholt waren. Während des Essens richtete sie daher kein Wort an Mabel, und auch sonst verlief die Mahlzeit schweigsam. Als die Türglocke erklang, zog Lady Jane zwar erstaunt die Augenbrauen hoch, machte aber keine Anstalten, die Tür zu öffnen. Das war die Aufgabe von Angela, die nur wenig später das Speisezimmer betrat.
    „Lady Jane, Captain … Da ist ein Mann, der meint, er käme wegen des

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