Mabel Clarence 03 - Schatten ueber Allerby
lahmenden Pferdes“, sagte sie und sah Lady Jane fragend an.
„Welches Pferd?“ Jane Carter-Jones runzelte die Stirn. „Ich wüsste nicht, dass eines der Tiere lahmt oder sonst irgendwie krank ist.“ Sie sah zu ihrem Bruder. „Douglas, hast du jemanden gerufen?“
„Wohl kaum“, erwiderte Lord Douglas bitter. „Ich war seit Jahren nicht mehr bei den Stallungen, denn reiten kann ich ja wohl schlecht, oder?“
„Als ich letzte Woche ausritt, erfreuten sich alle Tiere bester Gesundheit.“ Nachdenklich biss Lady Jane sich auf die Unterlippe und stand auf. „Nun, vielleicht war es Mr Grant oder sein Sohn Billy. Besonders der Junge kümmert sich ja rührend um die Pferde. Sie hätten mich aber informieren müssen, wenn ein Tier krank ist. Ich spreche mit dem Mann, vielleicht wollte er zur Trewong Farm und hat die falsche Abzweigung genommen.“
Sie legte die Serviette zur Seite und folgte Angela in die Halle. Da die Zimmertür nur angelehnt war, konnten Mabel und Lord Douglas das Gespräch mitverfolgen.
„Glauben Sie mir, ich irre mich nicht“, sagte der Mann und Mabel glaubte, sich verhört zu haben, denn die Stimme kannte sie ausgesprochen gut.
„Dann hat sich jemand einen Scherz erlaubt“, entgegnete Lady Jane, und ihre Worte wurden von einem Seufzer begleitet. „Sie sind also Tierarzt? Nun gut, wenn Sie schon mal hier sind, dann können Sie tatsächlich nach den Tieren sehen. Man weiß ja nie, immerhin war schon seit längerer Zeit kein Tierarzt mehr da. Angela, würden Sie Mister … Wie war doch gleich Ihr Name?“
Mabel hätte diese Bestätigung nicht gebraucht, aber ihr Herz hüpfte vor Freude, als sie die Antwort hörte: „Daniels, Victor Daniels.“ Im selben Moment gefror ihr Lächeln, denn Jane Carter-Jones bemerkte sofort die Namensgleichheit.
„Daniels?“, fragte sie verwundert. „Sind Sie ein Verwandter von Miss Daniels?“
„Eine Miss Daniels kenne ich nicht“, gab Victor gewohnt brummig zurück. „Wer soll denn das sein?“
„Die Dame, die sich um Lord Douglas, den Eigentümer von Allerby House, kümmert.“ Zum ersten Mal sprach Angela. „Ihr Name ist Mabel Daniels.“
„Mabel Daniels?“, wiederholte Victor, und Mabel hörte, wie er jede einzelne Silbe betonte. „Den Namen habe ich nie zuvor gehört.“
Mabel wandte sich an Lord Douglas: „Wenn Sie mich einen Moment entschuldigen würden.“
Der Captain winkte ab, offenbar interessierten ihn weder der fremde Besucher noch die Pferde.
Mabel trat in die Halle. Da Lady Jane und Angela ihr den Rücken zuwandten, zwinkerte sie Victor verschwörerisch zu, dann sagte sie laut: „Ich habe Ihr Gespräch mit angehört, Lady Jane. Verzeihen Sie bitte, aber Daniels ist ein sehr geläufiger Name.“
„Ist ja auch egal“, erwiderte Jane Carter-Jones und wandte sich an Angela: „Führen Sie Mr Daniels bitte zu den Ställen, ich möchte meinen Bruder nicht so lange allein lassen.“
„Oh, Lady Jane, in wenigen Minuten kommt doch der Heizungsmonteur.“ Angela hob bedauernd die Hände. „Ich sagte Ihnen heute Morgen, dass ein Modul ausgetauscht werden muss.“
„Ich kann Mr Daniels alles zeigen“, rief Mabel. „Das heißt, wenn Sie erlauben, Lady Jane. Ein Spaziergang führte mich bereits zu den Stallungen, ich kenne also den Weg.“
Nachdenklich schweifte Lady Janes Blick von Angela zu Mabel. „Also gut, gehen Sie. Ich bringe meinen Bruder nach oben, damit er ruhen kann. Und Sie“, sie deutete mit dem Finger auf Victor, „erstatten mir nachher ausführlich Bericht. Aber versuchen Sie nicht, mich übers Ohr zu hauen und zu behaupten, ein Tier wäre krank, wenn dem nicht so ist, verstanden?“
„Selbstverständlich“, antwortete Victor, und nur Mabel sah das spöttische Funkeln in seinen Augen. „Niemals würde ich es wagen, Sie zu betrügen.“
Mabel unterdrückte ein Schmunzeln, nahm ihren Mantel, der an der Garderobe in der Halle hing, und folgte Victor nach draußen. Erst, als sie vom Haus so weit entfernt waren, dass Mabel sicher war, von niemandem belauscht zu werden, konnte sie nicht mehr an sich halten.
„Victor! Ich bin so froh, dass Sie gekommen sind. Dann sind Sie mir nicht mehr gram und haben meine Nachricht erhalten?“
„Wollte lediglich feststellen, ob die Mail tatsächlich von Ihnen kam. Konnte das nämlich nicht glauben.“
Mabel nickte. „Ja, auch ich bin lernfähig. Captain Douglas hat mir die ersten Schritte erklärt, und wir üben fast jeden Tag. Inzwischen komme ich mit den
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