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Mabel Clarence 03 - Schatten ueber Allerby

Mabel Clarence 03 - Schatten ueber Allerby

Titel: Mabel Clarence 03 - Schatten ueber Allerby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michele
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die mit Impotenz einhergingen. Was, wenn Michelle sich körperliche Liebe woanders geholt hatte? Für Mabel käme das zwar nie in Frage, sie hatte aber schon öfter gehört, dass auch Frauen Liebe und Sex voneinander trennen konnten. Wenn ihre Überlegungen nicht bar jeglicher Realität waren, dann musste der Mann in Michelle aber mehr gesehen haben als nur eine flüchtige Affäre. Vor allen Dingen interessierte Mabel aber: Hatte Lord Douglas davon gewusst und es vielleicht sogar toleriert, um seine Frau nicht zu ver­lieren? Oder war er hinter die Affäre gekommen und hatte Michelle aus Eifersucht ermordet?
    „Jetzt geht deine Fantasie aber mit dir durch“, rief Mabel sich laut zur Ordnung. Für diese Annahme gab es nicht den geringsten Beweis.
    Mabel brummte der Kopf. Draußen graute schon der Morgen, und da sie ohnehin nicht mehr schlafen konnte, stand sie auf und trat ans Fenster. Ihr Zimmer war nach Osten ausgerichtet. Ein heller Sonnenstrahl tauchte den Rosengarten und die dahinterliegende Wiese in ein ­diffuses Zwielicht. Mabel wollte sich gerade abwenden, um ins Bad zu gehen, als sie sah, wie jemand aus dem Wald trat und über die Wiese auf das Haus zukam. Sie kniff die Augen zusammen, aber erst, als die Person den Rosen­garten erreicht hatte, erkannte Mabel Angela Thorn. In der Armbeuge trug die junge Frau einen geflochtenen ­Weidenkorb, der aber nicht schwer zu wiegen schien. Wo kam die Haushälterin morgens um halb sechs her? ­Einkäufe hatte sie bestimmt keine gemacht, zumal Mabel wusste, dass der Wald sich bis zum Fluss Fowey zog und das Dorf Golant gute drei Meilen in südlicher Richtung entfernt lag. Außerdem war es ausgeschlossen, dass um diese Uhrzeit irgendein Geschäft geöffnet hatte, und der nächste große Supermarkt, der den Kunden vierund­zwanzig Stunden am Tag zur Verfügung stand, befand sich bei St. Austell.
    „Vielleicht hat Angela auf einer Farm frische Eier geholt“, sagte Mabel laut, war mit dieser Erklärung aber alles andere als zufrieden.

    Das Frühstück gemeinsam mit Angela einzunehmen, bevor Mabel Captain Douglas weckte, war zu einer angenehmen Gewohnheit geworden. An diesem Morgen ließ Mabel Angela nicht aus den Augen. Die Wirtschafterin wirkte frisch und ausgeruht, keinesfalls so, als hätte sie die Nacht nicht in ihrem Bett verbracht.
    Wahrscheinlich hat sie einen Freund, dachte Mabel, was durchaus verständlich wäre. Angela war hübsch und ­sympathisch, und Mabel konnte sich gut vorstellen, dass die strenge Jane Carter-Jones in Allerby House keine ­Männerbesuche duldete. Ja, das war die wahrscheinlichste Erklärung für Angelas morgendlichen Spaziergang. Sie traf sich heimlich mit einem Mann, verbrachte vielleicht sogar die Nacht bei ihm, und schlich sich gegen Morgen wieder ins Haus zurück. Nur der leere Korb, den sie bei sich getragen hatte, passte nicht ganz in das Bild.
    „Haben Sie schlecht geschlafen?“ Angela riss Mabel aus ihren Gedanken. „Verzeihen Sie, Miss Mabel, aber Sie sehen müde aus. Ich hoffe, Ihnen fehlt nichts.“
    „Mir geht es gut, danke“, antwortete Mabel schnell. „Tatsächlich fand ich in der letzten Nacht wenig Schlaf, was aber in meinem Alter durchaus vorkommt.“
    „Aber Sie sind doch noch nicht alt“, rief Angela spontan, griff nach der Teekanne und schenkte Mabel eine zweite Tasse ein. „Trinken Sie, der Tee wird Sie munter machen. Soll ich Ihnen noch ein Ei braten?“
    „Danke, aber ich bin satt.“ Mabel tat die offensicht­liche Sorge der jungen Haushälterin gut. Obwohl sie nie ­Kinder gehabt hatte, empfand sie so etwas wie mütterliche Gefühle für Angela. So wie sie hätte ihre eigene Tochter sein sollen …
    „Ist etwas?“ Angela legte eine Hand auf Mabels Arm. „Irgendwie sind Sie heute anders als sonst, und eben sahen Sie mich an, als hätte ich grüne Punkte im Gesicht.“
    „Ach, ich dachte nur gerade daran, dass nicht viele junge Leute so sind wie Sie“, sagte Mabel. „Und da heißt es, die Jugend von heute würde nichts mehr taugen. Ich bewundere Sie, Angela.“
    „Bewundern? Mich?“ Angela lachte hell. „Dazu gibt es keinen Grund.“
    „Stellen Sie Ihr Licht nicht unter den Scheffel. Sie führen ein großes Haus wie Allerby, was bestimmt keine ­einfache Aufgabe ist, und kümmern sich nebenbei noch um Ihre Familie. Dabei sollte man meinen, eine junge Frau wie Sie möchte ausgehen, tanzen, ins Kino, sich mit Freunden ­treffen …“
    „Ich bin so, wie es ist, zufrieden“, unterbrach Angela

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