Macabros 009: Blutregen
gehörten
zusammen.
Nicht durch den Mord an dem Vater war das Haus zu einem
Geisterhaus geworden.
Das, was Gladis Corkshere getan hatte, was ihren Geist zwang,
ruhelos zwischen Diesseits und Jenseits zu wandern, war nur die
unmittelbare Folge dessen, was an Haß und Grauen in dem alten
Haus schlummerte.
Und Camilla Davies war mit ihrem tiefschürfenden Geist auf
das Geheimnis gestoßen.
Aber kein Außenstehender durfte davon wissen.
Auch das begriff sie.
War dies die Strafe? War auch sie zu einem Geist geworden?
Nein, es konnte nicht sein.
Sie hatte einen Körper, sie konnte diesen Körper
fühlen, ihn betasten.
Aber man nahm sie nicht wahr.
Das konnte nur mit einem transdimensionalen Übergang zu
erklären sein.
Sie war aus der realen Welt geschleudert worden, war in der
vierten Dimension angekommen. Das war die Erklärung dafür,
weshalb die anderen, die in der dritten Dimension lebten, sie nicht
wahrnehmen konnten.
Für sie existierte Camilla Davies einfach nicht.
Sie zuckte zusammen, als sie das ferne Pfeifen des Windes
hörte.
Wo kam mit einem Male der Wind her?
Vom Meer.
Sie wußte, was jetzt kam.
Sie wußte auch, weshalb sie in die unsichtbare Dimension
geschleudert worden war, als das unselige Geistwesen aus der
Vergangenheit durch die Kraft des Mediums erkannt wurde. Damit waren
auch Geheimnisse aus einer unseligen Vergangenheit der Erde in ihr
Bewußtsein eingedrungen, von denen sie niemals erfahren
durfte.
Angst und Schrecken erfüllten Camilla. Es war das gleiche
Grauen, das sie kurz vor dem Zusammenbruch der Seance empfunden
hatte, in der mehr zustandegekommen war als der Kontakt mit einer
Toten aus dem 17. Jahrhundert, deren Geist keine Ruhe fand.
Camilla Davies lief davon.
Der Wind verstärkte sich, am Himmel ballten sich dunkle
Wolken. Sie kamen schnell näher.
Es fing an zu tröpfeln. Regen?
Ja. Aber ein Regen, den die Menschen in der realen Welt nicht
wahrnehmen würden.
Jetzt kündigten sich die anderen an.
Erschreckt warf sie einen Blick auf ihre Hand, auf dem sich
feuchte Flecken zeigten.
Blutstropfen perlten von ihrer Hand auf den Boden und wurden von
der trockenen Erde Thailands aufgenommen.
*
»Was wollen Sie hier?« Christopher Baring verstand die
Ankunft des Fremden nicht.
»Ich habe das Licht von draußen gesehen. Es hat mich
angelockt«, erklärte Hellmark. Er trat einen Schritt
näher.
»Das ist noch lange kein Grund, in das Haus zu kommen«,
sagte Baring. Der Mann war ihm nicht unsympathisch, aber in der
gereizten Stimmung, in der er sich befand, war er unfähig,
oberflächlich höflich zu sein.
»Ich werde es Ihnen erklären«, sagte Björn
ruhig. »Ich konnte nicht voraussehen, daß heute abend hier
etwas Besonderes stattfindet. Als ich in London eintraf, hatte ich
nur eines im Sinn: einen Blick in ›Cork’s House‹ zu
werfen.«
»Deshalb sind Sie nach London gekommen?« Barings Augen
wurden groß. »Sie sind doch Deutscher, nicht
wahr?«
Björn nickte. Er sprach zwar ein ausgezeichnetes Englisch,
aber einen gewissen Akzent konnte er doch nicht verleugnen. »Ja,
deshalb bin ich nach London gekommen.«
»Woher wissen Sie von ’Cork’s
House’?«
»Ich habe mich mit okkulten Phänomenen und Forschungen
befaßt. In geheimen Schriften kann man Hinweise darauf finden,
wenn man aufmerksam liest.«
Baring war ganz Ohr. Er sah das Auftauchen Hellmarks
plötzlich in einem ganz anderen Licht. Hier war ein verwandter
Geist.
Hellmark sagte nicht die volle Wahrheit über den Grund seines
Auftauchens. Es hätte zu weit geführt, den Anwesenden zu
erklären, daß nicht eine interessante Textstelle ihn auf
»Cork’s House« aufmerksam gemacht hatte sondern sein
geistiger Kontakt mit Al Nafuur, dem Geheimnisvollen aus dem Lande
Xantilon, einer Insel, die in grauer Vorzeit auf der Erde existierte,
und auf der der Kampf zwischen Priestern der weißen und
schwarzen Magie zum erstenmal ausgetragen worden war. Al Nafuur war
eine Art Geistführer. Auf telepathischem Wege konnte sich der
Unsterbliche manchmal melden und wichtige Hinweise geben, die
für Hellmarks Mission entscheidende Bedeutung haben konnten.
Björn Hellmark lebte in einem Luxusbungalow am Genfer See.
Als erfolgreicher Geschäftsmann und Millionär genoß
er hohes Ansehen.
Aber er war mehr als das. Er war der »Sohn des Toten
Gottes«. In seinen Adern floß das Blut einer Rasse, die
vor tausenden von Jahren auf der Insel Xantilon gelebt hatte, bis die
Insel im Weltmeer versank. Die Rasse
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