Macabros 009: Blutregen
beseitigen.
Die Stimme füllte den Raum. Baring war ganz Ohr, so daß
er nicht merkte, daß sachte die Tür geöffnet wurde.
Ein Mann tauchte hinter ihm auf.
Ernie Garet.
Die Haustür war nicht abgeschlossen gewesen.
Noch immer hatte Baring nicht gemerkt, daß jemand im Raum
stand. Und Garet sah keinen Grund dafür, sich erst zu
räuspern und auf sich aufmerksam zu machen. Es wäre einfach
gewesen, für seinen unerwarteten Besuch eine Erklärung zu
finden. Baring hätte ihm geglaubt. Warum sollte er ihm auch
mißtrauen? Aber etwas, was man umgehen konnte, war noch
einfacher.
Mit einem schnellen Schritt stand Garet hinter dem
Lauschenden.
Garet holte den massiven Kerzenständer unter seinem Jackett
hervor.
Er riß ihn hoch.
Es gab einen Schlag.
Aber der traf nicht den Kopf Christopher Barings.
Auf halbem Wege flog Garets Arm zurück. Die Hand, die den
Kerzenständer hielt, sauste in sein Gesicht. Der schwere
bronzene Ständer krachte gegen seine Stirn. Die eine Augenbraue
platzte auf. Garet taumelte wie von einer Riesenfaust getroffen
zurück.
Aber es war keine Riesenfaust, die ihn erwischt hatte. Es war die
Faust eines Mannes, der wie aus dem Boden gewachsen neben Christopher
Baring stand und den tödlichen Schlag abblockte.
Garet fiel schreiend gegen die Wand. Das Blut aus der Platzwunde
lief über das eine Auge und verklebte es.
Der mörderische Journalist starrte auf den Mann, der ihn
daran gehindert hatte, den nächsten Schritt zu vollziehen.
Es war niemand anderes als – Björn Hellmark.
*
Aber der konnte doch nicht hier sein!
»Wie kommen Sie… ich habe Sie doch selbst in den Schacht
geworfen, und…« Garet wurde nicht bewußt, was er in
der ersten Überraschung alles plapperte.
Christopher Baring sprang wie von einer Tarantel gestochen von
seinem Stuhl auf. Weit riß er die Augen auf. Daß er
plötzlich nicht mehr allein in seinem Arbeitszimmer war, traf
ihn wie ein Schlag.
Björn schien die Gedanken des Parapsychologen zu erraten.
»Ich bin Ihnen eine kleine Erklärung schuldig. Ihr sauberer
Freund wollte Ihnen einen Schlag auf den Kopf versetzen. Das ist ihm
bei Berry Tuth gelungen. Er ist tot.«
»Berry tot?« Baring konnte nicht glauben, was er da
hörte, was er sah.
Ernie Garet versuchte sich aufzurappeln. Er war zu benommen, um es
zu schaffen. Mit zitternden Fingern wischte er das Blut von seiner
Augenbraue.
»Aber warum – wieso?« Baring starrte von einem zum
anderen.
»Ich glaube, er weiß eine ganze Menge«, schaltete
Björn sich wieder ein. Er erklärte, daß er seit
wenigen Minuten ahne, was eigentlich bei der Seance passiert war.
»Camilla Davies stieß mit ihrem Bewußtsein
unerwartet tief in die Vergangenheit von ’Cork’s
House’ vor. Sie erhielt für Bruchteile von Sekunden Kontakt
zu einem Wesen, dessen Geist mit dem Haus eng verbunden war. Camilla
Davies durchbrach die geistige Schranke, eine Art geistiges
Gefängnis, in das ein hoher Urse gesperrt worden war. Der Bann
fiel. Das Unsichtbare, das in den Mauern von ’Cork’s
House’ seit undenklichen Zeiten lauerte, das Menschen in Angst
und Schrecken versetzte, wurde befreit. Zwei Geister begegneten sich.
Camilla Davies muß die Gefahr noch gefühlt haben. Das
Medium wollte sich noch zurückziehen, aber das schaffte es nicht
mehr. Camilla Davies riß die Hürden nieder, die den
gefangenen Ursengeist bisher in seine Grenzen gewiesen hatte. Zwei
Dinge passierten gleichzeitig beim plötzlichen Zusammenbruch des
Mediums: der Ursengeist versuchte offensichtlich von Camilla
Davies’ Geist Besitz zu ergreifen. Das Medium konnte sich ihm
entziehen. Aber es kam zu einem Kräfteschock, den wir uns nicht
vorstellen können. Wenn sich eine Dimension mit der anderen
mischt und ein Übergang erfolgt, dann werden Kräfte frei,
die eine Atombombe nicht freisetzen kann. Der Ursengeist schleuderte
Camilla Davies offensichtlich in eine andere, uns nicht sichtbare
Daseinsebene, während er selbst einen anderen Geist, einen
anderen Körper übernahm: Ernie Garet.«
Baring schluckte. Man sah ihm an, daß er Hellmark kein Wort
glaubte. Das war die ungeheuerlichste und phantastischste Geschichte,
die er jemals gehört hatte.
»Endron schreibt auch darüber. Er behauptet, daß
in ferner Zeit, lange bevor es die Völker gab, die heute
existieren, jemanden gegeben hat, der von den Ursen wußte, von
den Blutopfern, die sie verlangten. Einer muß die Kraft und die
Macht besessen haben, den unheimlichen Geist zu
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