Macabros 013: Mandragora - Herrin der Angst
war noch vor der Mittagspause zu einem Gespräch
bei Kommissar Anton Merlin angemeldet. Hellmark hatte telefonisch
darauf hingewiesen, daß er unter Umständen etwas zur
Aufklärung des mysteriösen Falles beitragen könne.
Merlin zeigte sich an der Begegnung mit dem jungen Deutschen
interessiert. Björn rief im Polizeirevier an und teilte seine
Ankunft nach der Mittagspause mit.
Er selbst nahm im Flughafenrestaurant eine Kleinigkeit zu sich,
flirtete dabei mit zwei attraktiven Französinnen und mußte
dafür eine harte Kritik seines unsichtbaren Freundes
einstecken.
»Wenn das Carminia sehen könnte«, meldete sich die
vertraute, angenehme Stimme in seinem Bewußtsein.
»Al Nafuur!« dachte Hellmark. Er war gewöhnt,
daß es unverhofft zu Kontakten mit dem Unsichtbaren kam, der
einst einen hohen Rang in der Kaste der Weißen Priester
einnahm, die vor vielen tausend Jahren auf der Insel Xantilon
herrschte. Al Nafuur war ein Unsterblicher. Sein Geist schwebte in
einem Reich zwischen Diesseits und Jenseits.
»Wenn Sie das sehen könnte, Sie würde dir den Kopf
abreißen, mein Lieber«, bekam Björn zu hören.
»Kaum außer Sichtweite, schon kann er es nicht lassen,
jedem Weiberrock nachzugucken.«
»Das verstehst du nicht, Al. Außerdem ist das Wort
jedem hier fehl am Platze. Es kommt ganz auf die Beine an, die
darunter stecken. Davon aber hat ein Geist nichts mehr. Du sollst im
übrigen nicht den Anstandswauwau spielen, sondern mich vor
bösen Geistern und Dämonen warnen. Mein privates
Liebesleben ist ganz allein meine Sache. Du kannst einen ganz
schön erschrecken, wenn du so plötzlich in mein
Bewußtsein hineintrompetest. Da redet man ganz harmlos mit zwei
ausgesprochen hübschen Mädchen – und prompt bist du
da. Ist es sehr wichtig? Wenn ja, dann sag’s schnell, damit die
beiden Hübschen nicht denken, ich hätte den Faden verloren
oder wisse nicht mehr, was ich noch sagen könnte. Dabei
hab’ ich noch ’ne Menge auf dem Herzen.«
»Du möchtest gern wissen, wo sie wohnen, nicht
wahr?«
»Du weißt…«
»Ich war eine halbe Minute früher da, bevor du mich
bemerkt hast. Du denkst: Irgendwann komm’ ich mal wieder nach
Paris. Da braucht man doch jemanden, der einem die Stadt
zeigt.«
Genau das hatte er gedacht.
»Aber es gibt auch Fremdenführer, mein Lieber.«
»Die sind halb so hübsch, Al. Sieh dir mal die rechts
von mir an. Dieses Gesicht. Was für schöne Augen sie hat.
Die Frisur. Dichtes, dunkles Haar. Und diese Figur, Al! Die
Zähne sind klein und weiß wie bei einer Puppe. Wenn sie
lächelt, wird einen warm ums Herz. Wenn da ein Mann widerstehen
kann!«
»Weibergeschichten! Hast du nichts anderes im Kopf?«
»Im Moment nicht. Mit solchen Französinnen kommt man
nicht jeden Tag zusammen. Die rechts heißt Nicole. Die links
hat sich mir mit Brigitte vorgestellt. Und sie hat eine gewisse
Ähnlichkeit mit Brigitte Bardot, findest du nicht
auch?«
»Ihre Ohren sind zu groß«, sagte Al Nafuurs Stimme
hart. »Das Schönheitsideal ist doch so, mein Lieber: ein
edles Antlitz muß aus drei gleichen Teilen bestehen. Das
wußten schon die großen Bildhauer im alten
Griechenland.«
»Das Schönheitsideal ändert sich in jeder Zeit. Wie
sind denn die Frauen bei euch?«
»Wir haben keine Körper.«
»Dann ist dein Zustand gar nicht so erstrebenswert, alter
Hausgeist. Sex wird bei euch klein geschrieben?«
»Existiert überhaupt nicht. Über diese Dinge sind
wir hinweg. Hier gibt es zwar auch Frauen, aber von Sex keine Spur.
Man kann am ehesten von einer perfekten Freundschaft auf hoher
geistiger Ebene reden, wie sie, solange, Geist und Körper noch
eine Einheit bilden, wohl nie erreicht werden kann.«
»Dann hoffe ich nur, daß ich noch lange was von meinem
Körper habe. So rein geistig mag ich’s noch
nicht.«
»Du weißt nicht, was du noch vor dir hast, wenn es dir
wirklich vergönnt sein sollte, jene Ebene zu erreichen. Nur
wenige landen hier. Du bist dazu auserwählt, aber wie dein
Lebensweg enden wird, das steht noch in den Sternen.«
»Nun mach’s nicht traurig, Al. Was ist nur los mit dir
heute? Hast du nichts mit deinen geistigen Freundinnen zu tun und
weißt du nichts mit deiner Zeit anzufangen?«
»Zeit existiert nicht für einen Unsterblichen. Es geht
um Mandragora. Deine Idee, den Kommissar zu sprechen, ist nicht
schlecht. Nur: Ich fürchte, es kommt nicht viel dabei
heraus.«
»Wenn du etwas weißt, gib mir einen Tip. Ich
kann’s gebrauchen.«
»Du solltest dich vielleicht
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