Macabros 013: Mandragora - Herrin der Angst
sein junger, rosig aussehender Kollege.
Krenzlin rannte an der Spitze der Gruppe und erreichte als erster
den Hofausgang.
Er wunderte sich über den weiten Vorsprung, den der Fliehende
inzwischen errungen hatte.
Der Mann, von dem sie glaubten, daß er in Pallers Labor
eingedrungen sei, um sich Chemikalien zu verschaffen, war erstaunlich
flink auf den Beinen.
Unmittelbar nach dem Eckhaus, in dem Wohnung und Apotheke Pallers
untergebracht waren, bog eine Seitenstraße rechts ab.
Dorthin hatte der Fliehende sich gewandt.
Krenzlin sah die schlanke Gestalt, die ihm gut zweihundert Meter
voraus war.
Einzelne Passanten befanden sich auf der Straße, beguckten
Schaufenster, machten Spaziergänge. Erst als sie die vier
Polizisten mit klappernden Absätzen die Straße
entlangrennen sahen, bekamen die meisten mit, daß hier etwas
vorging.
Dann sah es so aus, als ob dem Fliehenden die Puste ausginge und
er etwas langsamer machen mußte.
Krenzlin kam näher. Der Bursche würde ihnen nicht
entkommen. Der war doch so vollgepumpt mit Rauschgift, daß er
offenbar überhaupt nicht wußte, was er alles tat.
Zwanzig, dreißig Meter schob Krenzlin sich näher heran,
wieder rund zwanzig Meter hinter ihm folgten dicht gestaffelt seine
drei Begleiter.
Der Fliehende überquerte vorn eine Einbahnstraße.
Zwischen parkenden Autos schlängelte er sich durch. Sein Ziel
war offensichtlich die kleine Anlage, die düster dahinter
lag.
Krenzlin grinste. »Na, warte«, murmelte er. »Du
kennst dich scheinbar nicht aus. Die Anlage ist auf der anderen Seite
durch einen Bretterverschlag verrammelt.«
Da befand sich eine Großbaustelle, wo ein neues
Bürohochhaus errichtet wurde.
Jetzt hatten sie ihn in der Falle. Er konnte nicht mehr
umkehren.
Krenzlin schwitzte am ganzen Körper. Seine Kleidung klebte
auf der Haut.
Er merkte, daß auch seine Kondition nachließ, aber er
gab nicht auf.
Deutlich sah er noch den Mann zwischen den Bäumen der Anlage
verschwinden.
Weder Krenzlin noch seine Kollegen warfen einen Blick zurück.
Sie sahen keinen Grund dafür. Ihre Aufmerksamkeit galt den
Dingen, die sich vor ihnen abspielten.
Aber ein Blick zurück hätte ihnen etwas gezeigt, was sie
nicht für möglich halten würden.
Nur wenige Schritte von der Hof-Apotheke an der Straßenecke
entfernt, trat ein Mann aus dem Schatten einer Hauswand.
Es war der Mann, dem sie auf der Spur waren: Björn
Hellmark.
Ein verschmitztes Lächeln spielte um die gutgeschnittene
Mundpartie.
Nur eine Armlänge von ihm entfernt stand ein älteres
Paar, das gespannt den rennenden Polizisten nachblickte.
»Scheint ’ne größere Sache zu sein,
Emmi«, meinte er.
»Sieht grad so aus, als wären sie hinter ’nem
Bankräuber her, Manne«, entgegnete Emmi, zwei Zentner
schwer und einen Kopf größer als die männliche
Ehehälfte.
»Warum rennen die denn so?« schaltete Björn sich in
das Gespräch ein, als stieße er im Moment dazu und wisse
von nichts. Alle Passanten waren stehengeblieben und verfolgten die
Polizeiaktion.
Manne und Emmi blickten ihn gleichzeitig an. Emmi sprach ihre
Vermutungen aus.
»Oder irgend so ein Strolch, den sie vielleicht erwischt
haben, als er einen Wagen knacken wollte«, ergänzte Manne
mit einer neuen Idee.
»Hm, möglich. Ob sie ihn kriegen?«
»Der entkommt ihnen nicht mehr. Da vorn ist die
Straßenfront mit ’nem Bretterzaun versperrt. Baustelle. Er
ist genau darauf zugelaufen.«
»Es wäre zu wünschen, daß sie ihn
kriegen«, fügte Emmi den Worten ihres Gatten hinzu.
»Hier in Frankfurt ist der zeit der Teufel los. Die Kerle machen
doch, was sie wollen.«
»Vielleicht ist das Ganze nur eine Übung«, meinte
Björn, »und es kommt überhaupt nichts dabei
heraus.«
Damit ging er die Straße hinunter, bewegte sich genau in
entgegengesetzter Richtung von der Polizei.
Hellmark behielt recht. Es kam nichts dabei heraus. Krenzlin und
seine Kollegen suchten die Anlage ab und formierten sich so,
daß der Fliehende unmöglich an den Seiten ausbrechen
konnte.
Aber in dem kleinen Park vor dem Bretterverschlag fanden sie
einfach keinen Menschen mehr.
Hellmark hatte seinen Doppelkörper aufgelöst, dem sie
nachjagten, und die Person, die für sie so bedeutungsvoll war,
konnte man nirgends mehr entdecken.
Sie lief einige hundert Meter entfernt auf der anderen
Straße und betrat die nächste Telefonzelle.
*
Er suchte die Nummer von Ferdinand Paller aus dem Telefonbuch und
wählte.
Nach dem dritten Rufzeichen meldete sich
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