Macabros 013: Mandragora - Herrin der Angst
Umwelt haben sollte.
Mandragora ging durch den bogenartigen Durchlaß. Ein
anheimelndes, gedämpftes Licht herrschte im Innern des
großen Hauses.
Die Herrin dieser Welt hatte immer wiederholt, daß sie von
Erika Paller Hilfe erwartete. Nicht nur für sich, auch für
die anderen. Wo waren sie? Warum zeigten sie sich nicht?
Was für eine Hilfe sollte sie leisten? Gab es hier denn
Gefahren?
Mandragoras Schritte beschleunigten sich.
Erika konnte ihr nicht so schnell folgen. Ihr Herz schlug bis zum
Hals hinauf. Das Atmen wurde ihr schwer.
Eine Gefahr drohte. Erika konnte sich des Gefühls nicht
erwehren.
Die Ruhe, die sie zunächst so wohltuend empfunden hatte, kam
ihr mit einem Male unheimlich vor.
»Mandragora?« entwickelte sich die Frage in ihrem
Bewußtsein. Und dann erfüllte sie jäh nur noch
namenloses Grauen.
Mandragora war verschwunden! Eben noch war sie unmittelbar vor ihr
hergegangen.
Der Eingang zum Haus existierte nicht mehr.
Der Paradiesgarten war verschwunden. An seiner Stelle zeigte sich
ein Bild, das Erika bis in die tiefste Tiefe ihres Bewußtseins
erschütterte.
*
Die Schlagzeile sprang ihm sofort ins Auge, als er die Zeitung
auseinanderfaltete.
»Rätselhafter Tod einer jungen Apothekerin. Die
Mordkommission in Frankfurt/Main muß sich seit gestern mit
einem mysteriösen Mordfall beschäftigen. In den frühen
Morgenstunden des Dienstag ist in ihrem Wochenendhaus im Taunus die
Vierundzwanzigjährige Erika Paller tot aufgefunden worden. Erste
Untersuchungsergebnisse weisen darauf hin, daß Erika Paller an
der Überdosis eines ungebräuchlichen Rauschmittels starb,
an das sie als Apothekerin leicht herankommen konnte. Alles wies
zunächst auf Selbstmord oder einen Unglücksfall hin.
Besondere Umstände jedoch haben dazu geführt, daß ein
Verdächtiger festgenommen wurde, der nachweislich gestern abend,
dem vermutlichen Eintritt des Todes, zuletzt mit ihr
zusammengetroffen ist. Der Verdächtige, der zunächst die
Tat heftig abgestritten hat, verwickelte sich in Widersprüche.
Es konnte aber auf Grund der Aussage zweier Polizeibeamten, die sich
zufällig in der Nähe des Tatortes aufhielten, eindeutig
belegt werden, daß er irgend etwas mit dem Vorfall zu tun haben
muß. Nach einem mehrstündigen Verhör, in dem das
Lügengebäude des Festgenommenen zusammenfiel, hat er
schließlich zugegeben, bei Todeseintritt anwesend gewesen zu
sein. Dr. K., der Verdächtige, behauptet, daß Erika Paller
eine Astralreise unternehmen wollte, nachdem sie sich mit genau
dosierten Pflanzenauszügen ›eingestimmt‹ hätte
und in Verbindung mit einer ›Göttin‹ Mandragora
getreten wäre. Erika Paller soll allen Ernstes an diese fiktive
Gestalt geglaubt und ihr schließlich das Leben geopfert haben.
Kommissar Merlin von der Kripo steht vor keiner leichten
Aufgabe…«
Der Mann in dem bequemen Ledersessel ließ die Zeitung
sinken. Björn Hellmark fuhr sich nachdenklich durch das dichte
blonde Haar.
»Carminia!« rief er.
Die gutgebaute Brasilianerin kam aus dem Arbeitszimmer, in dem sie
die Korrespondenz erledigte.
Hellmark, zu Hause am Genfer See in einem Luxusbungalow,
führte ein Doppelleben besonderer Art. Er war gezwungen, der
Welt und den Menschen das solide Bild einer kreditwürdigen
Persönlichkeit vorzuleben. Für alle war er der reiche
Unternehmer, der mit seinen Kosmetik-Artikeln sehr viel Geld
verdiente. Die Firma »Beauty House« hatte Niederlassungen
in London, Paris, New York, Berlin, Brüssel und Genf.
Björn gab für die Firma war seinen Namen her. In
Wirklichkeit wurde sie von Deutschland aus gesteuert. Björns
Vater, ein früher sehr erfolgreicher Industrieller, bis er sich
zur Ruhe gesetzt hatte, führte nun das Unternehmen seines
Sohnes, um ihm Zeit und Raum zu geben für die Aufgaben, die er
auszuführen hatte.
Hellmark war kein leichtlebiger Playboy, der sinnlos Geld
verschwendete und nicht wußte, was er mit seiner Zeit anfangen
sollte.
Er setzte sein Leben für eine Aufgabe ein, die ihm
außerirdische Mächte gestellt hatten. Und die Meldung, die
er eben in der Zeitung gelesen hatte, schien etwas mit seiner
überirdischen Aufgabe zu tun zu haben.
»Der Herr ruft, und der Sklave kommt«, meinte die
schöne Brasilianerin. »Willst du einen frischen
Kaffee?«
Er legte die Zeitung zusammengefaltet auf den Tisch und erhob
sich.
»Ich muß verreisen, Schoko.«
»Dann komm’ ich wenigstens dazu, die Briefe fertig zu
tippen und mich stört niemand mehr. Wieso
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