Macabros 023: Gefangen im Totenmaar
sprächen
wir darüber. Ich aber will es genau wissen. Die Sache
läßt mit keine Ruhe.«
»Seien Sie vorsichtig«, warnte der Juwelier.
»Wieso? Wissen Sie etwas?«
»Wissen ist zuviel gesagt. Ich habe eine Vermutung.«
»Sprechen Sie sie aus!«
Gerauer druckste herum. Dann: »Czernin war lange Zeit weg. Er
hat nie über seine Abwesenheit gesprochen. Vielleicht hängt
es damit zusammen.«
»Vielleicht. Ich werde es herausfinden.«
Wenn Rolf Burghardt das sagte, stimmte es. Wie eine Klette klebte
er stets an Vorgängen, die anderen viel zu mühsam waren, um
ihnen nachzugehen.
*
Unter dem Siegel äußerster Verschwiegenheit wurde doch
das eine oder andere in dieser Nacht und auch am darauffolgenden Tag
gemunkelt. Viele Partyteilnehmer erfuhren von dem gespenstischen
Ereignis, taten aber so, als wüßten sie nichts.
Die breite Öffentlichkeit erfuhr nichts davon. Burghardt
hielt sein Versprechen. Die Presse schwieg.
Und doch erfuhr ein Mann davon, der weder an der Party
teilgenommen hatte, noch einen der Teilnehmer kannte.
Al Nafuur, geheimnisvoller Zauberpriester aus einem
untergegangenen Reich in ferner Vergangenheit, machte sich
bemerkbar.
»Du solltest mal wieder eine Reise machen!« Diese Worte
erreichten Björn Hellmark zu einem Zeitpunkt, als er faul an
seinem Swimmingpool lag. Neben ihm stand ein flacher Tisch mit
eisgekühlten Getränken. Carminia Brado und Pepe, der
Adoptivsohn Hellmarks, planschten im Wasser.
»Du tust geradeso als hättest du Urlaub
nötig«, klang es nicht gerade sehr freundlich in ihm
auf.
Hellmark schluckte. »Ganz schön aggressiv heute wieder,
was? Ist dir eine Laus über deine unsichtbare Leber
gelaufen?« Björn öffnete die Augen. Der Himmel
draußen war trüb. Das durchsichtige Kuppeldach, das er
nach Belieben in der Versenkung verschwinden lassen konnte, hielt den
kühlen Wind ab, der vom Genfer See herüberwehte.
Hier im Innern der Kuppel herrschte eine Temperatur von
fünfundzwanzig Grad. Infrarotstrahler, verdeckt angebracht,
sorgten für diese angenehme Wärme. »Ich bin gerade
seit zwei Tagen zu Hause«, dachte Hellmark, und sein Erlebnis in
Spanien und vor allem in dem geheimnisvollen Jenseitsreich des
Phantoms, hatten ihn so viel Kraft gekostet, daß er dringend
eine Ruhepause einlegen mußte.
Den ersten Tag hatte er auf Marlos, der unsichtbaren Insel
verbracht, die laut einer Prophezeiung sein Eigentum war und zum
Schlupfwinkel für Verfolgte und Gefährdete werden sollte.
Auf Marlos, zwischen Hawaii und den Galapagos gelegen, herrschte
ewiger Frühling. Gern wäre Björn noch dort geblieben,
aber auf Drängen Carminias hatte er nachgegeben. Pepe, der
vierzehnjährige mexikanische Junge, der sowohl einen
Privatlehrer hatte als auch zwischenzeitlich in eine ganz normale
Hauptschule ging, um Lesen und Schreiben zu lernen, hatte sich
gerecht darüber beschwert, daß Björn meistens
außer Haus war, und wenn er dann schon in dem Bungalow weilte,
sollte er auch für ihn da sein. Pepe hatte immer viele Fragen.
Seitdem er bei Hellmark aufgenommen wurde, hatte er viel gelernt, und
es machte Freude, die Fortschritte dieses sympathischen kleinen
Kerls, der das Herz und den Mund auf dem rechten Fleck hatte, zu
verfolgen.
»Kommst du nicht auch ins Wasser?« brüllte Pepe in
diesem Augenblick vom Rand des Beckens herüber, während
Hellmark sein stummes Zwiegespräch mit dem Unsichtbaren
führte.
»Ich bin müde«, knurrte Björn.
Ein Wasserstrahl aus dem Becken war die Antwort. »Das macht
dich bestimmt munter!« schrie der Junge.
»Die paar Tropfen nicht, sie sind zu warm.«
»Mit wem redest du eigentlich? Was soll das
Durcheinander?« beschwerte Al Nafuur sich.
»So kann es einem ergehen, wenn man sich mit zwei Personen
gleichzeitig unterhalten muß«, dachte Björn.
»Der eine plärrt einem die Ohren voll, der andere das
Hirn.«
»Das mußt du mir mal genauer erklären«,
dröhnte Al Nafuurs markante Stimme wieder in seinem
Bewußtsein. »Ich habe bisher nicht gewußt, daß
ich plärre. Du hast manchmal eine merkwürdige Art, einem
etwas plausibel zu machen.«
»Aber du hast dich doch gestern schon den ganzen Tag auf
Marlos ausgeruht!« maulte der Vierzehnjährige. »Wie
kann ein Mensch nur soviel herumliegen wollen? Bewegung ist gut,
besonders Schwimmen. Ich kann das nicht verstehen!«
Anstelle einer Antwort aus Björns Mund, geschah etwas
Merkwürdiges. Unmittelbar neben dem Jungen plätscherte es
lautstark, als ob ein schwerer Stein ins Wasser
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