Macabros 034: Galeere des Grauens
Prinzessinnen,
die den Auftrag hatten, das Volk der Kaythen einem neuen Beginn
zuzuführen. Aber auch ich bin am Ende meiner Weisheit. Die
Kräfte, die die abtrünnigen Priester gerufen haben, das
Spiel der Mächte, das auch uns nicht verschont, scheint die
letzten Kaythen zu zerreiben und damit alle Voraussetzungen zu
schaffen, die notwendig sind, dieses Land in Besitz zu nehmen.
Dunkelheit wird herrschen, der Dschungel wird sich verbreitern, und
Moore und Sümpfe werden sich dort auftun, wo bisher
Straßen, Plätze und Wege zu finden waren. Die Sonne wird
verschwinden. Von Sodschon’nel und den Kaythen wird niemand mehr
sprechen. Utang-Zuur, die Galeere des Grauens unter der Führung
des schrecklichen Kapitäns Ganthur-Vo hat den Eingang zum
unterirdischen Fluß gefunden, und mein Volk verehrt die
Schrecklichen und Grausamen, ohne zu ahnen, wem sie huldigen, weil
sie deren wahre Gesichter nicht mehr erkennen. Sodschon’nels
Truppen können hier nichts ausrichten. Es wird der Kampf eines
einzelnen sein, der die äonenalte Prophezeiung verändern
kann. Kann… wohlgemerkt! Alle Hoffnung ruht auf Lavan, dem
Abenteurer. Was er vermag, wissen wir alle nicht. Undurchschaubar ist
das Spiel der Götter. Sie halten Aufstieg und Macht ebenso in
ihren Händen wie Untergang und Armut. Wir wissen nichts von dem,
was im Unsichtbaren entschieden wird, und nur wenig können wir
dagegen tun.«
»Der Meinung bin ich nicht«, sagte Lavan. Er war wieder
voll da. Mit einem Blick vergewisserte er sich, daß sie hier am
Rand des Dschungels scheinbar unbeobachtet waren.
Zur Sicherheit jedoch schlugen sie sich weiter in die Büsche,
wo sie vom Blattwerk und den massigen Stämmen verdeckt
wurden.
Amana war eine kleine Frau. Sie reichte ihm nicht mal bis an die
Brust. Alle Kaythen waren nicht größer. Das Zwergenvolk,
das der Sage nach im besonderen Ansehen bei den Göttern stand,
war aus dem Dunkel der Geschichte auf diesem Kontinent aufgetaucht.
Zwei Völker lebten hier. Jedes strebte nach der Vorherrschaft.
Als die Kaythen kamen, vereinigten sich diese Völker. Aus den
Schwertern und Waffen schmiedeten sie Pflüge, aus den
Kampfstätten und Arenen, in denen sie sich gegenseitig zu Tode
gebracht hatten, bauten sie Häuser und schufen neue Gärten.
Der Friede kam, und jeder erkannte, daß es gut war, in Ruhe und
Frieden zu leben. Jeder hatte nur Vorteile davon und beide
Völker lernten das wahre Glück des Lebens kennen. Aber es
gibt Kräfte im weiten Universum und den Gefilden der Zeiten, die
sich nur ahnen lassen. Und oft nicht einmal das. Diese Kräfte
waren nicht einverstanden mit Glück und Freude und
Zufriedenheit. Sie torpedierten den Fortschritt. Einzelne meldeten
sich zu Wort und sorgten für Aufruhr. Behauptungen wurden
aufgestellt, die jeglicher Grundlage entbehrten, die aber dazu
angetan waren, die Brunnen zu vergiften.
Unruhe und Unzufriedenheit kamen auf. Finstere Gestalten zogen
plündernd und mordend durch die Städte und Dörfer, und
die Falschen wurden beschuldigt, weil die wahren Schuldigen
untergetaucht waren. Haß kam auf. Und wo der Haß
blühte, ging die Liebe unter.
Fürst Sodschon’nels geeintes Reich zerbrach. Ein
Gegenfürst trat auf, der eine Horde wilder und verwegener
Reiter, Renegaten und Krieger um sich scharte. Zuvor hatte es keine
Gesetze gegeben. Das Gesetz war die Moral und der Friede. Es war eine
Gesetzlosigkeit gewesen, die jedermann zugute kam. Nun kam die
Gesetzlosigkeit des Grauens. Sodschon’nels Anhänger wurden
entführt oder getötet. Ganze Familien wurden ausgerottet.
Der Gegenfürst, der der Meinung war, die Herrschaft
zurückzugewinnen und ein Reich nach seiner Vorstellung zu
schaffen, kannte keine Gnade. Auch Sodschon’nel mußte
härter eingreifen. Gewalt forderte Gewalt heraus. Er konnte
nicht tatenlos zusehen, wie unbewaffnete Männer, wie unschuldige
Frauen und Kinder entführt oder getötet wurden. Wieder gab
es zwei Völker auf diesem Kontinent. Hatte das Glück, das
die Kaythen einst verursachten, sich gewendet? Ging eine
Veränderung mit den Kaythen vor?
Ja!
Sie waren hineingezogen worden in den Kampf. Sie mußten ihn
bis zum Ende erdulden, denn ein ungeschriebenes Gesetz untersagte es
dem Volk, jemals jene Welt zu verlassen, die sie freiwillig einst
suchten, um sich anzusiedeln.
Sodschon’nels großer Widersacher kam rasch voran.
Lavan kannte die Vorgänge, die zum augenblicklichen Stand der
Dinge geführt hatten, sehr genau.
Die Heere des Gegenfürsten befaßten
Weitere Kostenlose Bücher