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Macabros 036: Gruft der bösen Träume

Macabros 036: Gruft der bösen Träume

Titel: Macabros 036: Gruft der bösen Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Shocker
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sein Haarschopf
war. Die Augen waren blau, und der Schalk blitzte in ihnen.
    Dieser Mann war Simon McNolan, ein waschechter Ire.
    Einmal in der Woche kam er zum Kap, um den O’Donells die Post
zu bringen und die bereit liegende mitzunehmen.
    Er freute sich jedesmal auf einen kurzen Plausch, bei dem ihm ein
Whisky serviert wurde, wie er im Umkreis von hundert Meilen nicht
geboten wurde. Die O’Donells waren nette Leute. McNolan kam
schon seit über zwanzig Jahren hierher. In der letzten Zeit
unterhielt er sich eigentlich mehr mit der Wirtsfrau als mit dem
Wirt, der sich nur hin und wieder mal sehen ließ. McNolan war
die Veränderung, die Andrew O’Donell durchmachte, nicht
entgangen.
    O’Donell mußte schwer krank sein, aber er ließ
sich nicht dazu überreden, einen Arzt aufzusuchen. Cynthia
O’Donell vermied es, auf die offensichtliche Erkrankung ihres
Mannes einzugehen. Vielleicht wußten sie auch schon, daß
nichts mehr zu machen war.
    Als der Zusteller an diesem sonnenüberfluteten Morgen die
schlechte Straße zum Kap fuhr, mußte er stärker als
je zuvor an Andrew O’Donell denken, und ein ganz eigenartiges
Gefühl packte ihn.
    Es war wie eine Vorahnung, als ob etwas geschehen
wäre…
    Er erreichte das Gebäude.
    Still lag es unter der Sonne.
    McNolan schlug kräftig die Tür zu. Normalerweise
würde sich Cynthia O’Donell jetzt schon sehen lassen, aber
weder ein Fenster noch die Tür ging auf. Seltsam!
    Seine Vorahnung…
    Er klopfte an die Tür und gleich darauf an das kleine Fenster
neben dem Eingang. Nichts rührte sich. Die Tür war
verschlossen. Dann ging er ums Haus und blickte von einem Fenster in
das andere. An den meisten waren die Vorhänge so dicht
zugezogen, daß er keinen Blick in den dahinter liegenden Raum
werfen konnte.
    McNolans Hand spannte sich unwillkürlich fester um den Pack
Briefe und Zeitungen, die er mitgebracht hat.
    »Misses O’Donell!« rief er laut, um auf sich
aufmerksam zu machen.
    Keine Antwort… Kein Geräusch…
    Der Zusteller vermißte etwas.
    Das Motorrad! Seit ein paar Wochen befand sich ein Gast im Haus,
ein gewisser Rodney Lumnick aus Dublin, für den er ebenfalls
Post dabei hatte. Offenbar ein weit entfernter Verwandter der
O’Donells. Das Ehepaar auf der Loop Head Inn schien zahlreiche
Verwandte in Dublin zu haben.
    Dort hielt sich auch Eliza, die Tochter Cynthia und Andrew
O’Donells auf. Seit mehr als zwei Jahrzehnten hatte er dieses
Mädchen nicht mehr gesehen. Erst war sie dort in eine
weiterführende Schule gegangen und hatte dann die
Universität besucht und studiert. Immer wieder hatte er sich
nach ihr erkundigt.
    Es sollte ihr gutgehen. Sie lebte bei Verwandten dort.
    Die Einsamkeit hier war auch nichts für ein so hübsches,
lebenslustiges Ding wie Eliza O’Donell. Aber merkwürdig war
doch wieder eins. Wenn man Woche für Woche – und das
jahraus, jahrein die Post zustellte, dann fiel einem auch auf, von
wem die Briefe durchweg kamen.
    Elizas Absender jedenfalls war nie auf einem Umschlag gewesen.
    Sie schrieb offensichtlich nicht. Hatte es seinerzeit Ärger
mit ihren Eltern gegeben?
    Er war am nächsten Fenster.
    Zwischen den beiden Vorhängen war ein Spalt verblieben, durch
den das Tageslicht in das Innere des Zimmers fiel.
    Simon McNolan preßte das Gesicht an die Scheibe.
    Es war, als ob er einen Schlag mitten ins Gesicht bekäme.
    Dies war das Schlafzimmer der O’Donells! Nur ein Bett war
belegt. Die Decke war weg gezerrt, und in seltsam verkrümmter
Haltung, den Mund und die Augen weit aufgerissen – lag Cynthia
O’Donell auf dem Kopfkissen.
    Die Schubladen am Nachttisch waren aufgerissen. Utensilien lagen
überall im Raum verstreut.
    Hier war ein Verbrechen geschehen!
    Simon McNolan wurde bleich und merkte nicht, daß er leise
stöhnte.
    Er begann zu laufen. »Oh, mein Gott«, jammerte er, und
seine Stimme zitterte. »Das ist… ja…
furchtbar.«
    Er wußte nicht mehr, wie er zu seinem Fahrzeug kam und
startete. Der Zusteller begann erst wieder klar zu denken, als er den
abschüssigen Weg zwischen den Felsen fuhr, die sich zu beiden
Seiten der Straße wie dunkle Mauern auftürmten.
    Die Sonne stand noch nicht hoch genug, um die Straße
zwischen den Felsen zu erhellen. Hart und schwarz waren die Schatten,
die er passierte.
    Schweiß perlte auf der Stirn des Postlers. Er fuhr sich
mehrere Male nervös mit der Zunge über die Lippen und
schmeckte den salzigen Schweiß. McNolan fuhr schneller, als es
seine Art war. Das kleine Fahrzeug

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