Macabros 036: Gruft der bösen Träume
es sich.
Cathy Francis schrie. Hände griffen nach ihr und hielten sie
fest.
Björn erkannte die Gefahr noch, reagierte aber auch etwas zu
spät.
Drei, vier nackte, schwere Leiber warfen sich aus dem Halbdunkel
auf ihn und rissen ihn zu Boden.
Björn stieß mechanisch und abwehrend seine Rechte hoch,
noch ehe er begriff, was hier eigentlich los war.
Seine Faust krachte zielsicher in ein Gesicht, das sofort aus
seinem Blickfeld geriet.
Er kämpfte mit dem Mut der Verzweiflung. Seine Gegner nahm er
in der dämmrigen Umgebung nur wie Schatten wahr. Es handelte
sich um eine Anzahl unbekleideter Männer und Frauen. Ihre Zahl
wuchs rapide, als sie zu erkennen schienen, daß es ihm gelang,
sich aus der ersten Umklammerung zu lösen.
Seine Hände, Arme und Beine wurden in diesen Sekunden der
Gefahr zu rasend schnell sich drehenden Windmühlenflügeln.
Er plazierte seine Schläge, Fußtritte und Püffe
kraftvoll und wohl dosiert. Im Nu wälzten sich drei, vier,
fünf Nackedeis am Boden. Keiner von ihnen gab einen Laut von
sich. Es schien, als ob sie stumm wären oder keine Schmerzen
mehr empfänden.
Von rücklings wurde der Deutsche angesprungen, während
er mit zwei Gegnern fertig werden mußte, die sich ihm von vorn
entgegenwarfen. Der eine lief genau in Hellmarks Knie, das er
blitzschnell anriß und dem anderen zwischen die Beine
stieß. Der machte einen Sprung, als ob ihn eine Granate
getroffen hätte.
Der andere rannte in die Linke, die er hart auf der Kinnspitze des
Gegners plazierte.
Es fiel Björn auf, daß seine Gegner an ihn herankamen
wie Roboter, als ermangle es ihnen an eigenem Willen.
Er erhielt einen heftigen Schlag auf den Kopf, ehe er sich um den
Gegner kümmern konnte, der auf seinen Schultern hockte.
Er taumelte und griff mit schweren Armen nach hinten.
Ein zweiter Schlag. Er wurde von einer Faust geführt, die
knallhart auf seiner linken Schläfe landete.
Björn Hellmark war nicht mehr imstande, sich schnell genug
wegzudrehen.
Er stürzte.
Dann waren sie über ihm.
Fünf, sechs Mann auf einmal. Aber da waren auch Frauen. Er
spürte samtene Haut und weiche Brüste.
Was aus ihm wurde, wußte er nicht.
Es wurde schwarz vor seinen Augen. Er registrierte nur noch ein
paar Worte. Jemand drückte seine Zufriedenheit aus.
»Na also…«, klang es entfernt in sein
Bewußtsein.
Wer das sagte, konnte er nicht mehr feststellen.
Er wunderte sich nur noch darüber, daß dieser Jemand es
auf Deutsch sagte.
*
Als er das Bewußtsein verlor, löste sich auch Macabros
auf, der im Leib des Unwesens eingeschlossen war.
Die Kräfte, die ihn verließen, entflohen auch seinem
Zweitleib.
Er wurde von mehreren Armen über den Boden gezerrt, ehe ihn
zwei der nackten Menschen aufnahmen und trugen.
Auch die niedergeschlagene Cathy Francis, die es nochmals mit der
Flucht in das Labyrinth der Korridore und Nischen versucht hatte,
wurde davongetragen.
Aus dem Dunkeln näherten sich immer mehr Menschen.
Auf den ersten Blick sahen alle gleich aus. Auf den zweiten
allerdings erkannte man, daß nicht alle die rote Hautfarbe
hatten. Manche waren grün, hatten große, fahle Flecken auf
der Haut, und zwischen ihren Händen befanden sich durchweg
Schwimmhäute.
Die Augen der Menschen, die hier in der Schädelhalle und den
Turmkammern sich aufhielten, quollen hervor wie bei Fischen.
Der Zug der seltsamen Menschen bewegte sich weiter in die
Tiefe.
Unter ihnen befand sich ein Mann, der sich Andrew O’Donell
nannte. Er war einer von vielen. Und bei den Frauen, die rötlich
oder grünlich waren, bewegte sich eine, die durch ihre hagere
Statur, ihre Trockenheit und ihre andere Farbe auffiel. Das war Eliza
O’Donell. Sie bewegte sich steif und knöchern wie ein
Roboter. Es war, als würde sie ferngesteuert. Das einzige, was
wirklich in ihr noch zu leben schien, waren ihre Augen. Die
glänzten jugendlich und frisch.
Mit den anderen ging sie in die tiefer gelegene Halle. Wie durch
Zauberei bewegte sich im Halbdunkel über dem Zug der
schweigsamen Menschen plötzlich die Decke, sie kam tiefer und
verschloß Korridor und Kammern, in denen sich eben noch der
Kampf abgespielt hatte.
Dann erfüllte ein mächtiges Rauschen die große,
perlmuttfarben schimmernde Halle.
Von draußen hätte man es sehen können.
Das Meer schien zu kochen.
Blasen stiegen auf und zerplatzten, Schaum tanzte auf den Kronen
der Wellen und wurde gegen die steilen, felsigen Ufer geworfen, die
langsam in der See versanken.
Der alptraumhafte
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