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Macabros 036: Gruft der bösen Träume

Macabros 036: Gruft der bösen Träume

Titel: Macabros 036: Gruft der bösen Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Shocker
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einer fernen Stelle außerhalb ihres
Gefängnisses materialisieren zu lassen. Obwohl er sich stark
darauf konzentrierte, mißlang der Versuch.
    Für einen Moment nahm er salzigen Geschmack wahr, sah
brausendes, schäumendes Wasser vor sich und durchstieß in
Gedanken einen gewaltigen Fischschwarm. Dann waren die Eindrücke
auch schon wieder vorüber. Macabros materialisierte nicht. Er
war nicht in der Lage dazu, seinen Zweitkörper auszusenden.
    Hing das mit der fremden Atmosphäre hier zusammen oder damit,
daß die Auseinandersetzung oder Berührung mit dem
Unfaßbaren jene Kräfte angegriffen hatte, die er nur von
Zeit zu Zeit mobilisieren konnte?
    Er wußte es nicht.
    Gemeinsam mit Cathy verließ er die Halle, um zu sehen,
welchen Weg Andrew O’Donell ins Wasser benutzte.
    Geduckt lief er unter den hauchdünnen Algenfahnen hindurch,
hielt Ausschau nach einer Öffnung und entdeckte
schließlich eine Felsmulde, in der Wasser stand. Wenn man dort
eintauchte, mußte man das große Wasser erreichen!
    »Björn!« entfuhr es Cathy, als er den Fels in zwei
Sätzen überwand und lauschend seinen Kopf vorstreckte.
    »Wir müssen es probieren, Cathy«, sagte er
heiser.
    Er wußte, was er riskierte. Er hatte keine Ahnung über
die Tiefe, in der sie gefangengehalten wurden. Hier in dem
Gewölbe des Turms oder des unheimlichen Hornschädels, waren
sie verhältnismäßig sicher. Noch! Sicherheit auf
Abruf… Die nächste Minute schon konnte das Verderben
bringen.
    Wenn er nun ins Wasser glitt, mußte er so schnell wie
möglich in die Höhe schwimmen, um an die Oberfläche zu
kommen. Wenn seine Luft nicht ausreichte, war alles umsonst…
    Aber der Tod war ihnen sowieso gewiß. Nur darauf warten, bis
der ›Dunkle Gott‹ wieder in Aktion trat und sie zu seinen
Sklaven machte? Das war schlimmer als der Tod.
    »Es ist ein Versuch, Cathy. Wir haben keine andere
Wahl.«
    »Ja, ich weiß.«
    Sie war tapfer. Würde sie durchstehen? Er konnte ihr nichts
versprechen. Sie hatten nur diese eine Chance. Eine Probe gab es
nicht für sie, um erst festzustellen, ob es gelang oder
nicht.
    Doch sie waren beide aus jenem Holz geschnitzt, aus dem Menschen
gemacht werden, die alles auf eine Karte setzen, wenn die Situation
es erfordert.
    Björn Hellmark streckte die Hand nach unten, um der jungen
Londonerin aufzuhelfen.
    Da teilte sich eine der spinnwebfeinen Algenbahnen.
»Narr«, sagte eine dunkle Stimme. »Willst du so dein
Leben wegwerfen? Noch ehe du den Fels hinter dir hast, ist es zu
Ende. Der Druck da draußen ist so stark, daß du platt
gedrückt wirst wie eine Briefmarke…«
    Hellmark warf seinen Kopf herum.
    Er glaubte seinen Augen nicht trauen zu können.
     
    *
     
    Die Frau vor ihm sah aus wie ein Wesen aus einem Traum:
Ebenmäßige Gliedmaßen, feste, seidig schimmernde
Haut, lange Beine. Das naturblonde Haar trug sie offen, und die
Spitzen berührten ihre weißen Brüste.
    Sie lächelte verheißungsvoll, schob die spinnwebfeinen
Vorhänge vollends auseinander und kam auf Björn zu.
    Ihre Rechte näherte sich seinem Gesicht, streichelte
zärtlich seine Wange und glitt weiter über seine Schultern
und Arme.
    »Du bist stark«, sagte sie mit angenehmer Stimme.
»Ich habe dich in der letzten Nacht kämpfen sehen. Ich habe
dich bewundert. Es wäre schade um dich, sehr
schade…«
    Wie meinte sie das?
    Sie schüttelte den Kopf. »Wie kannst du nur auf die Idee
kommen, dein Leben wegzuwerfen?«
    »Wer bist du?« wollte er wissen.
    »Ich heiße Bianca.«
    Der Name paßte zu ihr.
    »Du gefällst mir«, fuhr sie fort, noch ehe er etwas
sagen konnte. »Das wiederum zeigt mir, daß ich doch mehr
Mensch geblieben bin, als IHM recht sein kann. Meine Sehnsucht gilt
einem Mann meiner Rasse, wie vernünftig, wie normal ich wieder
bin.« Sie barg plötzlich ihr Gesicht in beiden Händen
und weinte leise vor sich hin.
    Sie wirkte hilflos und verlassen, und Björn hätte sie am
liebsten in die Arme genommen. Da Cathy dies schon tat, hielt er es
für überflüssig und auch besser so.
    »Entschuldigt«, murmelte Bianca nach einer Weile und
wischte sich die Tränen von den Wangen. »Ich bin kindisch.
Ich stehe hier herum und heule wie ein Kind. Dabei können wir
uns Sentimentalitäten und Zeitverlust überhaupt nicht
leisten. Was ER mit uns tut, ist reine Folter. Es gibt Stunden, da
schenkt er uns die alten Körper wieder, und wir müssen
feststellen, daß wir unverändert sind. Viele von uns
wurden von der Sehnsucht übermannt und nutzten die Stunden

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