Macabros 040: Tal der tausend Foltern
Hellmark.
»Ich weiß, es ist eine Verzweiflungstat«, gab
Ka-To zu. »Aber soll ich warten, bis uns die Bäume und
Sträucher von Tamuurs Zaubergarten verschlingen? Dann will ich
lieber etwas wagen, wenn ich dabei auch zugrundegehen
muß.«
»Und was wird aus deinem Volk?«
»Es soll erfahren, wer es bedroht. Niemand hat bisher Tamuur
gesehen. Ich will ihn sehen. Wenn man seinen Feind kennt, dann findet
man auch ein Mittel, ihn zu bekämpfen. Ich bin kein Abenteurer.
Glaubt mir! Ich habe zwar ›einige Wurfmesser‹ bei mir, wie
du spottest. Aber sie machen mich stark. Es sind magisch gebundene
Slatos dabei…«
Sie nahmen den Großteil der lederartigen Behältnisse in
dem Kreuzband ein. Die Klingen waren mit kleinen Symbolen und Farben
versehen.
»Sie sollen gewisse schädliche Einflüsse abhalten.
In wieweit sie der mächtigen lebensfeindlichen Zauberkunst
Tamuurs allerdings gewachsen sind, weiß ich nicht. Das wird die
nahe Zukunft weisen. Vielleicht ist es auch mir versagt, das
Geheimnis zu lüften. Doch den Versuch will ich
unternehmen.«
Er verschwand in dem schmalen Waldstück hinter der
Anhöhe. Wortlos und wie selbstverständlich folgten ihm
Danielle und Björn. Hinter dichtem Buschwerk, in einer
Felsnische hielt Ka-To sein Reittier versteckt, das ihn vom fernen
Ullnak bis hierher gebracht hatte.
Das Tier hatte einen kurzen Kopf und einen gedrungenen, kurzen
Oberkörper und auffallend große Nüstern. Die
Ähnlichkeit mit einem Pferd war vorhanden, obwohl Björn
sich geweigert hätte, dieses Reittier als Pferd zu
bezeichnen.
Ka-To hatte ihm die Augen verbunden. Jetzt nahm er dem Tier die
Augenbinde ab und löste auch das Band, mit dem er es am Stamm
angebunden hatte.
»Nun lauf, mein Guter. Deine Reise ist hier zu Ende.« Er
versetzte dem unproportioniert wirkenden Reittier einen Klaps. Es
lief davon, in die Hochebene hinein, woher es gekommen war.
»Ein Opfer weniger für Tamuur«, murmelte er.
»Wer weiß, was er aus ihm gemacht hätte.«
Sie gingen nun gemeinsam nach unten. Am Fuße des Hügels
begann der undurchdringliche Wald. Treibhausluft schlug ihnen
entgegen, als ob sie die Grenze zu einem Dschungel erreicht
hätten.
»Irgendwo im Zentrum dieses Reiches liegt Tamuurs
Schloß«, fuhr Ka-To leise fort, während sein Blick an
der düsteren, undurchdringlichen Front des bewaldeten Tals
entlang wanderte. »Können wir es nur finden… wie
vieles würde sich ändern. Alles, was bisher geheimgehalten
war, würde uns bekannt… und damit
bekämpfbar.«
Björn nickte. »Wenn es so ist, wie du sagst, Ka-To,
werden wir dich dorthin begleiten, wohin dein Weg dich führt.
Auf halbem Weg werden wir bei dir sein… Richtung
Süden…«
Der Rundköpfige blickte Hellmark ernst an. »Dein Weg
nach dem legendären Tschinandoah, von dem niemand in Ullnak
weiß, ob es wirklich existiert… aber du hast schon
recht… um in das gepriesene Land zu kommen, mußt du diesen
Weg gehen, kein anderer führt dorthin. So oder so mußt du
Tamuurs Tal durchwandern.«
Hellmark nickte. Er blickte nach oben. Hoch oben am Himmel
erblickte er strahlend und hell den Südstern. Er stand
unverrückbar an einer Stelle des Himmels, die ihm zum Wegweiser
geworden war. Und jetzt stand er dort, wo am dunklen, nicht mehr
wahrnehmbaren Horizont aus dieser Sicht das Reich des
rätselhaften, geheimnisumwitterten Tamuur endete.
Die warme Luft mischte sich mit dem zarten Nebel, der von dem
feuchten Blattwerk zu seinen Füßen aufstieg.
Hellmark legte seine Rechte auf Ka-Tos Schulter und sagte:
»Ich heiße Kaphoon. Sag Kaphoon zu mir.«
Er mußte in diesem Augenblick an seine Abenteuer im fernen
Xantilon denken, die er mit dem Schwert des Toten Gottes bestanden
hatte und daran, daß er bereits schon einmal gelebt hatte
– als jener Kaphoon, der in das Bewußtsein der vom
Schicksal gezeichneten Menschen eingegangen war, dessen Namen noch
heute oft entstellt, oft nur als der ›Namenlose‹
bezeichnet, in Sagen und Legenden auffindbar war.
Als Kaphoon war er ein erfahrener Kämpfer, als Kaphoon war
ihm das legendäre magische Schwert überlassen worden.
»Ich freue mich, Kaphoon, daß du mein Begleiter
bist.«
So passierten sie die sanfte Nebelwand, die an der Baumgrenze
emporstieg.
Schon nach zwei Schritten zeigte dieser von Außen so
paradiesisch aussehende Wald sein wahres Gesicht.
Eine rätselhafte, von grünem geisterhaften Glosen
durchsetzte Finsternis umhüllte sie. Sie wandten sich um, warfen
einen Blick zurück in die
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