Macabros 052: Aufstand der Knochenmonster
Nacht war es geschehen: Fürst Ramdh
beschloß das Wagnis, das in seinen Augen keines mehr war,
durchzuführen. Er hatte die ganze Unterstützung seiner
Räte und Berater, seiner Priester und Unterführer und auch
die seines Volkes.
Die Antolanier waren reif, nach dem Wissen zu greifen, das ihnen
bisher von dem Eingott verwehrt worden war.
Das Ritual wurde durchgeführt. In der Nacht, als der mahnende
Totenkopfmond, der sie an die Vergänglichkeit erinnerte,
über Antolanien aufging.
Fürst Ramdh und sein Volk tanzten und schworen dem Eingott
ab.
Das war die Stunde der Dämonen und bösen Geister, die
Stunde des Magiers Tamuur.
Er verfluchte das Volk. Von nun an sollten sie dem Totenkopfmond
ähneln. Das Fleisch wich von ihren Knochen, und das Blut
verdunstete. Zurück blieben in farbige Gewänder
gehüllte Skelette.
Aus Ramdh wurde Fürst Skelettus – aus dem Volk der
Antolanier das Volk der Knochenmenschen. Und diese Knochenmenschen
unterstanden dem direkten Befehl Tamuurs oder Molochos’. Sie
hatten die Verbindung zu ihrem Eingott völlig verloren.
Mit der Veränderung ihres Äußeren aber
änderte sich auch die Äußerlichkeit der Welt
Antolaniens.
Steine wurden zu Knochenplatten, Bäume zu skelettartigen,
knorrigen Gewächsen, die fahl und fremdartig wirkten, Vögel
und Tiere zu Skelettwesen. In der Tierwelt aber kam es dabei zu einem
großen Sterben. Nur wenige Exemplare überstanden die
Umwandlungskatastrophe. Überall im Land legten riesige Skelette
saurierartiger Tiere Zeugnis ab von dem Leben, das einst mit den
Antolaniern diese Welt bewohnte.
Nicht mehr die Sonne und das Licht bestimmten die Atmosphäre,
sondern ein schauderhaft anzusehender Mond und eine ewige
Düsternis, die nicht mehr aus den Städten Antolaniens
wich.
Die Antolanier lebten weiter, sie überstanden die Nacht der
Wahrheit, und sie durften oder konnten? – ihren eigenen Willen
behalten.
Und besonders darauf hatte Aleana, die Fürstentochter von
Ullnak, noch hingewiesen.
Es war ihr gelungen, mit Tamuurs Hilfe Einblick in Bücher zu
nehmen, die Tamuur sonst streng hütete und die es nur ein
einziges Mal gab. In den Büchern war das Schicksal der
Antolanier aufgezeichnet.
Das Schicksal der Antolanier mußte irgendwie mit dem Werden
und Kommen Tamuurs in Verbindung stehen.
Die Antolanier hatten ihren eigenen Willen – aber sie konnten
nicht mehr viel mit diesem eigenen Willen anfangen. Die Welt, in der
sie leben mußten, war ihre eigene, aber sie schwebte in einer
nebelhaften Dimension, die man am ehesten mit einer riesigen,
geschlossenen Kugel verglich, aus der man nicht heraus und in die man
nicht hineinkonnte.
Aber diese Erkenntnis mußte falsch sein!
Rani Mahays Anwesenheit hier strafte diese Erkenntnis
Lügen.
Es gab eine Möglichkeit, diese Welt zu betreten. Also gab es
auch eine, sie zu verlassen. Zumindest für ihn. Wie die
Bedingungen für die Antolanier waren, darüber wagte er noch
keinen endgültigen Schluß zu ziehen.
Dem Text nach zu urteilen, in den Aleana aus Ullnak hatte Einblick
nehmen können, existierte hier in diesem Knochenreich ein
Amulett, das eine Veränderung herbeiführen konnte.
Wie dieses Amulett aussah und wer es besaß, das allerdings
war ein Rätsel. In der Welt Antolanien gab es ein
weißmagisches Zentrum, vermutete Rani. Das hatte Tamuur bisher
nicht neutralisieren können. Dieses Zentrum mußte für
ihn das sein wie Wasser gegen Feuer. Er mied die Welt Antolanien. Das
mußte seinen Grund haben.
Rani Mahay war es gelungen, das Vertrauen des Knochenfürsten
sehr schnell zu erringen.
Schon war abgesprochen, daß Skelettus den Aufstand gegen
Tamuur vorbereiten sollte.
Das alles konnte nur geschehen in den Dekaden zwischen der vollen
Kraft des Totenkopfmondes.
Skelettus hatte dem Inder anvertraut, daß es Zeiten gab, wo
die Antolanier ihren eigenen Willen nicht unter Kontrolle hatten.
»Von Fall zu Fall sind wir wie die Werwölfe, die nichts
mehr von ihrer vorherigen Gestalt wissen«, glaubte er die Stimme
des Knochenfürsten in seinen Ohren klingen zu hören.
»In diesen Stunden mußt du damit rechnen, daß ich
nichts mehr von der Freundschaft weiß, die ich dir zuvor
versprach. Ich kann dann über dich herfallen und dich
töten. Du bist stark und mutig, und du besitzt eine Waffe.
Vielleicht könntest du mich damit töten – aber ich bin
nie allein. Auf meinen Befehl hin werden Hunderte, Tausende bereit
sein, mit dir zu kämpfen. Und es dürfte unmöglich
für dich sein, gegen diese
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