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Macabros 055: Mysterion, der Seelenfänger

Macabros 055: Mysterion, der Seelenfänger

Titel: Macabros 055: Mysterion, der Seelenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Shocker
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Enterbten oder Scherz eines
Flugtechnikers?‹ Sag mal Frank, seit wann liest du so
was?«
    Morell lächelte.
    »Ich fand es mal interessant zu wissen, was die andere Seite
dazu schreibt. In den üblichen Zeitungen finden sich nur wenige
Artikel über dieses Phänomen. Und wenn, dann sind sie meist
sehr kurz gehalten und beschränken sich auf Zeugenaussagen. Die
Leute hüten sich davor, Spekulationen über die sonderbare
Erscheinung anzustellen. Bis auf diese Zeitung hier, die ich heute
morgen auf dem Weg hierher erbeuten konnte.«
    Hans Bogner schüttelte den Kopf.
    »Nein, mein Junge. Wenn du meine Meinung wissen willst: Ich
halte die Sache für einen großen Bluff. Fliegender
Wundermensch! Meine Güte, wer hat denn sowas schon
gesehen?«
    »Ja, wahrscheinlich hast du recht«, bekräftigte
Frank. »Dieses Wesen steht im Kontrast zu sämtlichen
Erkenntnissen der Wissenschaft, insbesonders den Gesetzen der
Schwerkraft und der Trägheit der Masse. Ich frage mich nur, wie
die Zeitungsleute auf sowas stoßen?«
    »Ach, weißt du«, erwiderte Hans. »Die einen
sehen weiße Mäuse, die anderen rosarote Elefanten. Warum
soll es nicht auch welche geben, die rotgekleidete Menschen durch die
Luft fliegen sehen?«
    Morell zwang sich dazu, in das kurze Gelächter seines
Kollegen einzustimmen. Die Frage flammte in ihm auf, wie Hans wohl
reagieren würde, wenn er wüßte, daß es ein
solches Wesen tatsächlich gab und es in diesem Moment vor ihm
stand.
    Unwillkürlich fuhr Morells Hand zur Tasche seines beigen
Jacketts und krampfte sich um den Gegenstand, den er dort immer mit
sich trug. Niemand wußte davon.
    Bei dem Gegenstand handelte es sich um einen sieben Zentimeter
langen Kristall. Er ähnelte einer halbierten Münze von etwa
fingerdicker Breite. Nur Frank Morell wußte, was es mit ihm auf
sich hatte. Mit seiner Hilfe konnte er sich in Mirakel verwandeln,
den fliegenden Dyktenmann.
    Und um niemand anders als ihn handelte es sich bei ihrem kurzen
Gespräch auch.
    Frank Morell war verzweifelt darüber, daß die
Öffentlichkeit auf diese Weise auf sein zweites Ich aufmerksam
gemacht wurde. Im Grund wäre es ihm lieber gewesen, wenn man
überhaupt nicht auf diese merkwürdige Person aufmerksam
geworden wäre, die in letzter Zeit an vielen Orten der Welt
einsprang, wenn Not am Mann war. Kaum einer wußte oder ahnte,
daß es sich bei fast allen diesen Zwischenfällen um
Eingriffe übersinnlicher Mächte in den Alltag der
Erdenmenschen handelte.
    Resigniert faltete Morell die Zeitung zusammen und verstaute sie
in seiner Aktenmappe. Es hatte keinen Sinn, jetzt darüber
nachzugrübeln, welchen Effekt der Versuch dieses Blattes, die
Leute in Panik zu versetzen, haben würde. Man mußte
abwarten.
    Eigentlich glaubte Morell nicht daran, daß die Saat des
Blattes aufging. Eine Panik war wohl undenkbar.
    Wenn er aber ehrlich zu sich selber war, mußte er sich
eingestehen, daß er nichts mehr fürchtete, als daß
man begann, diesem Phänomen nachzuspüren.
    Er ahnte ja nicht, daß das bereits geschehen war…
     
    *
     
    »Wer spricht da?« wiederholte Jacques Estrelle seine
Frage.
    Niemand antwortete ihm.
    Es drängte ihr einige Schritte in den Raum
zurückzugehen, in dem er erwacht war. Aber unwillkürlich
fragte er sich, ob die Wand noch lange geöffnet blieb oder sich
schon bald wieder schloß.
    Das Risiko war ihm zu groß.
    Entschlossen schritt er durch die Öffnung, die sich vor ihm
aufgetan hatte.
    Ein weiter Gang dehnte sich in Blickrichtung aus. Er war
völlig kahl und machte nach wenigen Metern einen Boden, der es
Jacques nicht zuließ, ihn weiter zu verfolgen. Gleißendes
Licht herrschte. Der Meeresforscher hätte nicht zu sagen
vermocht, woher es stammte. Nirgendwo waren Lichtquellen.
    Estrelle blickte sich um.
    Hinter ihm war der kreisförmige Raum mit seiner
Taucherausrüstung. Schnorchel und Sauerstoffflaschen lagen noch
immer in einer Ecke.
    Jacques ging weiter. Es hatte keinen Wert, die Gegenstände
mit sich zu nehmen. Sie waren nicht mehr als unnützer Ballast.
Ohne daß sie einen Vorteil brachten, würde er sich an
ihnen totschleppen. Die Flaschen waren leer, und somit hatte auch der
Schnorchel seinen Nutzen verloren Jacques Estrelles Schritte hallten
in dem steril gehaltenen Gang gespenstisch wider. Er
fröstelte.
    Hinter ihm wurde die Öffnung zu dem Raum, in dem er sich
wiederfand, immer kleiner. Als er sich nach einigen hundert Metern
umwandte, erkannte er, daß ihm die Biegung des Ganges die Sicht
genommen hatte.

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