Macabros 056: Die Leichenpilze kommen
Waffe zusammengeschlagen und aus
dem Fahrzeug gestoßen. Der Überrumpelte rollte an den
Straßenrand und blieb mit blutender Kopfplatzwunde liegen.
Der nächtliche Entführer klemmte sich hinter das Steuer
und setzte mit regloser Miene die Fahrt fort.
Sein Ziel war die Ausfallstraße.
Der Fahrer verließ die große Stadt.
Der Mann hinter dem Lenkrad nannte sich Gerald Manners. Das war
nicht sein richtiger Name. Der lautete Frank Holesh.
Er gehörte zum engsten Mitarbeiter- und Vertrautenkreis des
Verlegers und Privatforschers Richard Patrick.
*
Björn eilte in den dunklen Raum, als das schmerzhafte
Stöhnen und die Rufe nach Richard Patrick sein Ohr
erreichten.
In der Dämmerung zwischen umgekippten und zerstörten
Möbeln, zwischenden Büchern und Magazinen, den
zerfledderten Zeitschriften und Inhalten aus den Schubladen eines
großen Schreibtisches kroch eine Gestalt. Hier drin sah es aus,
als ob eine Bombe explodiert wäre.
Die Gestalt auf dem Boden – war eine Frau.
Björn, der hier in diesem Palais jeden Raum, jede Ecke und
jeden Winkel kannte, war mit zwei schnellen Schritten bei der
offensichtlich Verletzten.
»Astrid!« sagte er erschreckt.
Die siebenundzwanzigjährige Frankfurterin arbeitete in
Patricks Stab als Fachautorin. Sie stellte die Berichte und
Untersuchungsergebnisse zusammen, führte das Archiv, leistete
Pressearbeit und katalogisierte.
Rani fand einen Kerzenständer mit einer Kerze. Die
zündete er an, nachdem auch hier kein Lichtschalter
funktionierte.
Astrid Reven atmete schwer. Wirr hingen die langen Haare in ihrer
Stirn. Ihre Kleidung war aufgerissen, und zahlreiche Kratzer
bedeckten ihre Hände, Arme und das Gesicht.
Björn kümmerte sich um die völlig verwirrte Frau,
die ihn aus großen Augen ansah.
»Björn – Björn Hellmark?« fragte sie
leise und verwirrt, und langsam schien die Erinnerung
zurückzukehren.
»Ja, ich bin’s, Astrid. Was ist hier geschehen? Wo sind
die anderen?«
»Weg… entführt… offensichtlich auch Patrick,
ich habe ihn gerufen, er antwortet mir nicht…« Ihre Worte
kamen stockend.
»Wie ist das passiert, Astrid?«
»Weiß nicht… die Pilze… plötzlich waren
sie überall. Schrecklich…«
Björn und Rani wechselten einen Blick. Wußte die junge
Frau, was sie da sagte, oder war sie noch immer in einem Zustand
zwischen Wachen und Träumen, wo man ihre Ausführungen mit
einiger Skepsis hinnehmen mußte?
»Pilze? Was für Pilze?« wollte Hellmark wissen.
Er war der jungen Frankfurterin behilflich, auf die Beine zu
kommen. Astrid Reven zitterte noch am ganzen Körper. Der Schreck
steckte ihr in allen Gliedern.
»Groß wie Bäume, Björn… Die
Pilzköpfe hatten einen Umfang von mindestens fünf bis sechs
Metern. Die Pilze hatten Augen, Arme und Beine… sie bewegten
sich. Sie haben das ganze Haus panikartig überfallen…«
Die junge Frau beschwor das schaurige Bild einer Invasion herauf, wie
sie aus einer phantastischen Geschichte stammen konnte.
»Alle haben geschlafen… plötzlich ein ungeheurer
Lärm im Haus. Türen wurden zugeschlagen, Fenster
zersprangen… Möbel wurden umgeworfen und Schreie waren zu
hören… Die Pilze schlugen die Einrichtungen kurz und klein,
entführten die Freunde, die nicht mehr rechtzeitig entkommen
konnten. Ich floh hierher in diesen Raum und konnte mich verstecken.
Ich entging wie durch ein Wunder dem Zugriff durch die unheimlichen,
nächtlichen Gäste. Sie demolierten auch diesen Raum, aber
sie mußten nicht mehr die Zeit dazu gehabt haben, auch mich
noch mitzunehmen. Vielleicht haben sie mich auch übersehen. Ich
stand im Dunkel und war unfähig, auch nur einen Laut von mir zu
geben, obwohl ich schreien wollte. Ich war wie gelähmt,
Björn… Vielleicht hat mir dies das Leben gerettet… sie
haben mich in ihrer Wut übersehen… Die Farm… Patrick
hatte etwas mit der Farm vor. Ich kriege das dumme Gefühl nicht
los, daß die Farm eine bedeutungsvolle Rolle spielt.«
»Welche Farm?« hakte Hellmark sofort nach.
»Die Tannen-Farm, gute fünfzehn Meilen von hier
entfernt. Richard Patrick äußerte die Befürchtung,
daß von dort ›die Rächer‹ kommen könnten,
wie er sich ausdrückte.«
»Wann hat er das geäußert?«
»Vor zwei oder drei Tagen…«
»Dann höchstens vor zwei«, murmelte Björn. So
lange hatte er den Freund nicht mehr gesehen. Und es gab
schließlich nichts, was sie sich gegenseitig verschwiegen.
Glaubte er…
Richard gefährdet. Es war absurd anzunehmen, daß von
ihm
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