Macabros 056: Die Leichenpilze kommen
Sie sich ruhig!« zischte der
Fremde.
Rooney preßte die Lippen zusammen. Sein Körper war
steif wie ein Brett.
Da wurde die Tür geöffnet.
»Dr. Rooney, Miss Brado… schnell, sie braucht Hilfe. Doc
– schlafen Sie?« Die Schwester übertrat die Schwelle
und kam ganz in den Raum. Es ging blitzschnell. Sie sah den Fremden
mit der Waffe nicht.
Der streckte seine Linke aus, packte die Krankenschwester am Arm
und riß sie vollends in den Raum.
Sie kam nicht mal mehr zum – Schreien. Der Eindringling
handelte gnadenlos.
Ein kurzes, kaum vernehmliches »Plopp« ertönte.
Ein erstaunter, ungläubiger Ausdruck erschien auf dem Gesicht
der Frau.
Sie taumelte und fiel nach hinten. Dr. Rooney konnte es nicht
fassen. Mechanisch tat er einen Schritt nach vorn und fing die
Getroffene auf. Die weiße Bluse war genau in Herzhöhe
durchschossen. Ein roter Fleck vergrößerte sich dort.
»Sie haben… sie haben Sie… getötet«,
stammelte Rooney. »Aber warum? Sie hat Ihnen doch nichts getan!
Sie…«
»Sie hätte reden können. Ich war auf einen solchen
Zwischenfall nicht eingerichtet.«
Dr. Rooney erkannte, daß er nichts mehr tun konnte. Er
ließ die Tote langsam auf die Liege gleiten, auf der er in
dieser Nacht bisher kaum zum Schlafen gekommen war.
»Mörder! Sie Verbrecher, Sie…«
»Zähmen Sie Ihr Temperament, Doktor! Ich habe keinen
Grund, Ihnen das Leben zu erhalten. Ich bin gekommen, weil ich etwas
von Ihnen wollte. Verlieren wir nicht das Notwendige und Wichtige aus
dem Auge. Ich will Carminia Brado! Rufen Sie einen Ambulanzwagen und
verlegen Sie, daß die Operierte auf der Stelle von hier
weggebracht wird!«
»Und wohin?«
»Das Ziel bestimme ich. Ich werde den Fahrer begleiten. Nun,
Doc, ich habe Ihre Zustimmung?«
Rooney nickte. Er gab dem Wahnsinnigen nach, um das eigene Leben
nicht zu verlieren.
*
Der Eindringung verlangte einen weißen Anzug und verpackte
seine eigenen Kleider in eine Aktentasche, die er sich ebenfalls ohne
zu fragen aus Rooneys Besitz nahm.
Gemeinsam gingen die beiden Männer in den Raum, wo Carminia
Brado an Infusionen angeschlossen war. Mehrere Schläuche
führten in ihren Körper. Ihr Kopf war verbunden, sie hatte
die Augen geschlossen. Sie atmete wieder, allerdings flach und
unregelmäßig. Ihr Herz schaffte nur fünfzig
Schläge in der Minute.
Der Ambulanzwagen war informiert. Der Fahrer wartete vor dem
geöffneten Hintereingang. Nur Dr. Rooney war über das
informiert, was hier über die Bühne gehen sollte.
Der Fremde deutete ihm an, die fahrbare Bahre heranzurollen, die
inzwischen beigeschafft worden war.
»Sie wird das nicht durchhalten«, appellierte Rooney
noch mal an das Gewissen und das Gefühl dieses Mannes. Aber
dessen Herz war so kalt wie seine glitzernden, an geschliffene
Eiskristalle erinnernden Augen. »Sie braucht diese Behandlung.
Das ist ihre einzige Chance…«
»Schweigen Sie!« zischte der andere eiskalt.
Mit harter Hand riß der Fremde die Schläuche ab, durch
die die lebenswichtigen Medikamente tropften. »Packen Sie sie
auf die Bahre, los!«
Doktor Rooney gehorchte widerwillig und voll zorniger
Ohnmacht.
*
Alles lief wie am Schnürchen.
Niemand beobachtete ihre Vorkehrungen. Auf einer Bahre wurde die
schwerverletzte Carminia Brado in das bereitstehende Krankenfahrzeug
gebracht.
Rooney selbst verschloß die Tür.
Der fremde Besucher ging noch mit dem Chirurgen bis in den
Korridor zurück. Es war abgesprochen, daß Rooney in sein
Zimmer gehen sollte. Der Fremde stand hinter ihm.
»Dann verabschiede ich mich noch von Ihnen, Doc. Vielen Dank
für Ihre Hilfe. Eine Kleinigkeit bleibt noch zu tun, damit Sie
nicht auf die Idee kommen, das Krankenfahrzeug verfolgen zu
lassen.«
Etwas Hartes krachte auf Rooneys Hinterkopf. Der Arzt ging in die
Knie und blieb, ohne einen Laut von sich zu geben, reglos liegen.
Der Mann mit den kalten Augen und dem scharf geschnittenen
Gesicht, in dem jegliche Regung fehlte, steckte seine Waffe ein und
eilte aus dem Hospital. Er nahm den Platz neben dem Fahrer ein.
»Ich nenne Ihnen das Ziel. Fahren Sie vorn an der Kreuzung
rechts ’rein«, verlangte der Fremde, von dem der Fahrer
glaubte, daß es sich um einen Arzt des Hospitals handelte.
Vier Straßenzüge weiter wußte er, daß er
sich getäuscht hatte. Aber da gab es keine Gelegenheit mehr, den
Fehler auszubügeln. Der Fahrer mußte plötzlich
halten. In einer schmalen, dämmrigen Seitenstraße wurde er
hinter dem Steuer mit dem Knauf der
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