Macabros 059: Die menschenfressenden Schatten
gerade aufrichtete und die Szene voll im Blickfeld
hatte, wurde Zeuge einer eigenartigen Verwandlung.
Der Mensch mit dem furchterregenden Totenkopf hielt ein braunes,
strumpfartiges Tuch in der Hand.
Er war ein Mensch aus Fleisch und Blut!
Unter der Maske kam ein sympathischer Blondschopf hervor, ein
markant geschnittenes Gesicht, wie das eines Wikingers, der sich eine
faszinierende Jungenhaftigkeit bewahrt hatte.
Frank Holesh blickte in blaue, freundliche Augen.
Die Furcht und die Schwäche, die ihn noch eben erfüllt
hatten, schwanden blitzartig.
Ein kaltes Licht glitzerte in Holeshs Augen.
Er reagierte in der gleichen Sekunde, als das ihn erschreckende
und lähmende Etwas, das er in diesem Geistergesicht gesehen
hatte, verschwunden war.
Holesh riß das rechte Bein empor und jagte Hellmark mit
voller Wucht das Knie in den Unterleib.
Björn stöhnte und krümmte sich nach vorn.
Holesh riß sofort die Arme hoch, um sie mit voller Wucht auf
Hellmarks Schultern herabsausen zu lassen.
Björn reagierte trotz heftiger Schmerzen, die wie Feuer in
seinem Leib brannten, in der gleichen Sekunde.
Er blockte den Angriff von Holeshs Armen ab, machte eine
blitzartige Drehung zur Seite und ließ seine Rechte in Aktion
treten.
Holesh wußte nicht, wie ihm geschah.
Hellmarks Faust traf voll die Kinnspitze des Angreifers. Frank
Holesh flog zurück wie von einem Dampfhammer getroffen.
Er landete am linken Kotflügel von Fishers LKW, und das
Geräusch, das dabei entstand, erinnerte an einen orientalischen
Gong.
Der Dämonenbesessene, der freiwillig in Molochos’
Gefolgschaft gekommen war, verdrehte die Augen, gab einen dumpfen
Laut von sich und rutschte dann langsam an dem Kotflügel auf den
Boden.
Hellmark hatte den obligaten Punkt am Kinn getroffen.
»Tut mir leid«, bemerkte der blonde Mann ernst, neben
Holesh in die Hocke gehend, »so habe ich mir unser gemeinsames
Gespräch nicht vorgestellt.«
Holesh konnte darauf keine Antwort geben. Er war geistig
weggetreten.
Björn erhob sich. Henry Fisher kam auf ihn zu.
Der Verkaufsfahrer wirkte irritiert und ratlos. »Vielen
Dank«, sagte er leise, Hellmark von Kopf bis Fuß musternd.
»Sie haben mir das Leben gerettet. Ich hatte keine Chance gegen
ihn… er ist ein Teufel, ich bin ihm schon mal begegnet… er
verfügt über magische und satanische Kräfte
und…«
In Fishers Augen flackerte plötzlich ein unruhiges Licht. Er
starrte auf Hellmarks Linke, mit der er gerade heimlich die
unscheinbare, strumpfähnliche Dämonenmaske in der
Hosentasche verschwinden lassen wollte. »Ich verstehe nicht,
wieso… ich meine… Sie sahen vorhin schrecklich aus…
wie kam das, überhaupt: wer sind Sie, wieso helfen Sie mir
und…?«
Fisher fehlten die Worte.
Björn Hellmark konnte gut verstehen, was in diesem
völlig verwirrten Mann vorging. Fisher hatte einiges beobachtet,
was ihm nicht in den Kopf ging. Die Vorgänge hatten ihn mit
elementarer Wucht getroffen, und so war es Hellmark unmöglich
einfach darüber hinwegzugehen.
»Ich bin Ihnen zu großem Dank verpflichtet«,
leitete er seine Ausführungen ein.
Fisher meinte, nicht richtig zu hören. »Mir? Aber,
wieso…?«
»Sie haben Unerschrockenheit gezeigt und trotz Androhung von
Rache durch Frank Holesh getan, was Sie für richtig hielten. Sie
haben menschlich gehandelt, als Sie sich entschlossen, das Versteck
im Wald dem Sheriff preiszugeben…«
Da ging Fisher ein Licht auf. »Die junge Frau, die ich dort
entdeckt habe – hat mit Ihnen zu tun…«
»Es ist die Frau, die ich liebe, und von der ich hoffe,
daß sie leben wird. Der Kampf um ihr Leben hat begonnen…
hoffentlich nicht zu spät. Sicher aber wäre sie jetzt schon
tot, hätten Sie das Versteck nicht entdeckt und
preisgegeben…«
Björn erwähnte nichts davon, daß Carminia Brado
nach menschlichem Ermessen bereits nicht mehr unter den Lebenden
weilte. In dem Augenblick, als die Ärzte sie im Hospital in
Empfang genommen hatten, versagte ihr Organismus den Dienst. In der
gleichen Sekunde tauchte Hellmarks Zweitkörper Macabros wie ein
Geist auf, erkannte die bedrohliche Situation und tat etwas, was nur
ein Mensch tun könnte, der völlig verzweifelt das Letzte
unternahm. Auf Marlos, der unsichtbaren Insel, ein Bollwerk gegen die
bösen Mächte, die sich überall in der Welt
breitzumachen drohte, lebten seit kurzer Zeit erst zwei junge Frauen.
Sie verfügten über eine besondere Gabe: nur in ihrer
Gemeinsamkeit, in der Ergänzung der in ihnen
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