Macabros 063: Die Feuerbestien aus Kh'or Shan
Sie war jung und trotz ihres
lädierten Aussehens und des wild in ihrem Gesicht hängenden
Haares von urwüchsiger Schönheit. Ihre rechte
Gesichtshälfte war geschwollen und blau unterlaufen, und statt
eines ehemals weißen, für festliche Gelegenheiten
bestimmten Kleides trug sie nur noch verkohlte Fetzen auf dem
Leib.
Mit zitternden Knien ging Susan in die Hocke. »Wer sind
Sie?« fragte sie stockend. »Wo kommen Sie her?«
Die Fremde atmete abgehackt. Mehrmals setzte sie zum Sprechen an,
aber dann erkannte Susan, daß ihr einfach die Kraft fehlte, die
Worte herauszubringen.
»Catherine«, murmelte die auf dem Boden Liegende
schließlich. »Ich… heiße Catherine…«,
der Blick der Sprecherin suchte Susan Andrews’ Augen. »Und
wer… sind Sie? Ich hab’ Sie… nicht auf… der…
ANTOINETTA… gesehen.«
Zwischen den Augen der braunhäutigen Jazzsängerin
bildete sich eine steile Falte. »ANTOINETTA?« echote sie.
»Wen oder was meinen Sie damit?«
Susan war der Fremden behilflich sich aufzurichten. Dem Akzent in
der Sprache nach handelte es sich um eine Französin.
»Die Yacht… sie ist doch untergegangen… Wissen Sie
das nicht? Natürlich… wenn Sie darauf kein Passagier
gewesen sind… können Sie auch davon… keine Ahnung
haben. Wo sind wir hier? Was ist dies für eine… Insel? Was
sind das für… Feuermenschen… die Marcel…
getötet haben?«
All das, was Catherine sagte, war für das Halbblut ein Buch
mit sieben Siegeln.
»Ich heiße Susan. Wir hatten Pech. Unser Ballon ist in
das Unwetter geraten und durch die emporgeschleuderten Lavabrocken in
Brand gesetzt worden.« Sie berichtete von dem Zwischenfall, der
sie auf dieses winzige Eiland verschlagen hatte, das so viele
geheimnisvolle Zeichen aufwies.
Im ersten Moment sah es so aus, als ob Catherine die einzige sei,
die den Schiffbruch mit heiler Haut überstanden hatte. Wie sie
hierher gekommen war, wußte sie nicht mehr.
Dann hörten sie beide ein leises Stöhnen hinter dem
bizarren Hügel, der sich nur wenige Schritte von ihnen entfernt
befand.
»Philipp!« entrann es wie ein Hauch den Lippen der
Französin.
Ein Schatten bewegte sich neben dem Hügel. Der Kopf eines
Mannes wurde sichtbar. Zerzaust die Haare, voller Schmutz und
Ruß. Sein Gesicht war zerkratzt, eine Augenbraue aufgerissen.
»Philipp«, kam es noch mal aus Catherines Mund. »Er
ist’s. Er lebt…«
Irritiert blickte der dunkelhaarige Mann sich um. Von dem
festlichen Anzug, den er noch auf der ANTOINETTA getragen hatte, war
nichts mehr zu sehen. Die Hose sah aus, als ob sie durch einen
Schlammsee gezogen worden wäre. Die Hosenbeine waren
aufgerissen, die helle Haut schimmerte durch zahlreiche Löcher
und Risse. Das Jackett war nur noch ein verkohlter Rest, den er mit
Fingerspitzen vom zerfetzten Hemd pflücken konnte.
Er richtete sich auf, und es war deutlich zu sehen, wie schwer es
ihm fiel, sich auf den Beinen zu halten. Er gab sich Mühe, seine
Schwäche nicht merken zu lassen.
Philip kam auf Catherine zu. Er hatte nur Augen für sie. Im
ersten Moment nahm er gar nicht die fremde, dunkelhäutige Frau
in der Nähe wahr.
Um seine Lippen zuckte es. »Catherine«, sagte er heiser.
Er ging neben ihr in die Hocke, und ohne noch ein einziges Wort zu
sagen, umarmte und küßte er sie.
Catherine weinte.
»Nicht weinen, Catherine. Wir leben. Wir sind noch mal
davongekommen. Es wird alles gut werden.«
»Das stellst du dir zu einfach vor, Phillip. Sieh’ dich
um… das ist die Hölle… das kann nicht die Welt
sein…«
»Wir haben den Schiffbruch überstanden, Catherine –
und wir werden auch das hier überstehen… Hat irgend jemand
sonst noch außer uns…«
Er unterbrach sich. Jetzt fiel sein Blick auf die fremde Frau. Man
sah ihm fröhlich an, wie er sich das Hirn zermarterte und
darüber nachdachte, ob er das Halbblut auf der ANTOINETTA
gesehen haben könnte.
Susan schien seine Gedanken zu erraten. »Ich war nicht auf
der Yacht, Sir. Mich hat’s auf andere Weise hierher
verschlagen…« Sie erzählte auch ihm, wie alles
gekommen war.
»Wie haben wir’s geschafft?« hakte Catherine sofort
nach. Ihre Stimme klang bereits sicherer. Man merkte ihr deutlich an,
daß sie während der letzten Minuten zu Kräften
gekommen war und sich bemühte, ihre Situation zu erkennen und
das Beste daraus zu machen.
»Ich krieg’ es nicht mehr völlig
zusammen…«, entgegnete Phillip darauf. »Es ging alles
viel zu schnell… ich kann mich nur noch daran entsinnen,
daß
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