Macabros 063: Die Feuerbestien aus Kh'or Shan
Besprechung
mit einem anderen Wissenschaftler.«
Das hörte sich ganz plausibel an. Dennoch war Rani Mahay
davon überzeugt, daß sein Gegenüber ihm die Wahrheit
verschwieg.
»Der Mann, den ich angerufen habe, Senor, wird sofort wieder
zurückrufen. Bitte gedulden Sie sich zwei oder drei Minuten.
Länger kann es auf keinen Fall dauern…«
Es dauerte länger. Es dauerte zehn Minuten.
Hier stimmte etwas nicht…
Mahay hätte einfach davongehen und behaupten können,
daß ihm das Warten zu lang wurde. Unter irgendeinem Vorwand
hätte er auch einfach eine Nachricht für Merthus
hinterlassen können. Doch damit war das Problem nicht aus der
Welt geschafft. Es war unbedingt eine Begegnung erforderlich.
Hellmark legte allergrößten Wert darauf.
Er ließ sich ein Glas Sangria und ein Schäfchen mit
Eiswürfeln geben. Lustlos rührte er in der roten
Brühe.
Da schlug das Telefon erneut an.
Seit dem ersten Anruf des Portiers war eine Viertelstunde
vergangen.
Sofort nach dem ersten Klingelzeichen nahm der Mann hinter der
Rezeption ab. »Ruege, Hotel ›San Christoban‹… ah,
si, Senor… das ist richtig… ich hatte auf Ihren Anruf
gewartet. Gut, wunderbar… si, ich werde es ihm ausrichten.
Grazias.«
Er legte auf und wandte sich dem wartenden Rani Mahay zu.
»Sie haben Glück«, der Mann spielte seine Rolle
ausgezeichnet. Er wirkte erleichtert und zufrieden. »Professor
Merthus hat sich gemeldet. Er kommt sofort. Man hat mich gebeten,
Ihnen die Schlüssel seines Zimmers auszuhändigen. Sie
sollten es sich dort gemütlich machen und auf ihn warten. Er ist
bereits unterwegs. Es kann höchstens noch zehn Minuten dauern,
bis er hier eintrifft. Manchmal haben die Taxis es schwer, durch die
verstopften Straßen am Strand zu kommen…« Er
lachte.
Mit diesen Worten nahm er den Schlüssel vom Haken und reichte
ihn Rani Mahay über die Theke.
Der Inder nahm den Zimmerschlüssel entgegen. Er trug die
Nummer 203.
»Das liegt im zweiten Stockwerk, Senor. Wenn ich Sie
begleiten soll…«
Rani winkte ab. »Das ist nicht nötig, grazias. Ich
find’ mich schon allein zurecht. Vielen Dank für Ihre
Bemühungen, Senor!«
Mahay stieg die gewundene Treppe nach oben.
Die Nachdenklichkeit wich nicht von ihm. War sein Verdacht
unbegründet? Bildete er sich etwas ein? Hing es damit zusammen,
daß plötzlich Dinge in Erscheinung traten, die Björn
offensichtlich irritierten, weil sie unzeitgemäß
waren.
Er würde bald mehr wissen. Er nahm sich vor auf der Hut zu
sein…
Als er um die Treppenbiegung verschwand, öffnete sich wie
durch Zauberei die schmale Tür hinter der Rezeption.
Eine Frau mit einem starken Busen, der von einer weißen
Kittelschürze eingeengt wurde, erschien auf der Schwelle. Die
Frau hatte schwarzes, streng gescheiteltes, nach hinten
gekämmtes und im Nacken zusammengebundenes Haar.
Sie nagte nervös an ihrer Unterlippe. »Ist er weg?«
wisperte sie kaum hörbar.
Der Portier legte rasch den Finger an den Mund und nickte.
»Si«, entgegnete er nur.
Schweigen. Sie lauschten beide den sich entfernenden Schritten des
Besuchers.
»Bist du dir ganz sicher?« fing die Mollige wieder zu
sprechen an. Sie hatte ihre Stimme gesenkt, so daß gerade der
Portier sie verstehen konnte. »Ist es wirklich kein Irrtum? Ich
darf nicht daran denken, was für Unannehmlichkeiten es nach sich
zieht, wenn du dich getäuscht hast…«
»Unsinn! Ich weiß, was ich gesehen habe. Dieser Mann
– ist einer der Fremden, die in den vergangenen Tagen mehrmals
hier gewesen sind, ehe das mit dem Professor geschah…«
*
Er suchte umgehend die Geisterhöhle auf.
Hohl klangen seine Schritte durch die ewige Dämmerung der
Höhle, die sich zu einem tempelartigen Saal erweiterte.
Pyramidenförmig stiegen schmale Marmorstufen vor ihm in die
Höhe. Auf ihnen standen zahlreiche steinerne Throne, die mit
fremdartigen Namen versehen waren. Die steinernen Sitze waren nicht
leer – bis auf einen ganz oben auf der Spitze der
Treppenpyramide.
Auf den Stufen, die nach oben führten, wurde Björn
Hellmark von den Skeletten auf den Thronen flankiert. Dies waren die
knöchernen Überbleibsel jener Priester und Weisen, die
einst in dem hochzivilisierten Xantilon eine besondere Rolle
spielten. Als der Untergang nicht aufzuhalten war, zogen die sich in
eine Höhle zurück, wo sie von den finsteren Mächten
nicht erreicht und vernichtet werden konnten. Die Weisen und Priester
waren hierher gekommen, um zu sterben. Über den Tod hinaus
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