Macabros 064: Es erwacht der Ursen-Wahn
Tempelhalle finden… und die steinernen
Platten…«
Hellmark nagte an seiner Unterlippe. Je länger er sich hier
aufhielt, desto klarer wurden die Bilder in seiner Erinnerung.
Pepe sah sie mit einem ungläubigen Blick an. Er begriff nicht
ganz, was hier vorging. Und Björn zog es vor zu
schweigen…
Gemeinsam lösten sie sich von der Treppe. Es waren gut
zwanzig Schritte, dann schälten sich aus dem goldenen Licht die
Umrisse eines Tempels, wie ein Künstler ihn nur im Traum gesehen
haben konnte.
Mehrere Altäre, goldene Nischen, Standbilder von erhabener
Schönheit. Steinerne Sitzbänke, die sich halbrund vor dem
größten der Altäre formierten.
Spiralförmige Säule wuchsen von einem zentralen
Mittelpunkt aus in alle Himmelsrichtungen und wirkten wie ein
überdimensionaler Kristall, der in seinem Farbenspiel und
Formenreichtum unübertroffen war.
Regenbogenfarbene Lichtbrücken spielten zwischen den
Kristallsäulen, und im Innern dieses Tempels gab es runde
Brunnen, in denen farbiges Wasser leise plätscherte.
Jeder Winkel, jede Ecke, jedes Bild war ihnen vertraut. Carminia
und Björn wußten genau, wohin sie sich wenden
mußten.
Mitten vor dem Altar gab es eine Mulde, in runde, kopfgroße
Goldplatten eingelassen waren, in denen Diamantsplitter
funkelten.
Dies war ihr Ziel.
Jede Platte war lose in einen Rahmen eingelegt. Man konnte sie
bequem herausheben.
Die runden Goldplatten ähnelten sich nur in ihrer Form und
Größe. Alles andere war unterschiedlich. Die Anordnung der
Diamanten die feine Ziselierungen, die Gravuren. Phantastische Bilder
und Darstellungen standen im Mittelpunkt.
Auf einer Goldplatte war ein Berittener zu erkennen, der mit einer
Lanze sich einem riesigen Ungetüm näherte, um ihm den
Garaus zu machen. Eine andere Platte zeigte eine betende Frau, die
vor einem geschmückten Altar kniete. Eine dritte Platte wies
über zwei geöffneten Blütenkelchen zwei
wunderschöne Schmetterlinge auf, die in freiem Flug darüber
hinwegschwebten. Mit verschiedenfarbigen Brillanten waren die
Flügel besetzt, so daß sie regenbogenfarbig
schimmerten.
Björn nahm diese Platte heraus. Darauf waren zwei
verschnörkelte Initialen ( zu erkennen, die auf dem
Schmetterlingsflügel im Doppel wiederkehrten.
Carminia Brado schluckte. Sie deutete auf den linken
Schmetterling, in dessen Flügel die orangefarbenen Diamanten
überwogen. Türkisfarben setzte sich die verschnörkelte
Initiale ab.
»L-o-a-n-a…«, murmelte die Brasilianerin, ihren
rechten Zeigefinger auf die betreffende Initiale setzend. »Loana
– die Tochter des Hestus…«
Björn legte seinen Zeigefinger auf den anderen Flügel.
Der schimmerte mehr türkisfarben durch die Vielzahl der in
dieser Farbe leuchtenden Diamanten. Die Initiale dort war
orangefarben abgesetzt. »K-a-p-h-o-o-n…«, klang es wie
ein Hauch aus Hellmarks Mund. »Kaphoon – der Sohn des Toten
Gottes…«
In dieser Sekunde war es ihnen, als ob ferne Vergangenheit
für sie lebendig würde. Gleichzeitig setzte die Erinnerung
ein.
Carminia und er – waren schon mal hier gewesen. Vor vielen
Jahrtausenden. Nicht als Carminia, nicht als Björn… sondern
als Loana, die Tochter des Hestus und Kaphoon, der Sohn des Toten
Gottes. Sie waren sich schon mal begegnet – in ihrem ersten
Leben. Und jetzt wurde es ihnen bewußt. Hier, am Ort dieser
Begegnung…
*
Panik erfüllte ihn. Die Angst krallte sich wie eine Klaue in
sein aufgeregt pochendes Herz.
Sauerstoff!
Alle seine Sinne schrien danach. Rundum aber war Wasser. Er konnte
nicht nach oben schwimmen, er war kunstgerecht gefesselt. Die Ursen
hatten ganze Arbeit geleistet.
Strudel und Sog rissen ihn in die Tiefe. Maschinenteile und
Planken, die von der ESMERALDA stammten, wurden mit ihm
herabgezogen.
Rani Mahay überschlug sich mehrmals. Mit dem Eintauchen ins
Wasser hatte er seine Lungen mit Luft gefüllt. Doch der
Sauerstoff brauchte sich auf. Erschreckend schnell. Seine Lungen
drohten zu platzen.
Er mußte nach oben!
Er spannte seine Muskeln an. Das kostete neuen Sauerstoff.
Sekunden wurden zu Ewigkeiten…
Er mobilisierte alle ihm zur Verfügung stehenden Kräfte.
Aber die reichten nicht aus, die Fesseln zu sprengen.
Dicht neben ihm sackte eine schwarze Wand in die Tiefe. Der Bug
der ESMERALDA. Dicke Nägel ragten aus der zersplitterten
Verkleidung.
Er hakte seine Fesseln ein und riß mit äußerster
Kraft daran. Es gab einen kurzen, scharfen Ruck. Deutlich war zu
spüren, daß mehrere Fasern der
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