Macabros 068: Apokalyptas erste Version
der die Luft
erfüllte. »Sie ist keine Gigantin, nicht so, wie sie sich
hier zeigt! In Wirklichkeit steht sie dort oben auf dem Balkon des
mittleren Turmes und blickt auf euch herab. Sie amüsiert sich
über eure Angst und euer Grauen. Lauft nicht davon! Seht ihr sie
denn nicht!«
Nein, die da liefen, sahen sie nicht. Für sie war Apokalypta
– unsichtbar.
Arson und Rani Mahay konnten ganz deutlich beobachten, wie
schließlich nur noch Kaphoon und Björn Hellmark
aufeinander zugingen. Kaphoon, der Namenlose, der Sohn des Toten
Gottes, war mit dem gleichen Schwert bewaffnet, das auch Hellmark in
seinen Händen hielt.
Kaphoon hatte sich auf sein Pferd gezogen und preschte Hellmark
mit gezückter Waffe entgegen.
Björn gab mit jeder Geste seines Körpers und seinen
spöttischen Worten zu verstehen, daß er von dem Mann, der
sich da anmaßte, Apokalyptas Thron umzustoßen, nicht viel
hielt.
»Komm schon her, du Feigling!« hörte man deutlich
Hellmarks Stimme durch die klare Luft hallen. Das Schlachtfeld war
leer. Die, die vorhin noch jeden Quadratzentimeter Boden bedeckten,
waren verschwunden und in heller Panik geflohen. Die Kriegsherrin
Apokalypta, in deren Adern reines Dämonenblut floß,
löste sich von einem Augenblick zum anderen auf wie ein
Schatten.
Der Kampf zwischen Kaphoon und Hellmark nahm seinen Anfang.
Zwei gleichwertige Gegner fielen übereinander her. Was sich
vor kurzem Hellmark noch als eine Vision in jener Burghalle gezeigt
hatte, wurde nun knallharte Wirklichkeit.
Ihm gegenüber war diese Frau, die er meinte zu lieben und
ohne die er nicht sein konnte, nicht mehr daran interessiert, nur
hypnotische Bilder zu zeigen, sie konfrontierte ihn mit einer
Wirklichkeit, um ihr eigenes Dasein zu verbessern und sich die
bestmöglichen Voraussetzungen für weitere Aktionen zu
schaffen.
Sie hetzte Kaphoon und Hellmark aufeinander.
Kaphoon war ihr Feind. Als einziger schien er zu erkennen,
daß sie verletzbar war, als einziger schien er zu wissen,
daß er sie aus diesem Land vertreiben konnte, in dem sie sich
scheinbar widerrechtlich aufhielt. Aber es gab offensichtlich keine
für sie greifbare Möglichkeit, diesen Feind auf
natürliche Weise zu hindern. Es gab in dieser Burg ganz
offensichtlich niemand, der es wagen konnte, mit Kaphoon ein Duell
auszutragen. Kaphoon selbst schien irgendein Schutzmittel gegen die
grausamen Visionen zu besitzen, die Apokalypta zu schicken imstande
war.
Dort unten vor dem Burggemäuer erbrannte ein erbitterter
Kampf. Die Schwerter schlugen aufeinander, Funken sprühten, und
das helle Singen der Klingen erfüllte die Luft.
Die Tatsache, daß Hellmark von Anfang einen deutlichen
Vorteil gegenüber Kaphoon gewann, veranlaßte Rani Mahay,
noch abzuwarten und nicht einzugreifen. Er wußte nicht, wie
sein Auftritt hier sich auswirkte und in welche Gefahr er
möglicherweise alle brachte.
Bisher sah es so aus, als ob Björn nur noch eine Marionette
der Apokalypta sei und genau deren Willen erfülle. Direkte
Todesgefahr bestand nicht, solange er so vorzüglich und
geschickt kämpfte, um den vermeintlichen Gegner zu
vernichten.
Hellmark schlug die tollsten Kapriolen. Von Kaphoon sagte man,
daß er ein hervorragender Kämpfer sei, aber es schien, als
ob Hellmark die Eleganz und Brillanz des Kampfes noch überbot.
Er führte sein Schwert mit Bravour, und Kaphoon hatte Mühe,
den kraftvoll geführten Schlägen auszuweichen.
Hellmark rochierte ständig. Es war ungeheuerlich, was er sich
an Kräften abforderte.
»Er wird es schaffen«, murmelte Apokalypta ihrem
Begleiter zu. »Er wird ihn schlagen und damit die Seele
auslöschen, die sein späteres Leben in einer anderen Zeit
und auf einem anderen Kontinent bestimmen wird.«
Also doch – Lebensgefahr für Hellmark!
Doch eine Bemerkung Apokalyptas widersprach der anderen. Hatte sie
nicht selbst gesagt, daß sie diesen Mann für alle Zeiten
bei sich behalten wolle, daß er – wenn Kaphoon
tatsächlich durch seine eigene Hand starb – Björn an
ihrer Seite behielt und damit die Gegenwart und die Zukunft der Erde
entscheidend veränderte?
Rani wußte nicht, was er von der ganzen Situation halten
sollte. Was er sah, was er erlebt hatte, war zu wenig, als daß
er sich ein umfangreiches Bild von der Macht und vom Können
dieser dämonischen Kriegsherrin machen konnte.
Arson schien es nicht anders zu gehen.
Aus den Augenwinkeln nahm Rani Mahay seinen silberfarbenen Freund
wahr, der sich, gleich ihm, auf der anderen Seite des
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