Macabros 071: Spinnenritter greifen an
Frage der Zeit war.
Diese Zeit hatte Hestus, ein weiser Herrscher auf einsamem
Kontinent, der vor mehr als zwanzigtausend Jahren existierte, schon
vorausgesehen.
Er sprach von »Raketenbasen« und »waffenstarrenden
Festungen«… Alles Begriffe, die es eigentlich zu seiner
Zeit in dieser Form noch nicht gegeben hat.
»Der Spiegel gehört euch«, machte sich Hestus noch
mal bemerkbar. »Bedient euch seiner, so oft ihr in der Lage dazu
seid, und lernt mit ihm umzugehen. Er wird als Instrument für
euch unentbehrlich und wichtig sein, euch aber nicht die
Entscheidungen und Abenteuer abnehmen, die gerade durch ihn
provoziert werden. Wenn dieser Spiegel in die Hände der
rechtmäßigen Erben gelangt, sind mehr als zwanzig
Jahrtausende vergangen. So haben es die Weisen prophezeit. Davon gehe
ich aus und muß warnend hinzufügen: In zwanzigtausend
Jahren kann sich manches verändern, auch wenn die Dinge noch so
genau bedacht und gelöst wurden. Der reife Geist
verantwortungsbewußter Geschöpfe dieses Gartens hat den
Spiegel geschaffen. Es ist keine Sekunde daran zu zweifeln, daß
die finsteren Mächte alles daransetzen werden, diesen Ort hier
zu erreichen, den Spiegel zu verändern oder gar zu
zerstören. Wir haben – so glaube ich jedenfalls – das
Für und Wider abgewogen und alle Sicherungen eingebaut, um einen
solchen Fall zu verhindern. Dennoch kann der Spiegel sich selbst
infolge seiner Substanz verändert haben, und es ist nicht
sicher, ob alle Segmente noch so hundertprozentig funktionieren, wie
sie geplant waren. Der Spiegel ist trotz seiner Größe ein
feines, diffiziles Instrument, gesponnen aus den Fäden des
Geistes, die in ihrem Zusammenwirken im Lauf einer langen Zeit auch
Veränderungen und Schwankungen unterliegen können. Dies
muß ich euch sagen, davor muß ich euch warnen. Viel
konnten auch wir durch unsere Schau in die Zukunft erkennen –
aber nicht alles sehen, was wir gern gesehen hätten. So ist das,
was ich euch übergeben kann, immer noch etwas Unvollkommenes,
weil Menschen es schufen. In vielen Jahrtausenden können sich
Bedingungen für die Dämonen ebenso verändert haben wir
für die Menschen. Im großen Zusammenspiel der Kräfte
können sich entscheidende Faktoren geändert haben. Wie sich
das auf die einzelnen Segmente und ›Stationen‹, die durch
diese Segmente in allen Teilen der belebten Welt der dritten
Dimension – und nur dieser! – auswirkt, das blieb uns
seinerzeit recht undurchsichtig, und ich kann darüber keine
verbindliche Aussage machen. Ich wünsche euch Glück.
Glück, mit dem Spiegel des Geistes, der wie ein großes
Empfangsinstrument zu sehen und in der Lage ist, gefährliche,
tödliche Situationen für einzelne, für Gruppen,
für ganze Völker aufzuspüren und denjenigen, der
helfen kann, helfen will, dorthin zu versetzen. Hestus wünscht
euch Glück! Euch beiden – Kaphoon und Loana, die ihr in
einem zweiten Leben wieder vereint sein werdet…«
Die klare, angenehme Stimme verhallte.
Björn Hellmark und Carminia Brado öffneten fast zur
gleichen Zeit die Augen, als sie hinter geschlossenen Lidern
feststellten, daß mit dem Verstummen der Stimme auch die
Intensität des Lichtes nachließ.
Die vergehende Helligkeit ermöglichte ihnen im letzten
Augenblick, doch noch die Konturen der Gestalt wahrzunehmen, die in
einem alles überstrahlenden Licht eben noch eingetaucht war.
Björn und Carminia registrierten die Umrisse einer Gestalt,
die mindestens zwei Meter große war, an der jedoch jetzt
deutlich Arme, Beine, Hals und Kopf auszumachen waren.
Die Sinnesorgane kamen nicht zum Vorschein, bestanden nur aus
einem hellen, pulsierenden Licht, das immer mehr verwischte, langsam
verblaßte und schließlich vollkommen verschwand.
Einige Sekunden standen Hellmark und Carminia Brado noch
unbeweglich an ihrem Platz und mußten die Dinge, die sie
gehört und gesehen hatten, erst verdauen. Sie schienen sie in
sich nachwirken zu lassen.
»Nun denn«, sagte Björn unvermittelt und machte
sich auf den Weg, die letzten Schritte zu dem rätselhaften
Geistspiegel zurückzulegen. »Nachdem man uns mit bester
Absicht etwas aus der Vergangenheit als Erbe vermacht hat, was wir
lange Zeit in unserem ersten Leben nicht nutzen konnten, ist es an
der Zeit, so schnell wie möglich auch damit zu
beginnen…«
Er umrundete die große, runde, etwa zehn Meter durchmessende
Fläche nachdenklich und blickte herab auf die zartschimmernden
Flächen, in denen die winzigen Segmente ihn in
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