Macabros 071: Spinnenritter greifen an
aufzustoßen
und an die Oberfläche zu schwimmen.
Aber das galt für Wasser im »Normalfall«… hier
aber sprudelte und gurgelte ein reißender Fluß, und sie
würde nicht mal die Gelegenheit haben, überhaupt an die
Oberfläche zu tauchen.
Die Wassermassen, Schlamm, Äste und Zweige würden sie
mitreißen, als wäre sie nur geringfügiger Ballast
zwischen all dem, was der Fluß ohnehin beförderte.
Ihre Beine steckten in einer Brühe, die gurgelnd zwischen den
Sitzen emporstieg, die aus dem Armaturenbrett sprudelte, das
Handschuhfach aufriß und alles herausschwemmte, was sich darin
befand.
Kamera, Papiere, ein Magazin. Der »Playboy« zeigte den
vollendet schönen Körper einer attraktiven Negerin, die
sich vor dem Spiegel begutachtete.
Die Spanierin warf sich gegen die Tür, drückte die
Klinke und stemmte sich mit aller Macht dagegen.
Sie konnte nicht warten, bis das Wasser an der Decke stand. Das
war mehr, als ein Mensch ertrug in der Situation, in der sie sich
befand.
Die Tür bewegte sich um keinen Millimeter nach außen.
Der Druck der Wassermassen war zu stark, als daß Juanita etwas
dagegen ausrichten konnte.
Da – etwas Helles!
Sie nahm die Bewegung flüchtig wahr, ihr erster Gedanke: ein
Lichtstrahl.
Doch dem war nicht so…
Plötzlich war da noch jemand in ihrem Wagen!
Ein gutaussehender junger Mann, braungebrannt, mit blondem Haar
und blauen Augen.
Juanita Ramon flog schreiend zurück auf den Hintersitz.
Wasser spritzte auf, als sie dort landete, als hätte eine
unsichtbare Hand sie zurückgeworfen.
»Wer sind Sie? Was wollen Sie von mir?« kam es über
ihre Lippen. Ihre Augen befinden sich in stetiger Bewegung und
glänzten wie im Fieber. »Helfen Sie mir… bitte retten
Sie mich… ich werde elend ertrinken, weil ich nicht heraus kann
aus diesem verfluchten Fahrzeug… So tun Sie doch etwas!«
Ihre Stimme überschlug sich, und die nackte Angst hatte sie
wieder ganz in ihrem Griff.
Eine Geistererscheinung, ein Spuk!
Diesen Mann – gleich, woher er karr, und wie immer er in
dieses Auto gelangte, brauchte sie nicht zu fürchten. Das war
Rettung in allerletzter Not!
Sie warf sich nach vorn, griff mit beiden Händen nach der
Gestalt des Unbekannten, der in diesem ersten Moment ebenfalls ratlos
und verwirrt aussah, als wisse er nicht, wie er in diese Situation
kam.
Doch dann handelte er, ohne lang zu überlegen.
»Retten Sie mich, bitte…« Es war ein letztes
Flehen, ein Hauch, der mit letzter Kraft aus ihrem Körper zu
dringen schien.
Juanita Ramon verdrehte die Augen und kippte langsam zur
Seite.
Der blonde Mann, der aussah wie ein sympathischer Abenteurer mit
dem Herzen auf dem rechten Fleck, packte zu und verhinderte,
daß die Spanierin mit dem Gesicht in die braune Brühe
klatschte.
»Bringen Sie mich weg von hier… nach Hause oder in das
Hotel… Cordoba!« Juanita Ramons Stimme war nur noch ein
Flüstern, als sie noch mal aus der Benommenheit erwachte, um
dann nur noch tiefer in sie zu sinken.
In dem Augenblick, als der blonde Mann sie berührte,
lösten sie sich beide wie zwei Spukerscheinungen aus dem Innern
des Autos, das wieder von dem reißenden Fluß
herumgedrückt wurde und mit der Kühlerhaube gegen einen
Felsbrocken prallte, der aus dem Flußbett wie ein bizarrer
Hügel ragte.
Es knirschte und krachte, das Metall riß auf, und die
Wassermassen sprudelten mit voller Gewalt ins Fahrzeuginnere. Da
hätte es unter normalen Umständen kein Entkommen
gegeben…
Gegen diese Kraft hätte auch der stärkste Mann vergebens
angekämpft, um sein Leben zu retten.
Wie ein lästiger Ballast wurde das gesunkene Auto mit Resten
der Bohlenbrücke, vom Schlamm, von Steinen, Geröll und dem
reißenden Wasser mitgeschleppt, ohne daß jemand Zeuge
geworden wäre, was sich auf dem Grund des Flusses abspielte.
Nicht mal die unheimlichen Spinnen und deren Ritter registrierten
diese Geschehnisse.
Die großen Tiere, die von ihren Reitern in
äußerster Eile bis an den überspulten Flußrand
geführt worden waren, wurden gewendet und kehrten in die
steinige Schlucht zurück, in den Kessel, der von
zerklüfteten, kahlen Felsen umgeben war, verschwanden in einem
riesigen Spalt und tauchten dort unter, als hätte es sie nie
gegeben.
Für Macabros – um niemand anderen sonst handelte es sich
bei dem blonden Mann, der wie ein Geist Juanita Ramon zu Hilfe
gekommen war – ereigneten sich die Dinge wie im Traum.
Er schien sich dessen, was er da alles tat, was er gesehen und
gehört hatte,
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