Macabros 071: Spinnenritter greifen an
gar nicht bewußt zu werden.
Die Spanierin hatte vor ihrer Ohnmacht eindeutig vom »Hotel
Cordoba« gesprochen. Und dorthin versetzte er sich jetzt, hielt
sie in den Armen, und kam aus dem Nichts heraus vor der Tür des
Hauses an, in dem noch Licht brannte.
Durch das Fenster war von außen zu sehen, daß sich im
Lokal noch drei Personen aufhielten.
Der Wirt stand hinter dem Tresen, wusch die Gläser ab und
stellte sie mit ruhiger Hand in das Regal an der Wand hinter
sich.
Im Lokal herrschte eine anheimelnde, gemütliche
Atmosphäre, die durch den rauhen Putz und die rustikalen Balken,
das Kerzenlicht auf dem Tisch nur noch hervorgehoben wurde.
Die braune Holztür neben dem Ausschank, die zu einem hinteren
Raum führte, wurde geöffnet.
Eine Frau mit einem starken Busen und schwarzem Haar, das im
Nacken zu einem Knoten zusammengefaßt war, tauchte mit einem
Korb voller Abfälle auf und näherte sich der
Eingangstür des Hotels.
Macabros wollte nicht gesehen werden.
Die junge Spanierin, die er auf so unkonventionelle Weise aus dem
versinkenden Auto gerettet hatte, mußte hier bekannt sein,
würde irgend etwas mit dem Hotel zu tun haben, weil sie
ausdrücklich gewünscht hatte, hierher gebracht zu
werden.
Macabros setzte Juanita Ramon auf die unterste Stufe, lehnte sie
vorsichtig gegen die Hauswand, daß sie nicht abrutschen konnte,
und verschwand im nächsten Moment, als die Tür sich
öffnete.
Die Frau des Hotelbesitzers setzte ihren Fuß gerade auf die
oberste Treppe, als ein überraschter Aufschrei über ihre
Lippen drang.
»Alfredo! Komm’ doch mal her! Um Himmels willen…
hoffentlich ist ihr nichts passiert…«
Der wohlgenährte Wirt, der seiner Frau in Gewicht und
Körperumfang um nichts nachstand, kam mit erstaunlich
großen Schritten und schnell hinter der Theke vor.
»Mio madre!« entfuhr es ihm. »Juanita, wie kommt
die denn hierher? Die hat doch ihren freien Tag heute…«
Die dicke Wirtin lief die Stufen nach unten und stellte ihren Korb
einfach auf den Boden neben die Treppe, während ihr Mann sich um
das junge Mädchen kümmerte.
Der schüttelte sie, tätschelte ihre Wangen und nannte
immer wieder ihren Namen, während er seine Frau bat, die
Tür zu schließen, damit die Gäste nicht auf diese
für ihn unangenehme Situation aufmerksam wurden.
»Wie ist sie bloß hierher gekommen?« fragte die
dunkelhaarige Frau.
»Offensichtlich zu Fuß«, lautete die Erwiderung
ihres Mannes. »Eine andere Möglichkeit gab es für sie
nicht. Hätte ein Auto sie gebracht – hätte ich das ja
wohl gehört. Ich bin die ganze Zeit über schon im
Lokal.« Er sagte das, als müsse er sich für etwas
entschuldigen.
»Irgend etwas stimmt nicht mit ihr«, flüsterte die
Frau, sich zu ihm herabbeugend. »Ist sie betrunken?«
Der Wirt schüttelte den Kopf. »Nein! Ich rieche
jedenfalls nichts. Was sie nur hier wollte? Offensichtlich ist sie in
dem Augenblick, als sie eintraf, ohnmächtig
geworden…«
Diese Erklärung klang logisch.
Die Frau schüttelte den Kopf. »Wie sie bloß
aussieht! Vollkommen durchnäßt… Ihre Schuhe und Beine
sind voller Schlamm, als wäre sie durch einen Fluß
gewatet… oder hingefallen.« Sie hielt plötzlich inne
und nagte nervös an ihrer Unterlippe. »Vielleicht wurde sie
überfallen, Alfredo«, fuhr sie aufgeregt fort.
Unwillkürlich blickte sie sich in der Dunkelheit um und warf
einen Blick hinüber zum Parkplatz hinter den Büschen, als
würde der Übeltäter sich in der Nähe noch
verbergen.
»Unsinn, Dolores! Wer sollte Juanita etwas tun?«
Mit diesen Worten nahm er das Mädchen unter die Achseln und
hob sie mühelos empor, stieß mit dem Ellbogen die Tür
auf und trug Juanita quer durch den Schankraum, wo die Gäste
saßen.
Die Leute blickten erstaunt und irritiert auf.
»Es ist nichts von Bedeutung«, sagte die Wirtin
lächelnd und winkte ab. »Sie ist gefallen und hat sich
verletzt. Mein Mann kümmert sich schon um sie…«
Juanita kannten schließlich alle. Das Mädchen war
beliebt.
Der Inhaber des Hotels trug Juanita Ramon um die Theke in das
Zimmer und schloß die Tür.
In einem Nebenraum bettete er die Ohnmächtige auf eine Couch,
und im vollen Licht war deutlich zu erkennen, daß Juanita
äußerlich keine Verletzungen aufwies.
Die Wirtsfrau kam sofort mit einer Flasche Rum und setzte sie kurz
entschlossen an die Lippen der jungen Angestellten. Juanita
mußte schlucken. Der hochprozentige Alkohol weckte ihre
Lebensgeister und riß sie aus der
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