Macabros 081: Wrack der namenlosen Götter
ein Honigkuchenpferd.
»Muß ja furchtbar sein für dich«, entgegnete
der Schweizer.
»Furchtbar, inwiefern?«
»Monatelang die gleiche Frau. Ich frag’ mich, wie du das
bei all den zusätzlichen Strapazen
aushältst…«
Sie lachten beide.
Angelique, Französin aus Narbonne, die das Zeug hatte, um an
der nächsten Miß-Wahl mit Erfolg teilzunehmen, kam einen
Schritt näher. »Ihr lacht… War’s ein toller Witz?
Ich möchte ihn auch hören, Juan!«
Sie hatte eine Stimme, daß selbst dem eingefleischten
Junggesellen Chancell ein wohliger Schauer über den Rücken
lief.
Das würde keine Expedition wie die früheren, das merkte
er sofort. In der Gestalt der hübschen Angelique hatte Juan
Amalla Dynamit mitgebracht. Chancell hoffte, daß es keinen
Ärger gab. Wenn Frauen dabei waren…
»Witz ist gut, Angelique«, lachte der Schweizer.
»Die werden wir erst auf dem Marsch erzählen, bis dahin
sparen wir die uns auf. Sonst wird’s langweilig.«
»Eigentlich bin ich mitgekommen, um die Langeweile zu
vertreiben«, warf sie schlagfertig ein.
»Soll mir auch recht sein«, grinste Chancell, der seine
Reserviertheit ablegte. »Wenn Juan nichts dagegen
hat...«
»Was mir gehört – gehört auch dir, das
weißt du doch«, meinte Amalla. »Ich halt’s da
wie der berühmte Eingeborenen-Häuptling, der dem Gast
für die Nacht die eigene Frau als Gastgeschenk anbietet. –
Aber darüber werden wir uns noch einig: später! Wie
sieht’s aus? Du wolltest mir noch ein paar wichtige Einzelheiten
mitteilen?«
Friedrich Chancell nickte. »Können wir gleich erledigen.
Auf meinem Zimmer. Ich möchte um die Mittagszeit spätestens
hier meine Zelte abbrechen und die nächste Maschine ins
Landesinnere nehmen. Ich hab’s sehr eilig…«
»Die Route?«
»Sag’ ich dir…«
Juan Lopez Amalla schickte seine Freundin in die Getränkebar.
Die Blicke der Männer folgten der langbeinigen Schönen,
deren knapp sitzendes weißes Kleid mehr von ihrem aufregenden
Körper ahnen ließ, als es verbarg.
Chancell verdrehte die Augen. »Wenn du sie mit
Stöckelschuhen und dieser Kleidung in den Busch schickst, dann
drehen die Eingeborenen durch…«
»Keine Angst! Ich habe schon tropenfeste Kleidung beschafft.
Ich verpack’ sie bis zur Halskrause. Schon wegen der Moskitos,
die sollen mir das süße Paket nicht zerstechen. Ich hoffe,
das Ganze war übrigens keine Schnapsidee von dir, und hinter
allem steckt mehr als je zuvor«, wechselte er plötzlich das
Thema.
Sie durchquerten die kühle Hotelhalle. Das »Maya«
zählte zur Spitzenklasse: Klimaanlage, internationales Publikum,
eine Empfangshalle groß wie ein Bahnhof. Auf der Galerie, die
man über eine freitragende Treppe erreichte, befand sich die
Getränkebar, die halb ins Freie ragte. Auf dem Dach der ersten
Etage gab es außerdem eine Cafe-Terrasse.
Exotische Atmosphäre… Viel Grün, viel
Blumenschmuck, viel Licht… Überall im Bauwerk hatte der
Architekt den Beweis angetreten, daß man auch Häuser bauen
konnte, ohne in Beton zu ersticken. Glas und Glasbausteinen hatte er
großen Platz eingeräumt.
Die Angestellten trugen helle Einheitskleidung, die dunkelbraun
eingesäumt war. Die braunhäutigen Brasilianerinnen,
Bolivianerinnen und Mischlinge sahen darin aus wie gemalt. Jedes
Mädchen trug eine exotische Blume im Haar.
»War mir nie in den Sinn gekommen, dich an der Nase
’rumzuführen, nur um wieder mal mit dir im Land des Kaffees
’nen anständigen Mocca zu trinken«, entgegnete
Friedrich Chancell. »Die Sache ist mir verdammt ernst.«
»So hat’s auch am Telefon geklungen.«
»Du hattest keine Schwierigkeiten, dich frei zu machen?«
wollte Chancell wissen, ehe er Näheres über die von ihm
geplante Reise berichtete.
»Schwierigkeiten gibt es immer. Normalerweise bin ich nie
abkömmlich, das weißt du. Aber da ich wie ein Wahnsinniger
durch die Welt jette, fällt es schon gar nicht mehr auf, ob ich
das zu meinem Privatvergnügen tue oder geschäftlich. Ich
wette, daß mein Steuerberater auch den Trip in den Urwald so
auswerten kann, daß er steuerlich voll abzusetzen ist. Und
’ne Sekretärin brauch’ ich schließlich auch.
Einer muß die Bestellungen tippen…«
Juan Lopez Amalla hatte eine Export-Import-Firma. In aller Welt
kaufte und verkaufte er kunstgewerbliche Gegenstände. Amalla war
ständig auf Achse zwischen Paris und New York, Mexico City und
Tokio, Peru und Australien.
Chancell lernte Amalla durch einen Zufall in einem Hotel in Peru
kennen. Der
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