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Macabros 084: Horron - Kontinent des Vergessenen

Macabros 084: Horron - Kontinent des Vergessenen

Titel: Macabros 084: Horron - Kontinent des Vergessenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Shocker
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hatte, dann fragte er sich…
    Abrupt endeten seine Gedankengänge, als er sah, was die tote
Sekretärin jetzt machte.
    Sie stand vor dem Haus, hob den Blick und starrte empor zu dem
dunklen, halbgeöffneten Fenster in der dritten Etage genau unter
dem Dach.
    Es schien, als würde sie einem stillen Ruf folgen.
    Rani kam sich vor wie auf einem Tablett.
    Sie mußte ihn doch sehen!
    Aber sie reagierte nicht auf ihn – etwas anderes schien sie
in Bann zu ziehen.
    Sie hob die Arme, als wolle sie sich vom Boden erheben und
emporschnellen.
    Ihre blutleeren Lippen öffneten sich wie zu langem, klagendem
Schrei.
    Doch kein Laut war zu hören.
    Sabrina Wells wurde zum Spiegelbild dessen, dem sie zum Opfer
gefallen war. Das vampirische Erbe einer unfaßbaren Rasse aus
dem Mikrokosmos war mit nichts zu vergleichen, das auf der Erde
aufgetreten und bekannt war.
    Der Vampirismus zerstörte Sabrina Wells’ Organismus.
    Sie machte alle Stadien durch, von denen Ak Nafuur gesprochen
hatte. Wie recht er mit seinen Worten hatte!
    In der Nähe des Hauses spielte sich ein Drama ab, das nur
durch Zufall von Rani Mahay beobachtet wurde.
    Die Untote bekam im nächsten Moment einen plumpen, primitiven
Körper, dem etwas Affenartiges anhaftete. Der breite Kopf mit
der flachen Stirn hatte nichts mehr gemein mit dem grazilen,
geschmeidigen Leib der jungen Sekretärin.
    Eine Sekunde später sah Sabrina aus wie der Flug-Vampir, der
Tony Masters auf Film gebannt hatte. Und wieder eine Sekunde
später wurde sie zu einem Fischwesen, das einer Nixe frappierend
ähnlich sah.
    Sabrina Wells hatte keine Beine mehr! Ein dicker Fischschwanz
begann in Hüfthöhe und verjüngte sich nach unten hin.
Im ersten Moment schien es, als würde sie seitlich wegkippen,
weil sie in dieser Gestalt unmöglich einen Halt haben
konnte.
    Da rutschte der ganze Körper in sich zusammen. Die untere
Hälfte wurde porös wie ein alter Schwamm, der sich mit
Flüssigkeit vollgesogen hatte. Die obere Körperhälfte
war noch ganz Fisch. Der glatte Fischschädel mit dem breiten
Maul sank nun ebenfalls in sich zusammen. Die Finger mit den
Schwimmhäuten wurden formlos.
    Ein dicker, blasenwerfender Brei war das nächste Stadium.
    Rani Mahay sah auch das letzte.
    Eine helle Masse, die sich zerteilte und schließlich
vollkommen verschwand.
    Aus dem Nichts war das Leben gekommen, in das Nichts kehrte es
wieder zurück.
    Das war das Leben auf Horron... war es auch so auf der Erde
gewesen? Leben – egal in welcher Form es auch auftritt –
entwickelt sich stetig weiter. Auch das menschliche Dasein hatte sich
aus Uranfängen entwickelt, aus dem Urplasma. Viele Stadien hatte
es durchlaufen. Darunter war auch das des Meeresbewohners. Auch der
Mensch war in einer seiner ersten Entwicklungsstufen
fischähnlich gewesen und hatte eines Tages das Meer verlassen.
Zwischen dem heutigen homo sapiens und dem Beginn lagen Welten, und
es würden in fernster Zukunft zwischen dem heutigen und dem
kommenden Menschen wieder Welten liegen. Nichts war abgeschlossen,
alles befand sich in ständiger Wandlung.
    Rani Mahay ertappte sich dabei, wie er ins Philosophieren geraten
war.
    Das Ereignis war vergangen wie ein Spuk. Die Stelle unter ihm war
leer. Das kalte Licht des Mondes beleuchtete fahl den Boden. Die
Wolken waren dicker geworden, und vom Süden her trieb eine
Regenfront auf das Festland zu.
    Der Wind frischte auf, der Mond verschwand hinter den Wolken, und
die ersten Regentropfen fielen sanft auf die trockene Erde, auf
Bäume und Hausdächer.
    Rani setzte seinen Aufstieg fort. Noch zehn Minuten benötigte
er, um die Höhe des dritten Stockes zu erklimmen. Er erreichte
das halb geöffnete Fenster, hinter dem Jonathan Pallerts Wohnung
lag.
    Es war das Fenster zum Schlafzimmer. In der Dunkelheit waren die
Umrisse der Möbel wahrzunehmen. Offensichtlich diente Pallert
der Schlafraum auch als Wohnzimmer. In der Ecke neben dem Fenster
stand ein runder Tisch mit gepolsterten Stühlen. Eine Wand wurde
eingenommen von einem Bild und einem schmalen Bücherregal. Genau
gegenüber, in einer dunklen Nische, stand eine aufgeklappte
Couch. Vorsichtig drückte Rani das Fenster weiter nach innen, um
eine bessere Sicht zu bekommen. Er konnte nicht genau sehen, ob
jemand auf der Couch lag.
    Durch die geheimnisvollen Ereignisse war er vorgewarnt und
kalkulierte eine Gefahr ein. Der Angriff kam jedoch dann so
überraschend, daß er überrumpelt wurde.
    Aus der Dunkelheit schossen seitlich zwei Arme auf ihn zu.

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