Macabros 084: Horron - Kontinent des Vergessenen
wurde die Flagge
gehißt.
Ein großer, schwarzer Vogel, der unheimlich aussah, prangte
auf blutrotem Hintergrund. Links und rechts über den
Flügeln zeigte sich eine schwebende Gestalt, der Körper
einer Frau, die eine silberne Rüstung mit Metallflügeln
trug. Diese Darstellung symbolisierte Apokalypta, die ›Ewige
Unheilbringerin‹.
Die Schiffe glitten über das schwarze Wasser, bald schon war
der kuppelartige Palast Turraks nicht mehr zu sehen.
Die Armada der Dämonin tauchte ein in den Dunst, der
über den Wassern lag und sich mit dem bleiernen Himmel
verband.
Der endlos lange Zug kam in andere Meere. Orkanartige Stürme
jagten die Wellen turmhoch, so daß die Schiffe wie
Nußschalen auf den Kammspitzen schaukelten.
Aber die Elemente waren für die Monster-Brigaden harmlos. Es
schien, als würden die Schiffe erst durch die Orkane in Bewegung
gesetzt und strebten schneller ihrem Ziel entgegen, das in den
Gewässern einer Welt lag, die – von der Normalwelt aus
gesehen – Platz hatte in einem einzigen Wassertropfen. Es war
die Welt des Atoms...
Viele Schiffe bewegten sich auf weit ausgebreiteten Schwingen wie
bizarre, unwirkliche Vögel in die aufgepeitschte Luft.
Apokalyptas Armada näherte sich dem geheimnisvollen Land im
Wasser über dem See- und Luftweg.
Die riesigen Wolkenberge ballten sich zusammen, der Orkan heulte
und pfiff, die gewaltigen Schwingen der Galeeren wurden
aufgebläht und nach oben gedrückt. Die seltsame, groteske
Situation war die einer fremden, unfaßbaren Welt – und
spielte sich doch inmitten eines Ozeans ab, der auf der Erde
existierte und nicht im fernen Universum auf einem anderen
Stern…
Björn Hellmark wurde in seinem finsteren Verlies
durchgeschüttelt wie ein Korkenrest in der Flasche. Von einer
Seite auf die andere wurde er geworfen.
Stöhnend kam er zu sich und hörte das wilde Tosen der
Orkane, das Rauschen der Wellen, die dumpfen Gesänge der Monster
an Deck…
Hellmark öffnete die Augenlider und begriff erst nach
geraumer Zeit, wo er sich befand, und wie er in diese Lage geraten
war.
Er hatte keine Gelegenheit festzustellen, wie lange er
bewußtlos gelegen hatte, wie lange die Schiffe schon unterwegs
waren.
Trotz seiner Fesseln gelang es ihm, auf die Beine zu kommen. Aber
nur für einen Moment.
Der Boden, auf dem er stand, wurde plötzlich zu einer steil
aufragenden Seitenwand. Björn stürzte, überschlug
sich, und Lumpen und Stroh flogen ihm um die Ohren.
Hustend und prustend befreite er sich und spie das trockene Stroh
aus.
»So eine Schweinerei, so eine verdammte Schweinerei«,
hörte er plötzlich eine Stimme in der Finsternis.
Hellmark fuhr zusammen und begann an seinem Verstand zu
zweifeln.
»Rani!« wisperte er und hielt gleich darauf wieder den
Atem an.
Er hatte Rani Mahays Stimme gehört!
*
Der Inder und der Reporter fuhren zuerst in die Straße, in
der Jonathan Pallert wohnte.
Die Oak-Tree-Avenue hatte ihren Namen zurecht. Am
Straßenrand standen uralte Eichen, die diesem Wohnviertel eine
besondere Note verliehen.
Pallert wohnte in Nummer 6. Bei dem Haus handelte es sich um ein
dreistöckiges Gebäude.
Alle Häuser in dieser Straße hatten den gleichen
Charakter.
Die Fenster waren bis auf die in der untersten Etage dunkel. Vor
dem Haus standen drei Autos. Eines davon war ein dunkelblauer
Camaro.
»Pallert fährt einen solchen Wagen«, sagte
Masters.
Dazu bedurfte es keines besonderen Scharfsinnes. Die Fotografie,
die Tony Masters von seinem Informanten erhalten hatte, zeigte den
Architekten am Steuer seines Autos.
»Dann ist er also zu Hause«, traf Rani gedankenversunken
diese Feststellung. »Und schon gerät alles ins Wanken.
Jetzt stimmt überhaupt nichts mehr…«
Er preßte die Lippen zusammen. Dann mußte er
plötzlich an Ak Nafuurs Ausführungen denken.
»Er macht mehrere Stadien durch«, entfuhr es ihm.
»Wie lange es dauert, bis er seine Fischgestalt wieder annehmen
kann, steht in den Sternen. Und in dieser Zeit braucht er Nahrung.
Blut. In dieser Zeit wird er – möglicherweise durch den
Einfluß des Vollmondes – zum Vampir…«
Plötzlich paßte alles zusammen.
Rani Mahay und Tony Masters stimmten ihr Vorgehen miteinander
ab.
Der Reporter sollte sein ursprüngliches Vorhaben
durchführen und zur Polizei fahren, um eventuell weitere
Neuigkeiten in Erfahrung zu bringen.
Rani wollte sich in der Nähe des Hauses in der
Oak-Tree-Avenue Nr. 6 etwas näher umsehen.
So kam es, daß Masters drei Minuten später
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