Macabros 089: Rückkehr in den Totenbrunnen
hatte und zu jener Zeit auf dem Kontinent Xantilon zu finden
war, als auf diesem die Menschen in der Blüte ihrer Entwicklung
standen. Dämonenspuk machte dem allen ein Ende.
Die Menschen fielen wie die Tiere selbst übereinander her,
Schergen aus dem Reich der Finsternis griffen mit ein und
Verwirrungen wurden gestiftet, bis zuletzt keiner mehr erkannte, wer
Freund und Feind war.
Xantilon, die Insel eines freien Volkes, zerbrach und versank in
den Fluten des Ozeans.
Björn Hellmark lebte in einem ersten Dasein auf der Insel
Xantilon, hieß damals Kaphoon und war der »Sohn des Toten
Gottes«. Was es im einzelnen damit auf sich hatte, konnte er bis
zur Stunde nicht ergründen, obwohl einige Abenteuer ihn in die
Vergangenheit führten und er als Kaphoon zeitweise fungiert
hatte.
Mit Xantilons Untergang kam auch das Ende der heiligen Vögel,
der Schwarzen Manja… Jene bizarr aussehenden Flugtiere, denen
man nachsagte, daß sie Zufriedenheit und Glück
symbolisierte, die im Durchschnitt siebenhundert Jahre alt wurden und
von der Bildfläche verschwanden. Hin und wieder tauchten eines
ihrer versteinerten Augen auf.
Mit ihnen hatte es eine besondere Bewandtnis.
Durch sie wurden weißmagische Kräfte frei, die jene der
Finsternis aufhoben oder hemmten.
Es kam darauf an, wie stark die Kraft war, die dagegenwirkte.
Jenes eine Auge, das er bei sich trug, bewirkte nichts. Nicht die
kleinster Reaktion trat ein, nicht für den Bruchteil einer
Sekunde hielt Evita inne.
War es die magische Kraft des Schlangengottes, die in ihr wirkte?
Fast war er überzeugt davon…
Nicht mal die Spritze zeigte eine Wirkung.
Ein Pfleger und ein Arzt kamen noch hinzu und versuchten Evita zur
Vernunft zu bringen. Es blieb jedoch nichts anderes übrig, als
sie in eine Zwangsjacke zu stecken und in die Isolierstation zu
bringen.
Hellmark und Hernandez blieben zurück.
Evitas Krankenzimmer sah aus wie ein Schlachtfeld.
Der Inhalt der Schubladen des Nachttisches lag verstreut auf dem
Boden herum, Glas war zersplittert, Zeitungen zerfleddert und Blumen
zertreten.
Behutsam hoben Hellmark und Hernandez die Blumen auf. So gut es
ging, ordnete Björn den Strauß wieder und reichte ihn dann
der kleinen mexikanischen Krankenschwester, die bleich und
erschöpft wieder bei ihnen auftauchte, nachdem die Patientin
außer Sichtweite war.
»Wie geht es ihr?« wollte Björn wissen.
»Ich hoffe, bald besser. Bis jetzt schlagen die Medikamente
nicht an, obwohl der Doktor ihr nochmal eine Dosis gegeben hat. Sie
wird müde, alles fällt ihr schwerer, aber sie ist innerlich
noch derart aufgewühlt, wie ich sie nie zuvor erlebt
habe…«
Hellmark sah ein, daß es sinnlos war, nochmal einen Versuch
zu unternehmen. Jedenfalls nicht unter diesen Umständen.
Er wollte nicht das Ende der jungen Journalistin.
Noch eine zweite Begegnung mit Evita und sie würde vor
Erschöpfung sterben. Sie verausgabte sich derart, daß
dieser Fall tatsächlich eintreten konnte.
Als sie draußen waren und kein Mensch in der Nähe war,
der ihr Gespräch belauschen konnte, sprach Julio Hernadez
Hellmark an. »Es gibt keine Erklärung dafür, nicht
wahr?«
»Doch die gibt es, Julio. Es gibt Erklärungen für
alles. Aber ich glaube, daß der Schlüssel zu Evitas
›Krankheit‹ nicht hier, sondern anderswo liegt.«
»Und so wäre das?«
Hellmark atmete tief durch. »Gerade darüber hoffte ich,
mit Evita sprechen zu können. Ich glaubte nicht, daß ihr
Zustand so schlimm wäre. Sie muß außer dem einen
Mal, das mir bekannt ist, ein weiteres Mal im Totenbrunnen gewesen
sein, und dort ist dann etwas passiert, das mit ihrem jetzigen
Zustand zusammenhängt.«
»Sie war nochmal dort.«
Die Bestätigung aus Hernandez’ Mund klang wie eine
Offenbarung.
»Sie wissen darüber Bescheid, Julio? Aus welchem Grund
war sie nochmal im Dschungel? Waren Sie möglicherweise ihr
Begleiter?«
»Nein, das war ich nicht. Sie ist allein gewesen. Fragen Sie
nicht warum! Aus reiner Neugier, das ist die einzige Erklärung.
Sie hat mir nie Einzelheiten darüber berichtet. Das sollte nach
und nach kommen. Aber dann fing ihre rätselhafte Krankheit an,
und kein Mensch konnte ihr helfen.«
»Vielleicht aber kann man es doch…«
»Wie, Senor?«
»Indem man herausfindet, warum Evita so wurde. Man muß
den Weg zurückgehen. Sie glauben an den Totenbrunnen der Mayas,
nicht wahr?«
»Ja…«
»Nachdem Evita ausfällt, mir einen brauchbaren Hinweis
zu geben, bleiben nur noch Sie übrig, Julio… ich
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