Macabros 091: Die Pestreiter
lebend wollten.
Hätte ihnen etwas an seinem Tod gelegen, wäre längst
die Gelegenheit gewesen, ihn auszuschalten. Aber sie wollten ihn
lebend. Warum?
Noch äußerte sich niemand. Sie genossen ihren Sieg. Und
er wußte auch, weshalb. Sie sahen in ihm – Kaphoon, den
Namenlosen, den ›Sohn des Toten Gottes‹. Er befand sich
durch die Entführung in der Zeit, in der Kaphoon - fast auf
verlorenem Posten kämpfend - Furore machte.
In einem früheren Leben – rund zwanzigtausend Jahre vor
seinem jetzigen – war Björn Hellmark Kaphoon gewesen. Er
kämpfte verzweifelt gegen Verderbtheit und Korruption, gegen
Dummheit und Gier. Ganze Volksstämme Xantilons waren dem
Bazillus der Dämonie erlegen, opferten Menschen und beteten
Götzen an. Eine hochentwickelte Kultur fiel in die finstersten
Kapitel eines früheren Zeitalters zurück. Als man schon
glaubte, den Götzen- und Dämonenglauben endgültig
besiegt zu haben, als die Entwicklung sich in bisher unbekannte
Höhen schwang, einem strahlenden Licht entgegen, tauchte die
Finsternis erneut auf. Rha-Ta-N’my und ihre dämonischen
Fürsten hatten in Molochos, einem Schwarzen Priester, einen
neuen Helfershelfer und starken Kämpfer gefunden. Molochos
führte die Schwarze Kaste, er erhoffte sich dadurch eine
ranghohe Stellung und ewiges Dämonenleben. Beides hatte er
erhalten. Diesen Molochos hatte Björn Hellmark in die Reihen der
Menschen zurückgeholt und für seine Ziele gewonnen.
Molochos war wieder zu Ak Nafuur geworden, damit zu jenem Mann, der
ihm dreizehn Botschaften hinterließ, die ihn schließlich
zum Ziel führen sollten, Rha-Ta-N’my zu bekämpfen.
Molochos alias Ak Nafuur kannte die Strategie der Mächte der
Finsternis wie kein Zweiter und hatte Hellmark damit ein Erbe
hinterlassen, dessen Umfang er noch nicht in allen Details
überblickte.
Der blonde Mann von Marlos nahm seine Umgebung in sich auf.
Der Talkessel war düster und von grotesk geformten Felsen
umgeben. Kahle Bäume, deren Äste und Zweige aussahen wie
zusammengesetzte schwarze Knochen, flankierten einige Felsen oder
wuchsen vereinzelt auf dem harten Boden, auf dem es sonst kein Gras,
kein Farn gab. Nicht mal Moos wuchs hier. Es war eine unheimliche
Umgebung.
In den einzelnen Felsen gab es mannsgroße Löcher.
Offenbar befand sich dort der Unterschlupf Akmuts.
Hellmark erreichte das Ende der Gasse zwischen den Kriegern. Wie
aus dem Boden gewachsen stand plötzlich wieder der
Bandenführer Akmut an seiner Seite. Ihn begleiteten drei seiner
Leute. Die anderen zogen sich teilweise in die Höhlenlöcher
zurück, wieder andere hockten in Gruppen zusammen, zündeten
ein Lagerfeuer an und begannen Fleischstücke zu braten, die sie
in dunkelgrünen Folien eingeschlagen hatten.
Ein Geräusch wirbelte Björn herum.
Er sah, daß zwei Spießgesellen Akmuts am Eingang zu
Arsons Zeitschiff standen und einen scharfen Befehl nach hinten
riefen.
Im Eingang war der Mann mit der Silberhaut aufgetaucht. Er war mit
letzter Kraftanstrengung auf allen vieren durch das Schiff gekrochen,
um zu sehen, was aus dem Freund wurde. Er wollte Hellmark etwas
zurufen, aber einer der beiden Wächter vor dem Eingang hinderte
ihn daran.
Mit dem Fuß stieß er den Mann mit der Silberhaut
zurück, der keine Kraft mehr hatte, um sich zur Wehr zu
setzen.
Hellmarks Gesicht wurde hart. Im nächsten Moment war er
versucht, Macabros entstehen zu lassen und die beiden Widerlinge, die
Arson mit harter Hand über den Boden und in das Zeitschiff
zurückschleiften, niederzuschlagen.
Zorn und Wut stiegen in ihm auf, und doch beherrschte er sich im
letzten Augenblick. Alles wies darauf hin, daß Akmut nichts von
seiner Fähigkeit der Verdoppelung wußte. Wenn er diesen
Trumpf jetzt ausspielte, verhinderte er damit möglicherweise
eine entscheidende Chance, an die er immer noch glaubte. Er
hätte Arson zu Hilfe eilen können, aber es hätte dem
Freund nichts genützt. Er wollte, daß mehr dabei herauskam
als ein kleiner Augenblickserfolg.
Er dachte an Rani und Arson, an die ganze Lage, die völlig
neu entstanden war.
Arson verschwand aus seinem Blickfeld.
Hellmark biß die Zähne zusammen.
Der Bandenführer lachte rauh. »Es ist herrlich«,
sagte er mit strahlendem Lächeln und kalt glitzernden Augen.
»Davon habe ich immer geträumt. Das Wort der Dämonen
hat mich auf den richtigen Weg geführt.«
Hellmark sah ihn mitleidig an. »Bist du sicher, daß es
der richtige ist?«
»Ja. Die Ereignisse sind der Beweis. Was will ich
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