Macabros 091: Die Pestreiter
Forschungs- und Isolierstation eingerichtet.
Tropen- und andere seltene Krankheiten wurden hier erforscht, und in
verschiedenen Stationen, die vergittert waren, lagen Schwerstkranke,
die hofften, hier Linderung oder Heilung zu finden.
Von all diesen Dingen aber wußte Pepe nichts.
Es war purer Zufall, daß er sich aus Spielerei die ganze
Hausfassade emporschweben ließ und in der letzten Etage
verharrte. Aus dieser Höhe hatte er einen Blick über die
Straßenschluchten, in denen sich Autoschlangen bewegten, eine
einzige Lichterkette von Fahrzeugen zu beobachten war.
Die Wolkenkratzer in der Ferne wirkten wie schwarze, scharf
umrissene Scherenschnitte, in denen helle Quadrate – die
beleuchteten Fenster – kubische Muster ergaben. Und keines glich
dem anderen.
Pepes Geistkörper glitt durch die Wand.
Er war nur körperlos, ein Bündel geformten Geistes und
nicht imstande, selbst geistige Einflüsse aufzunehmen. Dazu
waren seine parapsychischen Sinne nicht fähig. Er war kein
Telepath. In diesen Minuten wäre es gut gewesen, hätte er
diese Fähigkeit besessen.
Pepe erreichte die andere Seite der Wand.
Das Zimmer wies zwei Fenster auf. Beide waren mit einem
weiß-grauen Rollo verhangen.
Der Raum war groß, größer als die anderen
Krankenzimmer im St. Helens Hospital. Eine einsame, schwach
leuchtende Lampe brannte über einem einzelnen Bett.
Pepes Geistkörper kam dicht neben dem Fußende des
Bettes aus der Wand und registrierte sofort die Frau, die im Bett
lag, und das Plastikschild, das am Fußende hing.
Darauf stand ein Name:
ELISABETH MASON.
*
Es war die Minute, in der Björn Hellmark zu sich kam.
Sein Kopf war schwer wie Blei, das Denken kam nur langsam wieder
in Gang.
Dann aber stand alles klar vor seinem geistigen Auge.
Er fand sich in einer dunklen Kammer wieder und führte
tastend die Hand über den Boden. Der war glatt und fugenlos.
Jetzt folgte ein Widerstand.
Schuhspitzen?
Er lag jemand zu Füßen?
Björn warf den Kopf in die Höhe. In der Dunkelheit, die
nicht vollkommen war, konnten seine Augen einen dünnen Pfahl
wahrnehmen, an dem jemand festgebunden war.
Die Gestalt hing schlaff und entkräftet an ihren Fesseln und
schimmerte in einem matten Silberton.
Björn Hellmark schluckte, wischte sich über die Augen
und wollte nicht glauben, was er sah. Doch der Eindruck blieb.
Hellmark richtete sich auf und stand wie ein Betrunkener torkelnd
auf den Füßen.
Noch wirkte das Betäubungsgas nach, das er
gezwungenermaßen einatmen mußte.
Er war noch nicht wieder im Vollbesitz seiner geistigen und
körperlichen Kräfte, erholte sich aber zusehends.
Er stand vor der Gestalt und wollte nicht glauben, was er sah.
Der an den Pfahl gebundene Mann war…
»Arson!« entfuhr es Björn Hellmark, und Grauen
schwang in seiner Stimme mit.
*
Der Mann mit der Silberhaut? Hier?
Wo war hier?
Björn vermutete richtig, daß es sich nur um das
Zeitschiff Arsons handeln konnte.
Der glatte Boden, das Gefühl, zu schweben. Demnach hatten sie
ihr Ziel noch nicht erreicht. Er war durch List und Tücke in das
Zeitschiff geraten, mit dem Arson seit geraumer Zeit in der
Vergangenheit unterwegs war, um das ›Schwert des Toten
Gottes‹ wiederzufinden.
Aber er hatte sein Ziel nicht erreicht. Schlimmes war passiert.
Alles wies darauf hin, daß Arson nicht mehr Herr über die
kleine Welt war, mit der er durch alle Zeiten reisen konnte. Jemand
hatte die Steuerung des Schiffes übernommen und Arson in Fesseln
gelegt. Wer?
Björns Ausruf bewirkte, daß Arson reagierte.
Er war nicht tot und lag nicht in Lethargie!
»Arson!« Björn wiederholte seinen Ruf freudig
überrascht. Er berührte die Schulter des Freundes.
Über dessen Lippen kam ein leises Stöhnen.
Dann hob er langsam den Kopf. Arsons Wangen waren eingefallen, die
Augen läge tief in ihren Höhlen und waren schwarz
umschattet. »B-j-ö-r-n?« fragte er gedehnt und so
leise, daß Hellmark es kaum verstand.
»Ja, Arson. Ich bin’s! Aber um Himmels willen was ist
denn passiert? Wo sind wir hier? Wieso liegst du in
Fesseln?«
Noch während er fragte, begann er, die straff sitzenden
Lederriemen zu lockern. Ohne Hilfsmittel, nur mit bloßer Hand,
fiel es auch ihm schwer genug.
Arson rutschte ihm förmlich entgegen. Er hatte nicht mehr die
Kraft, auf den Beinen zu stehen.
Vorsichtig bettete Björn den auf rätselhafte Weise
wiedergefundenen Freund auf den Boden. Arson atmete flach, seine
Augen hatten keinen Glanz.
»Es hat keinen
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