Macabros 092: Mandragoras Zaubergärten
den
Eindruck, als wären sie am Leben, würden jetzt jedoch
schlafen.
Rani Mahay und Macabros nahmen ebenso wahr Geschöpfe, die den
legendären Zentauren glichen, jenen Wesen, die einen
Pferdekörper aber einen Menschenkopf hatten.
Merkwürdig war, daß der Duft von den blühenden
Beeten hier stärker hervortrat, obwohl weit und breit keine
einzige Blüte zu sehen war.
Es schien, als würde der Duft aller Gärten auf eine
rätselhafte Weise angesaugt und komprimiert.
Rani Mahay litt sichtlich unter der Stärke des Duftes, der
ihm fast die Sinne raubte. Macabros war auch hiergegen immun.
Danielle und ihr unheimlicher Begleiter durchquerten den
Innenhof.
Rani und Macabros mieden instinktiv die Nähe der Statuen, auf
die sie sich keinen Reim machen konnten und hielten sich in
unmittelbarer Nähe des schattigen Gemäuers, das den Hof
umschloß.
Dies war vermutlich Mandragoras Palast, von dem Orkon gesprochen
hatte. Dies war einer von vielen Innenhöfen, die über
verschiedene Zugänge betreten werden konnten.
War ihre Ankunft bemerkt worden oder war sie heimlich erfolgt?
Macabros konnte sich das Letztere kaum vorstellen… Es war
bereits zuviel geschehen, um noch von Heimlichkeit sprechen zu
können. Mandragora schien in jeder Sekunde genau zu wissen, was
in ihren Gärten vorging. Zu gezielt waren die Szenen erfolgt und
auch das Auftauchen Ranis erweckte bei Macabros immer mehr den
Anschein, daß er eine Rolle spielte. Doch er konnte sich
täuschen…
Bis zur Stunde stand überhaupt noch nicht fest, ob Mandragora
sich hier aufhielt oder ob nur der gewaltige Blütenduft Schuld
daran hatte, daß hier merkwürdige Dinge geschahen oder den
Eindruck erweckten, als würden sie geschehen.
Der Duft konnte halluzinatorische Eigenschaften haben…
Ohne den geringsten Zwischenfall erreichten Rani Mahay und
Macabros einen Durchlaß, den auch Danielle de
Barteaulieé wenige Augenblicke vor ihnen erreicht hatte.
Macabros’ Sinne waren ständig aufs äußerste
gespannt.
Er rechnete mit weiteren Zwischenfällen. Am liebsten
hätte er sich nacheinander in die Türme versetzt, um das
Schicksal Carminias zu ergründen. In einem der Türme
mußte sie jetzt sein. Daß sich alles in diesem
burgähnlichen Palast zuspitzte, kam nicht von ungefähr. Es
schien, als würde Mandragora wie eine Puppenspielerin
sämtliche Fäden ziehen.
Und nur er, Hellmark, war herausgenommen aus dem Spiel. Aus der
Ferne bekam er durch Macabros’ Erfahrungen allerdings alles
mit.
Der Durchlaß führte in einen tunnelartigen Gang, in dem
scharf gewundene Treppen in das Innere des Palastes führten.
Alles war still – bis auf die Schritte Danielles und ihres
Begleiters. Das dumpfe Tapsen der behaarten Pranken erklang aus
allernächster Nähe.
Wie zwei Schatten blieben Rani und Macabros hinter der
Französin.
Die Treppe mündete auf einem außergewöhnlich
breiten Korridor. Säulen, gewölbte Decken und schmale, hohe
Fenster kamen in ihr Blickfeld. Die Gläser waren dick und in
düsteren Farben. Ein Blick nach außen ließ den
Schloßhof und die ausgedehnten Gartenanlagen mehr ahnen als
erkennen.
Der Korridor wirkte dumpf und alt, es roch modrig. Dennoch war
auch hier noch der intensive Blütenduft wahrzunehmen.
Danielle de Barteaulieé verschwand um die Ecke. Als Mahay
und Macabros gleich darauf dort ankamen, zeigte sich, daß der
Korridor auf eine Art Plattform mündete. Die Wand war an der
Seite durchbrochen, es gab keine Fenster mehr, und man erkannte den
Verlauf der Mauerzinnen.
Mahay und Macabros verharrten wie vom Donner gerührt.
Jenseits der durchbrochenen Mauer gab es einen weiteren, noch
breiten Korridor. Er führte in eine düstere Halle, die an
einen Blütensaal erinnerte. Mitten drin stand eine Pflanze von
phantastischer Pracht. In den sanft und federleicht nach außen
geneigten Blättern thronte eine Frau von überirdischer
Schönheit.
Sie hatte die Arme leicht gespreizt und die Handinnenflächen
nach außen gedreht. Sie verhielt sich so, als wolle sie jemand
empfangen.
Das tat sie in diesem Moment.
Danielle de Barteaulieé und ihr Pelztier kamen auf sie
zu…
*
»… willkommen in meinem Reich«, sagte die Frau in
der überdimensionalen Blüte.
Rani Mahay und Macabros kauerten hinter der durchlöcherten
Mauer, wurden Zeuge jeder Szene und hörten jedes Wort.
»Ich freue ich immer auf Besucher. Hier in meinen Gärten
bin ich stets sehr einsam. Ganz selten nur kommt jemand hierher. Und
da ist es doch nur
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