Macabros 092: Mandragoras Zaubergärten
verständlich, daß ich denjenigen auch
hier behalten möchte, nicht wahr?« Die Worte waren direkt
an Danielle de Barteaulieé gerichtet, aber Macabros wurde das
Gefühl nicht los, daß sie auch ihnen galten.
Seine Augen befanden sich in stetiger Bewegung.
Er suchte etwas. Den Thron, von dem Orkon gesprochen hatte. Wo war
er?
So weit das Auge reichte, entdeckte er nichts, was man als Thron
hätte bezeichnen können. Es sei denn, die Form der riesigen
Blüte selbst, in der Mandragora stand. Nackt und
verführerisch.
Die Unruhe in Macabros wuchs. Er fühlte, daß er seinem
Ziel ganz nahe war, und doch außerstande, eine handfeste Aktion
durchzuführen. Er sah keinen Angriffspunkt.
Vor seinem inneren Auge ließ der gebannte Björn
Hellmark nochmal alle bisherigen Ereignisse Revue passieren.
Da war der Weg durch den Spiegel der Kiuna Macgullyghosh, ihre
Ankunft in der Falle… die Erkenntnis, daß er nur noch
geistig beweglich war… Macabros’ Begegnung mit Orkon…
der Auszug der Begleiter, während er selbst wie angewurzelt im
eisigen Dunkelfeld Thans zurückbleiben mußte… die
Tatsache, daß offenbar Carminia, Danielles und Rands Weg in die
Zaubergärten Mandragoras kürzer gewesen war und schneller
erfolgte als sein Eindringen dort… Ranis merkwürdige
Intuitionen… seine Vorahnungen, die Tatasche, daß er auf
Anhieb den richtigen Weg fand… Carminias Erlebnis mit den
unheimlichen Schmetterlingen… Danielle und das zottige
Monster… wie paßte alles zusammen? Wo stecke der Sinn?
Hatte er etwas übersehen?
Er war im Palast. Wenn die Nackte in der Blüte wirklich
Mandragora war, dann mußte dies auch ihr Thronsessel sein.
Hatte er sich seit Orkons Eindringen damals verändert?
Hellmarks Gedankengänge wurden unterbrochen, als
Macabros’ Aufmerksamkeit wieder auf die Worte Mandragoras
gelenkt wurden.
»Wer erst mal hier ist, wird immer bleiben«,
triumphierte sie. Sie reckte wollüstig die Arme, ihr ganzer
Körper spannte sich. »Dies galt bisher für jeden, ohne
Ausnahme… dies ist mein Palast der Träume. Von Fall zu Fall
komme ich hierher, um mich ganz zurückzuziehen. Mit dem
’Kristall der bösen Träume’ lade ich meine
medialen Kräfte neu auf, wandere durch Traumreiche und nehme die
mit, die ich darin vernichten will. Meine Gedanken sind wie Pfeile,
die immer ins Schwarze treffen, wie Geschosse, die tödlich
sind.«
Sie streckte, die linke Hand ein wenig aus.
Danielle de Barteaulieé schien eine Aufforderung darin zu
sehen, noch näher zu kommen. Wie in Trance ließ sie die
Lederschnur los.
Während Macabros bereit war, abzuwarten, was Mandragora
demonstrieren wollte, verlor Rani Mahay die Nerven.
Schon seit einiger Zeit war klar, daß der Inder ein Auge auf
Danielle geworfen hatte, daß er für sie mehr empfand als
Freundschaft… Er konnte nicht ertragen, daß sie direkt auf
Mandragora zuging, die gewiß nichts Gutes im Schild
führte.
»Danielle!« Mit einem Aufschrei stürzte er nach
vorn, noch ehe Macabros nach ihm greifen konnte.
Die Französin warf ruckartig ihren Kopf herum.
Mahay flog der jungen Frau förmlich entgegen. Mit
ausgestreckten Armen hechtete er durch eine der Maueröffnungen,
rollte über den Boden und stand im nächsten Moment schon
wieder auf den Beinen.
Dann ging es auch schon Schlag auf Schlag.
Der Inder riß die hübsche junge Frau an sich und
verhinderte, daß sie auf Mandragora zugehen konnte. Im
nächsten Moment lief er auf die zinnenbewehrte Mauer zu, sprang
darauf und eilte davon.
Macabros sah, wie der Freund nach einem Seil griff, das um eine
der Zinnen geschlungen war. Wie Tarzan ließ er sich behend
daran herab und hielt mit der anderen Hand die geliebte Frau
fest.
Hellmark versetzte seinen Zweitkörper, als er sah, daß
der pelzige Begleiter Danielles mit wütendem Brummen
seitwärts sprang. Der riesige Körper wogte, die Augen
schossen Blitze.
Macabros tauchte wie ein Geist aus dem Nichts vor dem Ungetüm
auf, das ihn um Haupteslänge überragte.
Der Angriff auf das Pelztier erfolgte blitzartig.
Macabros stand mit dem Rücken zur zinnenbewehrten Mauer und
führte den ersten Hieb mit dem ’Schwert des Toten
Gottes’ aus, um zu verhindern, daß das Ungetüm mit
scharfem Ruck das Seil durchreißen konnte, an dem Rani Mahay
und Danielle de Barteaulieé hingen.
Die Mauer war hoch. Macabros schätzte sie auf dreißig
bis vierzig Meter. Mahay hatte etwa die Hälfte der Strecke
hinter sich. Wenn der ’Bär’ jetzt zum Zug kam,
bedeutete dies
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