Macabros 116: Die Droge der Götter
lief wie am Schnürchen, und die Besucher des
›Horse-Clubs‹ waren mit dem Dargebotenen zufrieden.
Während der Show wechselten die Gäste an der Bar. Viele
wollten sich einen Dring – von der attraktiven Antonia
persönlich serviert – nicht entgehen lassen.
So fiel es nicht auf, daß im Halbdunkeln und bei dem Betrieb
plötzlich ein dunkelhaariger, gut gekleideter Mann auftauchte,
der den ganzen Abend noch nicht im Club war.
Santelli, der während der letzten zwanzig Minuten den Eingang
nicht mehr aus den Augen gelassen hatte, atmete unmerklich auf.
»Es geht los, Jungs. Manuel ist gekommen. Ihr drei kommt mit
mir zur Bar. Wenn Myers umkippt, kümmern wir uns um ihn. Als
helfender Samariter…«
Sie grinsten und bahnten sich einen Weg durch die Tischreihen.
Myers sah sie kommen und grinste ebenfalls.
Er prostete den vieren zu, besonders Santelli, und faßte
diesen ins Auge, als wollte er ihm sagen: mach keinen Quatsch, mein
Freund, denk’ an die letzte Nacht… Laß dir Rocco ein
Beispiel sein!
Den Neuen an der Bar beachteten Santelli und seine Leute nicht.
Der Italiener wollte ›Myers‹ vorzeitig keinen Hinweis auf
seinen Helfershelfer geben. Und Manuel, der telefonisch eingeweiht
war, spielte seine Rolle ebenfalls gut.
Der falsche Myers, dem ein Dämon beim Körpertausch
geholfen hatte, wirkte amüsiert, machte ein paar zweideutige
Bemerkungen und ließ den Italiener und seine Begleiter ganz
deutlich spüren, daß er sich auf der Gewinnerseite
sah.
»Ich freu’ mich schon auf Clarissas zweiten
Auftritt«, meinte er zu Santelli und tat so, als gäbe es
keinerlei Probleme zwischen ihnen. »Ich nehme an, es geht Ihnen
genauso wie mir… und auf falsche Gedanken, Santelli, werden Sie
ja wohl nicht mehr kommen.« Als er das sagte, streiften seine
Blicke die drei Begleiter des Italieners, die nicht sehr freundlich
dreinblickten.
Der zuletzt gekommene Besucher, Manuel, schien von alldem nichts
mitzubekommen.
In Wirklichkeit jedoch hatte er die Geste Mario Santellis
längst registriert und wußte, welche Person der Italiener
im Visier hatte.
›Ronald Myers‹ genoß einen weiteren Spezial-Drink,
und man merkte ihm an, daß er während der letzten beiden
Stunden schon gehörig zugelangt hatte.
Der geschluckte Alkohol hatte seineSprechweise verändert und
auch die Sicherheit seiner Bewegungen.
›Myers‹ wirkte dennoch aufmerksam, gerade was Santelli
und seine Leute betraf – und einmal deutete er mit seinen beiden
Fingern an, was er vorhatte, würde Santelli mit einem Trick
versuchen, ihn auszuschalten.
Der Trick war bereits im Gange.
Und ›Ronald Myers‹ merkte nichts davon.
Manuel saß an der Schmalseite der Bar und hantierte an
seiner langen Zigarettenspitze, in die er einen dünnen Zigarillo
steckte und ihn genüßlich anzündete.
›Myers‹ saß so, daß er dem Mann mit der
Zigarettenspitze den Nacken zudrehte.
Die Ausgangsposition für Santellis Mitwisser war
günstig.
Gleich hinter dem Mundstück befand sich der winzige
Druckknopf. Die Spitze wies genau auf ›Myers‹ Nacken.
Ein kurzer Druck auf den Kopf erfolgte.
Der winzige Pfeil, der unter der präparierten
Zigarettenspitze eingelegt war, wurde von der Feder abgeschossen.
Bei der geringen Entfernung waren Kraft und Zielsicherheit
enorm.
›Myers‹ zuckte zusammen. Seine Rechte fuhr nach oben, er
öffnete den Mund und wollte etwas sagen…
Da wirkte das Curare schon.
Mitten in der Bewegung erstarrte der Mann. Mund und Augen blieben
offen.
Santellis Gorillas reagierten sofort.
Fabrio war ihm am nächsten.
»Jetzt ist ihm schlecht geworden«, bemerkte er halblaut
und griff auch schon zu.
Ehe ›Ronald Myers‹ vom Stuhl kippen konnte, packte
Fabrio mit harter Hand zu und hinderte ihn daran.
Der von dem winzigen, mit Curare präparierten Pfeil
Getroffene war völlig gelähmt.
Manuel hatte Santellis Wunsch voll entsprochen und die Dosis
höher gewählt, als seiner Meinung nach nötig gewesen
war.
Das von den Italienern eingefädelte Spiel klappte wie am
Schnürchen.
Die Bardame wirkte zwar erschrocken, aber Santelli beruhigte sie
schnell wieder.
»Kein Grund zur Besorgnis, Antonia. Wer zuviel und zu schnell
trinkt, dem kann so etwas passieren.«
»Aber soviel hatte er nicht, Mario! Ron hatte noch lange
nicht sein Quantum erreicht. Ob wir nicht doch besser einen
Arzt…«
»Ich kümmere mich um ihn. Keinen unnötigen Aufruhr,
Antonia! Vergraul’ den Leuten hier im Raum das Vergnügen
nicht…«
Nur die
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