Macabros 116: Die Droge der Götter
unmittelbar Beteiligten waren auf das Ereignis aufmerksam
geworden und wollten Hilfe leisten.
Auch der Südamerika-Reisende Manuel.
»Gut gemacht, alter Junge«, wisperte Santelli im
Vorübergehen unauffällig. »Du hast uns da eine harte
Nuß geknackt. Ich meldete mich morgen bei dir und berichte
ausführlich.«
Der Mann, der Ronald Myers’ Leben angenommen hatte, wurde
durch einen Hinterausgang weggebracht.
Wer es merkte, waren Dick Lorington und der echte Ronald Myers in
der Gestalt Marvin Cooners. Sie hatten den ganzen Abend mehr die Bar
beobachtet als die Bühne.
»Ich hab’s geahnt«, knurrte Lorington und versetzte
seinem fremd aussehenden Freund einen Schlag auf die Schulter.
»Santelli ist uns auf den Leim gegangen. Er wird sich diesen
›Myers‹ jetzt vorknöpfen – und dann bleibt
abzuwarten, ob der andere noch lange wünscht, seine Rolle als
Ronald Myers fortzusetzen, Ron… Es ist nicht gut, Santelli zum
Feind zu haben. Er kann einem anderen das Leben zur Hölle
machen. Und diesmal ist der falsche Myers an der Reihe.«
Lorington war aufgeregt.
Er löste sich aus dem halbdunklen Separee. Sein Freund
schloß sich ihm an.
»Mich interessiert, was sie mit ihm machen«, murmelte
Lorington und benutzte ebenfalls den Hinterausgang, der auf den
Parkplatz hinter dem Haus führte, wo viele Autos standen.
Die Zufahrt zum Platz bildete ein Torbogen, der direkt auf die
Carnaby-Street mündete.
Ein Wagen sprang an.
Santellis Bentley.
Er saß hinter dem Steuer, neben ihm einer seiner Begleiter.
Auf dem Rücksitz die beiden Männer, die mit ihm gekommen
waren. Sie hatten den offensichtlich gelähmten falschen Myers
zwischen sich genommen.
Der Wagen rollte auf die Straße, und zehn Sekunden
später folgte Loringtons Fahrzeug.
»Ich will wissen, was sie mit ihm machen«, sagte der
kräftige Mann erregt. »Ich glaube, Ron, wir werden heute
nacht noch eine Menge Spaß haben.«
*
Das also war der Tod!
Erst die Dunkelheit, dann das helle Licht, das so grell war,
daß er meinte, es nicht lange ertragen zu können.
Das Bewußtsein, eben noch erloschen, erwachte zu neuem
Leben.
Und dann war auch die Helligkeit abgestuft.
Seine ersten Gedanken waren: wo befanden sich die anderen, die
ebenfalls in den fressenden Schatten geraten waren?
Keine Spur von den Fremden.
Sie waren verschwunden.
Unendliche Stille umgab ihn. Er empfand sie fast als angenehm,
auch die Umgebung, nachdem er sie sehen konnte.
Er hatte das Gefühl, nach der Schwärze und
plötzlichen Enge in eine Weite und Helligkeit zu treten, die er
nur als ›paradiesisch‹ bezeichnen konnte.
Tausende von Spiegelflächen umgaben ihn.
Er befand sich inmitten eines Meeres von geschliffenen
Kristallen.
Der Boden war Kristall.
Der Himmel rings um ihn und über unterschied sich ebenfalls
nicht vom Boden.
Aus ihm wuchsen riesige Trauben, die aus geschliffenen Kristallen
bestanden.
Auch dies hier war ein Tempel.
Ein Ort des Friedens und der Zurückgezogenheit.
Aber – konnte er sich auf diesen Eindruck verlassen?
Schließlich waren Hunderte von Fremden mit ihm von dem
Schatten aufgenommen worden.
Sie – waren eins geworden mit den Kristallen dieser
Halle.
Niemand sagte es ihm, es gab keinen Hinweis darauf – er
wußte es einfach…
Die Bilder der Gewißheit stiegen in ihm auf.
Und Bilder zeigten sich in den geschliffenen Kristallen, die wie
groteske Felsen und andere unbeschreibliche Gebilde aus dem hellen,
lichtüberfluteten Boden wuchsen.
Hellmark kniete nieder. Er hatte das ›Schwert des Toten
Gottes‹ auch in diesem Traumland bei sich.
Ohne besondere Anstrengungen stieß er die Spitze des
Schwertes neben sich in den Boden und nahm dann mit beiden
Händen einen Kristall von der Erde auf, der lose lag.
In ihm spiegelte es sich.
Dreidimensional wuchs ein Bild hervor. Es war umrahmt von
grünen Schlieren und diffusen Schleiern. Eine grüne
Wildnis…
In der Reihe davor waren die Umrisse von Hütten.
Das Dschungeldorf!
Er sah den Platz, auf dem die grüne’ Priesterin
stand.
Ihr ausdrucksstarkes Gesicht kam ihm nahe und wuchs aus dem
Kristall.
Ich träume, sagten seine Gedanken.
»Nein!« erwiderte da die Stimme der grünen
Priesterin. »Du bist wirklich hier… dies ist deine Aufgabe,
erinnerst du dich denn nicht?«
Er vernahm die Stimme aus ihrem Mund und sah, wie Vunar die sanft
geschwungenen, grünen Lippen bewegte.
Hatte er nicht eine andere Aufgabe?
Er wußte es nicht mehr. Aber das Gefühl, etwas
vergessen zu
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