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Macabros 119: Flieh, wenn der Schattenmann kommt

Macabros 119: Flieh, wenn der Schattenmann kommt

Titel: Macabros 119: Flieh, wenn der Schattenmann kommt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Shocker
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unter dem Dach waren angefüllt mit
Möbeln, Bildern, Kästen und allerlei Dingen, die sie selbst
im einzelnen nicht mehr aufzählen konnte. Hier oben verstaubten
sie.
    Die Türen zu den dunklen, vollgestellten Räumen standen
weit offen, und Tom, der Kater, war der einzige, der sie gelegentlich
betrat. Von Fall zu Fall lief ihm dabei eine Maus über den Weg,
und wenn sie gerade nahe genug war, so daß er sich nicht erst
mit einem Sprung anstrengen mußte, riß er auch das Maul
auf und biß zu.
    Eine eigenartige, bizarre Stimmung herrschte in den kleinen,
dunklen Räumen. Die Wände überall waren mit Bildern
übersät. Die Motive zeigten Landschaften und Porträts
von Personen, die in vergangenen Zeiten gelebt hatten.
    Für dunkle Bilder in schwären, holzgeschnitzten Rahmen
besaß Mary-Anne Kelling eine Schwäche.
    Auch an diesem Abend saß sie wie gewohnt in dem hohen
Lehnsessel, hatte die Beine mit einer Decke umhüllt und auf
einem Schemel liegen.
    Auf einem schweren, eichenen Sideboard neben der Tür stand
der altmodische Radioapparat. Das magische Auge glühte
grün, und aus dem Lautsprecher drang leise Musik. Mary-Anne
Kelling lauschte einem Konzert des New York Opera Orchesters.
    Versunken saß sie da. Die sonst so strengen
Gesichtszüge wirkten entspannt.
    Manchmal knisterte es im Gebälk, oder es rieselte Sand durch
einen Hohlraum im Mauerwerk. Vertraute Geräusche, auf die die
einsam wohnende Frau nicht mehr reagierte.
    Der Platz am Fenster, wo der fette Kater sonst zu liegen pflegte,
war leer.
    Auch das war normal.
    Es war die Stunde, die Tom manchmal nutzte, um durch die dunklen
Räume im oberen Stockwerk zu wandern, in der Hoffnung, daß
ihm durch Zufall eine Maus über den Weg lief.
    Mary-Anne Kelling hielt die Augen geschlossen und hatte ihre
Umwelt vergessen, als schrilles Kreischen sie aus ihrer Versunkenheit
riß.
    Der Schrei ging der Frau durch Mark und Bein, hallte durch das
nächtliche Haus, brach sich als vielfaches Echo und schien in
allen Räumen, Ecken und Winkeln gleichzeitig zu sein.
    »Tom!«
    Die Frau sprang aus ihrem Sessel empor, als hätte sich dort
eine Sprungfeder gelöst, die sie hochjagte.
    Mary-Anne Kelling stand sekundenlang wie versteinert.
    Das Kreischen war verebbt. Totenstille herrschte wieder.
    »Tom?!« rief Mary-Anne Kelling verhalten und starrte auf
die offene Tür, die auf den düsteren Korridor
führte.
    Der Kater folgte wie ein Hund aufs Wort, wenn die Frau ihn rief,
dann kam er. Aber Tom tauchte nicht auf…
    Die allein im Haus lebende Frau zitterte vor Erregung. Ihr
Herzschlag raste.
    Sie griff im Vorübergehen mechanisch nach dem eisernen
Feuerhaken, der in einem Ständer neben dem offenen Kamin hing.
Damit bewaffnet machte sie sich auf den Weg durch den Korridor
über die Treppe nach oben.
    Sie knipste sämtliche Lichter an. Etwas, das seit Ewigkeiten
nicht mehr vorgekommen war…
    Mary-Anne Kelling war einzige gespannte Aufmerksamkeit.
    Befand sich jemand im Haus? Ein – Einbrecher? Mit einem
solchen Fall mußte sie immer rechnen. Die Werte, die sie
aufbewahrte, waren verlockend.
    Hier in der Straße wurde genug über sie gemunkelt. Da
konnte auch mal etwas an die falsche Adresse geraten.
    Was war mit Tom geschehen?
    Hatte er sich verletzt? Hatte jemand nach ihm geschlagen?
    Die Türen jenseits der nach oben führenden Treppe waren
nie geschlossen. Vom Treppenabsatz aus konnte die Frau in die
einzelnen Räume sehen, die eher den Eindruck von Rumpelkammern
machten als von Zimmern.
    Die Dachfenster waren verriegelt und extra gesichert. Da konnte
niemand so ohne weiteres eindringen, ohne Lärm zu
verursachen.
    »Tom?«
    Verwirrt ging sie von einer Tür zur anderen und blickte in
den dahinterliegenden Raum.
    Die Möbel, Bilder und Kisten waren verstaubt.
    Im zentimeterdicken Staub waren runde Abdrücke zu erkennen:
Die Pfoten einer Katze.
    Hatte Tom sich verletzt? War er irgendwo eingeklemmt? War er
gestürzt?
    Ein leises Miauen wenigstens hätte sie auf seine Spur
gebracht. Aber diese Stille…
    Unter den Schritten der Frau knarrten die alten Dielen und
verstärkten den Eindruck des Unheimlichen und Gespenstischen in
dem Kelling-Haus.
    Die mittlere Tür…
    Sie stand nur einen spaltbreit offen, Mary-Anne Kelling
stieß die Tür mit dem Schürhaken weiter nach innen,
hielt den eisernen Gegenstand fest umklammert und war bereit, sofort
zuzuschlagen, wenn irgend etwas Ungewöhnliches sich ereignen
sollte.
    Die Deckenlampe warf ein schwaches, gelbliches Licht über

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