Macabros Neu 01 - Der Leichenorden von Itaron
an.
»Mehr als du denkst!«
Der Knochenmann wies auf die Scheide, in der Björn das Schwert des Toten Gottes mit sich führte. »Leg es ab! Oder soll unsere Armee von Untoten doch noch die Siedlung der Kulariden bis auf den letzten Mann ausrotten?«
Björn gehorchte und ließ das Schwert, seine mächtigste Waffe im Kampf gegen die Dämonen, auf den Boden fallen. Waffenlos ging er weiter … es blieb ihm keine andere Wahl. Um die Kulariden zu retten, lieferte er sich schutzlos dem Leichenorden aus.
»Wir haben alles für dich vorbereitet, denn du bist eines der Opfer, die Itaron dringend benötigt … es sind solche wie du, die uns das geben, was wir brauchen.«
»Solche wie ich?«, fragte Björn, obwohl er ahnte, wovon der Knochenmann sprach.
Das Skelett packte ihn, zerrte ihn in Richtung eines aufrecht stehenden gläsernen Sarges – und stieß ihn hinein.
»Nachfahren Xantilons«, rief das Skelett mit grabeskalter Stimme. »In deiner Welt werden sie gesammelt und hierhergeschickt, damit Rha-Ta-N’mys Plan in Erfüllung gehen kann. Ihr Erbe lebt in Itaron, in ihrer herrlichen Leichenstadt … und bald lebt es in allen Welten und Dimensionen!«
Nachfahren Xantilons … Damit bestätigte sich seine Vermutung.
Die Bilder des Sternenschlosses, die Menschen, die nach Itaron gelockt wurden … Das alles ergab auf einmal einen Sinn. Der Leichenorden verwaltete das Erbe Molochos’ und Rha-Ta-N’mys. Dafür benötigte er besondere Energien, die ihm nur die Nachfahren einstiger Xantilonier liefern konnten.
»Was geschieht mit den Menschen, die ihr opfert?«, wollte Björn wissen.
»Sie sind nicht wie andere Sterbliche … in ihren Seelen liegt mehr als in denen anderer. In Xantilon erlebte die Macht der Dämonengöttin eine besondere Blüte, und in den Seelen derer, die noch immer mit dem alten Kontinent verbunden sind, existiert etwas, das Itaron braucht. Es gibt ein Zeitfeld, das unsere Welt von allen anderen trennt.«
»Ich war dort.« Björn erinnerte sich nur zu gut an jene seltsame Zwischenwelt, die er bei seiner Reise nach Itaron durchquert hatte.
»Die Xantilonier kommen nach Itaron«, sprach das Skelett weiter, »und dann tritt der Leichenorden in Aktion. Nur deshalb hat Rha-Ta-N’my uns einst mit dieser Aufgabe betraut. Wir opfern die Xantilonier, indem wir ihre Lebensenergie dem Zeitfeld zuführen. Die Körper der Xantilonier aber verkümmern dabei und verändern sich. Sie verlieren ihr Gedächtnis und werden zu – Kulariden …«
Das also war das Geheimnis des Lebens in Ita-Kularon. Die Kulariden war gar kein eigenes »Volk«, sondern lediglich eine Art Überrest der Xantilonier, die durch die Opferung ihrer Lebensenergie ihr Gedächtnis wie auch ihrer körperlichen Kräfte beraubt wurden.
Aus demselben Grunde zogen die Skelettkrieger Menschen den Kulariden als Opfer vor. Kulariden hatten bereits einen großen Teil ihrer Lebensenergie verloren. Sie lebten nur noch als Schatten ihrer einstigen Existenz, einzig lebensfähig durch das Feld der Nicht-Veränderung, das sich um Itaron spannte und dass sie buchstäblich mit ihrem eigenen Leben bezahlt hatten. Ein geopferter Kularide hingegen verlor auch diese Restlebensenergie und verwandelte sich in eine vergangene Seele, die selbst dann noch dem Leichenorden auf Abruf zur Verfügung stehen musste. Erst jetzt begriff Hellmark das menschenfeindliche, tödliche Regime des Leichenordens in vollem Umfang. Es schauderte ihn. Rha-Ta-N’my hatte ganze Arbeit geleistet!
Trotzdem blieben einige Fragen ungeklärt. Warum hatte die Dämonengöttin diese Sphäre um Itaron geschaffen? Was war Itaron überhaupt? Hatte Rha-Ta-N’my für sich und ihresgleichen eine Art Rückzugsort schaffen wollen, in dem ihre Kräfte ihren Tod überdauerten? Oder war der Effekt, dass die dämonischen Einflüsse auf Itaron überlebt hatten, gar kein Kalkül, sondern ein Produkt des Zufalls? Woher kamen die Skelettkrieger? Hatten sie, ähnlich wie die Kulariden, früher ebenfalls einem anderen Volk angehört, das von Rha-Ta-N’my versklavt und seiner Rechte beraubt worden war?
Björn Hellmark kam nicht dazu, all diese Fragen zu stellen. Das Skelett packte den gläsernen Deckel des Sarges und schloss ihn krachend. Björn war gefangen. Zwar kannte er jetzt einen Großteil der Zusammenhänge – aber was nutzte das schon?
Die vergangenen Seelen sammelten sich um den gläsernen Sarg, wohl schon in Vorfreude auf eine neue, makabere Mahlzeit …
Das Schwert des Toten Gottes lag noch
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