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MacBest

Titel: MacBest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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mit den Augen und schickte ein stummes Gebet an alle zuhörenden Götter.
    Es ging bereits alles schief. Sicher, bei den früheren Proben war es zu den üblichen Kinderkrankheiten gekommen, aber während der vergangenen Jahre hatte Hwel mehrmals Gelegenheit gefunden, monumentale Theaterschrecken kennenzulernen, und er wußte nun, daß sich besonders entsetzliches Inszenierungsentsetzen anbahnte. Die Schauspieler schienen nervöser zu sein als Hummer in einem Kochtopf. Aus den Ohrenwinkeln hörte er, wie der Bühnendialog ins Stocken geriet, und daraufhin lief er zu den Seitenkulissen zurück.
    »… den grauenvollen Tod deines Vaters zu rächen …«, zischte Hwel, wirbelte um die eigene Achse und hastete zu den zitternden Hexen. Er stöhnte. Bei allen diversen Alarmen: Diese drei alten Frauen (jungen Männer) sollten ein ganzes Königreich terrorisieren. Bis zum Auftritt blieb noch eine Minute.
    »Na schön!« sagte er und riß sich zusammen. »Wer seid ihr? Ihr seid böse Hexen, stimmt’s?«
    »Ja, Hwel«, erwiderten sie schüchtern.
    »Sagt mir, wer ihr seid!« befahl er.
    »Wir sind böse Hexen, Hwel.«
    »Lauter!«
    »Wir sind böse Hexen!«
    Der Zwerg marschierte an den drei unsicheren Schauspielern vorbei und drehte sich jäh um. »Und worin besteht eure Aufgabe?«
    Die Zweite Hexe kratzte sich an seiner lebendigen Perücke.
    »Sollen wir Leute verfluchen?« erkundigte er sich. »Es steht im Manus …«
    »Ich-kann-euch-nicht-HÖREN!«
    »Wir verfluchen Leute!« erwiderten die drei Hexen wie aus einem Mund. Sie nahmen Haltung an und sahen starr geradeaus, um Hwels Blick zu meiden.
    Der Zwerg legte die Hände auf den Rücken und ging erneut an seiner Truppe vorbei.
    »Wer seid ihr?«
    »Wir sind Hexen, Hwel.«
    »Was für Hexen?«
    »Wir sind schwarze Hexen der Nacht!« riefen die drei jungen Männer und fanden allmählich Gefallen an ihrer Rolle.
    »Was für schwarze Hexen der Nacht?«
    »Böse schwarze Hexen der Nacht!«
    »Plant ihr Verschwörungen?«
    »Ja!«
    »Wollt ihr Unheil bringen?«
    »Ja!«
    Hwel richtete sich zu seiner vollen Größe von etwa neunzig Zentimetern auf.
    »Wer-seid-ihr?« donnerte er.
    »Wir sind böse schwarze Hexen der Nacht, die Verschwörungen planen und Unheil bringen!«
    »Genau!« Hwel deutete mit einem vibrierenden Zeigefinger zur Bühne, senkte die Stimme … Genau in diesem Augenblick raste ein dramatisches Inspirationspartikel durch die Atmosphäre, traf seinen Kreativitätsknoten und veranlaßte ihn zu folgenden Worten: »Ich möchte jetzt, daß ihr nach draußen geht und ihnen die Hölle heiß macht. Nicht für mich. Nicht für den gottverdammten Captain.« Er rollte einen imaginären Zigarrenstummel von der einen Mundseite zur anderen, schob einen nicht existierenden Helm zurück und knurrte: »Für Corporal Walkowski und seine Jungs.«
    Die Hexen starrten den Zwerg verwirrt an.
    Jemand schüttelte eine Blechplatte und brach den Bann.
    Hwel schloß die Augen. Er war in den Bergen aufgewachsen, wo Gewitter auf Beinen aus Blitzen von Gipfel zu Gipfel schritten. Er erinnerte sich an Gewitter, die ganzen Gebirgen eine neue Form gaben und Wälder entwurzelten. Der Klang einer Blechplatte ließ sich damit nicht vergleichen, auch wenn man sie noch so energisch schüttelte.
    Nur einmal, dachte Hwel. Nur ein einziges Mal möchte ich die Chance bekommen, alles richtig hinzukriegen.
    Er hob die Lider und musterte die Hexen.
    »Worauf wartet ihr noch?« rief er. »Auf die Bühne mit euch. Und verflucht ordentlich!«
    Er beobachtete, wie die drei Lehrlinge forteilten, und dann klopfte ihm Tomjon auf den Kopf.
    »Wir haben keine Krone.«
    »Hmm?« erwiderte Hwel, während er in Gedanken mit der Konstruktion einer Blitz-und-Donner-Maschine begann.
    »Wir haben keine Krone. Und ich brauche eine.«
    »Natürlich haben wir Kronen. Zum Beispiel die große mit dem roten Glas, sehr eindrucksvoll, die Zuschauer in der Stadt mit dem großen Platz waren begeistert …«
    »Ich glaube, sie blieb dort zurück.«
    Erneut grollte asthmatischer Donner, und jener Teil von Hwel, der die Schauspieler zur Bühne begleitete, hörte eine stotternde Stimme. Einmal mehr stürmte er zu den Seitenkulissen.
    »… viele Kinder habe ich erwürgt …«, flüsterte er und sprintete zurück.
    »Nun, dann nimm eben eine andere«, sagte er schlicht. »Aus der Kiste. Du bist der Böse König, und was wäre ein König – ob gut oder böse – ohne Krone? Los jetzt, Junge, in einigen Minuten beginnt dein Auftritt!

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