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MacBest

Titel: MacBest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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behauptete, tot zu sein, obwohl er nach Herzenslust atmete – das war eine völlig neue und beunruhigende Erfahrung.
    »Ich lauere den Lebenden auf«, sagte Lord Felmet verträumt. »Des Nachts rassele ich mit meinen Knochen. Ich hocke auf dem Dach und verkünde den Tod im Haus …«
    DAS IST DIE AUFGABE DER TODESFEEN.
    »Trotzdem werde ich auf Dächern hocken, wenn ich Lust dazu habe«, sagte der Herzog mit einer Spur seiner früheren Entschlossenheit. »Ich schwebe durch Wände, klopfe auf Tische und lasse Ektoplasma auf all diejenigen herabtropfen, die ich nicht mag. Ha, ha.«
    DA MUSS ICH DICH ENTTÄUSCHEN. LEBENDEN IST ES NICHT ERLAUBT, ALS GEISTER ZU SPUKEN. TUT MIR LEID.
    Lord Felmet unternahm den vergeblichen Versuch, eine Mauer zu durchdringen, gab auf und öffnete statt dessen eine Tür, die zu einem brüchigen Teil des Wehrwalls führte. Der Sturm ruhte sich ein wenig aus, und eine dünne Mondrinde verbarg sich halb hinter den Wolken, wie ein Schwarzhändler, der Karten für die Ewigkeit anbot.
    Tod trat hinter ihm durch die Wand.
    »Nun«, begann der Herzog, »wenn ich nicht tot bin, warum bist du dann hier?«
    Er sprang auf eine Zinne und ließ das Laken wehen.
    ICH WARTE.
    »Ich hoffe, dein Vorrat an Geduld ist groß genug, Knochengesicht«, keifte der Herzog triumphierend. »Ich bin fest entschlossen, in der Welt des Zwielichts zu verweilen. Ich suche mir Ketten, um sie laut zu schütteln. Ich …«
    Er wich zurück, verlor das Gleichgewicht, landete auf bröckeligem Stein und rutschte. Ein oder zwei Sekunden lang tasteten die Überbleibsel seiner rechten Hand nach Halt und verschwanden dann mit dem Rest des Körpers.
    Tod kann sich natürlich an mehreren Orten gleichzeitig aufhalten, und deshalb ist es durchaus zutreffend, wenn hier folgendes festgestellt wird: Einerseits wartete er auf dem Wehrwall und strich geistesabwesend imaginären Staub von der glühenden Klinge seiner Sense; andererseits stand er bis zur Hüfte im gischtenden, mit vielen spitzen Felszähnen ausgestatteten Wasser des Flusses Lancre und ließ einen kalkigen Blick umherschweifen, der dort verharrte, wo die Strömung einige trügerische Zentimeter über kantigen Steinen hinwegrauschte.
    Nach einer Weile setzte sich der Herzog auf. Die phosphoreszierenden Wellen rollten nun durch seinen transparenten Leib.
    »Ich durchstreife die Flure, und in stillen Nächten flüstere ich unter den Türen«, sagte er. Seine Stimme wurde leiser, verlor sich fast im unaufhörlichen Donnern des Flusses. »Ich lasse Korbsessel höchst bedrohlich knacken, wart’s nur ab.«
    Tod musterte ihn und lächelte.
    DAS LÄSST SICH SCHON EHER HÖREN.
    Es begann zu regnen.
     
    Der Regen in den Spitzhornbergen zeichnet sich durch eine sonderbar durchdringende Qualität aus. Im Vergleich dazu wirkt normaler Regen praktisch trocken. Er ergoß sich auf die Dächer des Schlosses, und irgendwie schien es ihm zu gelingen, direkt durch die Schindeln zu fließen. Er füllte den Großen Saal mit unangenehmer warmer Feuchtigkeit. 23
    Die halbe Bevölkerung von Lancre hatte sich im Saal eingefunden. Draußen übertönte das Rauschen des Regens sogar das ferne Tosen des Flusses. Er spülte fast die Bühne fort. Die bunten Farben des bemalten Hintergrunds zerrannen und vermischten sich; ein Vorhang löste sich von der Haltestange und fiel traurig in eine große Pfütze.
    Im Schloß beendete Oma Wetterwachs gerade ihre Rede.
    »Du hast die Krone vergessen«, flüsterte Nanny Ogg.
    »Oh«, sagte Oma. »Ja, die Krone. Sie befindet sich auf seinem Kopf, wie man deutlich erkennt. Wir haben sie bei den anderen Kronen versteckt, als die Theatergruppe Lancre verließ – weil dort niemand nach ihr suchen würde. Seht nur, wie gut sie ihm paßt.«
    Es war Oma Wetterwachs’ außergewöhnlicher Überzeugungskraft zu verdanken, daß tatsächlich alle sahen, wie gut die Krone Tomjon paßte. Die einzige anwesende Person, die vielleicht Einwände erhoben hätte, hieß Tomjon: Er spürte, daß nur seine Ohren die Krone daran hinderten, eine Halskette zu werden.
    »Stellt euch vor, was er empfand, als er sie zum erstenmal aufsetzte«, fuhr sie fort. »Ich nehme an, er fühlte dabei ein ominöses Prickeln.«
    »Eigentlich war es eher wie …«, begann Tomjon, aber niemand achtete auf ihn. Er zuckte mit den Schultern und beugte sich zu Hwel hinab, der noch immer fleißig schrieb.
    »Bedeutet ›ominös‹ unangenehm?« flüsterte er.
    Der Zwerg sah aus trüben Augen zu ihm

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