MacBest
blieb Omas Gesicht eine unbewegte Maske, während sie überlegte und eine Entscheidung zu treffen versuchte. Dann lächelte sie. »Wie du wünschst«, sagte sie und holte Hwel, der sich weigerte, seinen Federkiel loszulassen.
Der Zwerg verneigte sich steif.
»Das ist nicht nötig«, sagte Tomjon scharf. »Wie soll ich mich jetzt verhalten?«
»Keine Ahnung. Möchtest du, daß ich dir eine Einwilligungsrede schreibe?«
»Ich habe dich mehrfach darauf hingewiesen, daß mir nichts daran liegt, König zu werden!«
»Dann könnten sich bei der Einwilligungsrede gewisse Probleme ergeben«, antwortete der Zwerg. »Hast du gründlich darüber nachgedacht? Es ist eine großartige Rolle, König zu sein.«
»Aber man kann keine andere mehr spielen!«
»Hmm. Nun, dann lehn ab. Ein ›nein‹ genügt.«
»Einfach so? Und du meinst, es klappt?«
»Es dürfte einen Versuch wert sein.«
Einige Würdenträger von Lancre näherten sich dem Thron und trugen die Krone auf einem Kissen. Ihre Gesichter brachten eine Mischung aus verkniffenem Respekt und einem Hauch Selbstzufriedenheit zum Ausdruck. Sie behandelten die Krone so, als sei es das Geschenk-füreinen-braven-Jungen.
Der Bürgermeister hüstelte hinter vorgehaltener Hand.
»Es dauert etwas, um eine angemessene Krönungsfeier vorzubereiten«, begann er, »aber wir würden gern …«
»Nein«, sagte Tomjon.
Der Bürgermeister zögerte. »Wie bitte?« fragte er.
»Ich bin nicht bereit, König zu werden.«
Der Bürgermeister zögerte erneut. Seine Lippen zitterten lautlos, und die Augen trübten sich. Er hatte das Gefühl, irgend etwas nicht verstanden zu haben, beschloß deshalb, noch einmal von vorn anzufangen.
»Es dauert etwas, um eine angemessene Krönungsfeier …«
»Nein«, wiederholte Tomjon, »ich will die Krone nicht.«
Der Mund des Bürgermeisters bewegte sich wie der eines Karpfen.
»Hwel?« fragte Tomjon verzweifelt. »Du kannst mit Worten besser umgehen.«
»Allem Anschein nach besteht das derzeitige Problem darin«, sagte der Zwerg, »daß ›nein‹ nicht zu den üblichen Optionen gehört, wenn jemandem eine Krone angeboten wird. Vielleicht gäbe er sich mit einem ›vielleicht‹ zufrieden.«
Tomjon stand ganz auf, nahm die Krone und hielt sie wie ein Tamburin über den Kopf.
»Hört mir alle zu«, intonierte er. »Ich danke euch für das Angebot, und es ist eine große Ehre für mich. Aber ich muß es ablehnen. Ich habe mehr Kronen getragen, als ihr zählen könnt, und das einzige Königreich, das ich zu regieren verstehe, hat vorn einen Vorhang. Es tut mir leid.«
Völlige Stille schloß sich an. Tomjon schien nicht die richtigen Worte gewählt zu haben.
»Ein weiteres Problem kommt hinzu«, meinte Hwel. »Eigentlich hast du gar keine Wahl. Du bist der König. Für diesen Job warst du von Geburt an vorgesehen.«
»Aber ich bin doch gar nicht gut im Regieren!«
»Das spielt keine Rolle. Ein König muß nicht unbedingt gut im Regieren sein; es genügt völlig, daß er König ist.«
»Laß mich nicht im Stich! Hier gibt’s nur Wälder!«
Erneut fühlte Tomjon erstickende Kühle, und diesem Empfinden folgte das leise Summen in den Ohren. Ein oder zwei Sekunden lang glaubte er, wie vagen Dunst einen großen traurigen Mann zu sehen, der vor ihm stand und eine flehentliche Hand ausstreckte.
»Entschuldige bitte«, flüsterte er. »Aber ich meine es ernst.«
Durch den verblassenden Schemen sah er die Hexen, deren Blicke an ihm festklebten.
Neben ihm sagte Hwel: »Du hast nur dann eine Chance, wenn es noch einen Thronerben gibt. Erinnerst du dich an irgendwelche Brüder und Schwestern?«
»Nein! Hwel, ich …«
Die Hexen führten ein neuerliches lebhaftes Gespräch. Dann schritt Magrat durch den Saal; sie bewegte sich wie eine Flutwelle, wie Blut, das einem plötzlich in den Kopf schoß. Sie schüttelte Oma Wetterwachs’ Hand ab, hielt wie ein Kolben auf den Thron zu und zog den Narren mit sich.
»Heda?«
»Äh. Hallo ho !«
»Äh, heda, entschuldigt bitte, hört uns jemand?«
In den oberen Bereichen des Schlosses schien es recht heiter zuzugehen; allgemeiner Jubel herrschte dort. Niemand vernahm die höflichen und besorgten Stimmen, die in Verliesen und Kerkern widerhallten. Mit jeder verstreichenden Stunde wurden sie höflicher und besorgter.
»Äh, heda? Entschuldigt bitte? Billem kann Ratten nicht ausstehen, wenn ihr versteht, was ich meine. Hallohalla!«
Stellen wir uns vor, wie die imaginäre Kamera langsam durch die
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