Mach sie fertig
diesen Diskussionen beteiligt. Und er war einer der Wortführer. Eines Tages standen wir als Wachposten in einer Gruppe hinter dem Riddarhus. Ich kann mich noch erinnern, wie Adamsson einen jüngeren Mann zusammengestaucht hat. Er hat ihn richtig angefahren. Du verrätst unser Vaterland, brüllte er. Das erinnere ich noch ziemlich genau.«
Thomas sah sich in Runebys Wohnzimmer um, während er interessiert zuhörte. Bücherregale aus dunklem Holz mit Familienfotos und der Nationalenzyklopädie, Guillous gesammelten Werken und diversen Fotoalben. An der anderen Wand hingen vier große gerahmte Schwarzweißfotografien, die einen Küstenstreifen abbildeten. Thomas nahm an, dass Runeby oder seine Frau sie selber fotografiert hatten.
»Ich muss Ihnen vielleicht noch ein paar Hintergrundinformationen geben. Viele innerhalb der Polizei waren der Auffassung, dass Krieg herrschte. Nicht nur der Krieg, den wir alltäglich zu bewältigen haben, das heißt, der gegen die Verbrecher, sondern etwas Größeres. Die freie Welt gegen den Kommunismus. Der Russe konnte jeden Tag einfallen. Und viele Polizisten betrachteten sich als Teil der letzten Bastion, die einem Angriff würde trotzen müssen.«
Thomas dachte an seinen Vater. Wie sehr er auch Sozialdemokrat gewesen sein mochte, hatte er auch immer von den Russen geredet. Wenn wir nicht auf der Hut sind, wird es uns so ergehen wie dem Baltikum, hatte er oft gesagt.
Runeby sprach langsam. » 1982 habe ich bei der Norrmalmspolizei angefangen. Zu dieser Zeit gab es dort sechs Einsatzkommandos. Eines von ihnen gehörte der sogenannten Truppe, dem Wachbezirk 1 , an und wurde von einem Offizier geleitet, der inzwischen tot ist. Er hieß Jan Malmström; haben Sie mal von ihm gehört?«
Thomas kam der Name vage bekannt vor, aber er wollte mehr wissen. Er schüttelte den Kopf.
»Er war in mancherlei Hinsicht eine Legende. Aber WB 1 war in sich geschlossen, dort redete man selten mit uns anderen, folgte ausschließlich Malmströms Order, hielt die Maßregelungen hinter verschlossenen Türen ab. Es war allgemein bekannt, dass sie sich wie richtige Schweine benahmen, verzeihen Sie den Ausdruck, und mit denen sympathisierten, die ganz weit rechts standen. Ich erinnere mich daran, dass einer von ihnen, Leif Carlsson, sich öffentlich als Nazi bezeichnete. Die anderen waren ebenfalls knallhart. Wie auch immer, diverse Männer im WB 1 waren auch politisch aktiv. Es gab eine Vereinigung, die einmal in jedem Monat in Gamla stan zusammenkam. Sie pflegte Verbindungen zu einer rechtsextremen Zeitung mit dem Namen Contras. In diesem Zusammenhang habe ich Adamsson etwas später wiedergetroffen. Ich war selbst, wie soll ich mich ausdrücken,
äußerst kritisch
angesichts dessen, dass gewisse Elemente innerhalb der schwedischen Regierung dermaßen Nachsicht mit den Kommunisten walten ließen.«
Das hier wurde langsam ziemlich heiß. Thomas konnte sich die Frage nicht verkneifen: »Lebt Leif Carlsson noch?«
»Leif Carlsson lebt noch, soweit ich weiß, aber er müsste inzwischen um die siebzig sein. Wo war ich stehengeblieben? Genau. Das Einsatzkommando und Gamla stan. Ich glaube, dass die Palme-Ermittler diejenigen kontrolliert haben, die diese Zusammenkünfte organisierten. Ich meine, ich hätte es irgendwo gelesen. Aber diejenigen, die die Zusammenkünfte
besuchten
, wurden nicht näher überprüft. Malmström, Carlsson, Adamsson – keiner machte sich die Mühe, nach ihnen zu fragen. Weil ich selbst Reserveoffizier war sowie der Landwehr angehörte und die Verbrecher nicht gerade mit Samthandschuhen angefasst habe, wurde ich von Malmström als zuverlässig erachtet. Ich wurde einmal zu einem solchen Treffen in Gamla stan mit eingeladen.«
Runeby machte eine Pause. Die Stille hallte durch den Raum.
Er atmete tief durch, dann fuhr er fort. »Es war in einem Kellerlokal in der Österlånggata. Ich glaube, es wurde eigentlich von der EAP , der Europäischen Arbeiterpartei, einer kleinen Gruppe, die eigentlich aus irgendwelchen Spinnern mit Wurzeln in den USA besteht, genutzt. Ich weiß noch, dass das Erste, was man am Eingang sah, ein Plakat mit einer gezeichneten Karikatur von Olof Palme war, wie er auf einer Schäre saß. Er hielt sich selbst die Augen zu, und aus dem Wasser um ihn herum ragten lauter Periskope. Palme verschließt die Augen vor der Sicherheit unseres Landes, stand dort. Ich war überrascht, nahezu schockiert, darüber, wie viele Leute dort waren. Ein Kollege von mir, der
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