Mach sie fertig
schon oft zuvor dort gewesen war, klärte mich darüber auf, dass Polizeioffiziere, Marineoffiziere, Direktoren der Sicherheitspolizei und andere hohe Tiere da sein würden. Ich erkannte ein paar Polizisten wieder, aber von den anderen wusste ich nicht, wer sie waren. Am Eingang des Lokals stand Lennart Edling, der Organisator, und begrüßte jeden mit Handschlag. Als alle anwesend waren, bekamen wir einen Drink. Ein Polizist, der auch mein erster Chef auf Norrmalm gewesen ist, hielt die Willkommensrede. Es klingt vielleicht merkwürdig, aber ich weiß noch genau, wovon sie handelte. Das Thema war wichtig, fanden wir. Patriotismus, die Bedrohung Schwedens, die imperialistischen Ideen des Kommunismus. Der Vortragende sagte, wir stünden vor einer unmittelbaren Bedrohung, und wenn wir die Gefahr nicht bannten, würde der Russe jeden Moment vor der Tür stehen. Dann setzten wir uns zum Essen, und ich wurde neben Adamsson platziert. Er war genauso alt wie ich, und wir kannten einander nur oberflächlich von den Simulationsübungen mit der Landwehr. Es war irgendwann 1985 , wir waren um die vierzig – also nicht mehr völlig grün hinter den Ohren. Er machte einen ziemlich überdrehten Eindruck auf mich, erinnere ich. Quatschte davon, dass jemand etwas gegen diese Hakennase, also Palme, unternehmen müsse, dass er mit seinem Einfluss geradezu den Weg für den Einzug der Sowjets in Schweden bereitete. Je später der Abend, desto betrunkener wurde Adamsson und gab sich ziemlich vertraulich. Faselte etwas davon, dass er mich mochte und dass das Corps Leute wie mich bräuchte. Dann wurde es noch bizarrer. Er hegte Pläne, eine Gruppe zu organisieren, die ein besonderes Augenmerk auf den Verräter richten sollte. Deren Mitglieder möglicherweise gezwungen sein würden, etwas gegen die Marionette aus Moskau zu unternehmen. Ich fragte, wen er denn in dieser Gruppe dabeihaben wollte. Er antwortete, dass die Hälfte der Männer aus der Truppe bereits dabei wären. Ich wollte schließlich nicht weiter über die Sache reden, weil ich ihn nur noch peinlich fand. Nach dem Essen wurde ein Vortrag gehalten. Nach diesem Treffen dachte ich nicht weiter darüber nach, was Adamsson gesagt hatte. Es gab ja so einige Extremisten dort. Aber später, nach dem Mord, hab ich oft darüber nachgedacht. Ich war es übrigens gewesen, der die Palme-Gruppe angerufen und sie über diese Zusammenkünfte in Kenntnis gesetzt hat.«
Runeby wurde still. Thomas spürte, dass ihm noch einiges unklar war, allerdings fiel ihm in dem Moment keine einzige Frage ein. Er brauchte weitere Namen, weitere Leute, die ihm Hinweise liefern konnten. Schließlich fiel ihm doch noch eine Frage ein.
»Wer war derjenige, der den Vortrag nach dem Essen hielt?«
Runeby beugte sich auf dem Sofa vor und seufzte.
»Das war ich.«
40
Heute Abend: Haftentlassungsparty vom Feinsten. Das Fitnesscenter dichtgemacht. Die Besitzer, also die Leute, die das Studio rein theoretisch betrieben, die Hälfte aller Muskelprotze, die dort trainierten – alle würden feiern. Ein Stammkunde war aus dem Knast gekommen: Patrik. Mahmud mochte ihn: den Ex-Skin, der inzwischen ganz umgänglich geworden war. Das Einzige, was den Typen seitdem interessierte, waren Muskelaufbau und die Loyalität gegenüber Herrn R.
Nicht nur die Leute aus dem Studio würden feiern: Im VIP -Room von Clara’s tummelten sich alle, die in der Unterwelt von Stockholm Rang und Namen hatten. Ähnlich wie beim Gangstergolf, das ein langjähriges OG -Mitglied ins Leben gerufen hatte: Alle, die zwei oder mehr Jahre gesessen hatten und Platzreife besaßen, konnten mitmachen. Eine Menge älterer Skinheads, die eingesehen hatten, dass Rechtsrock und Heil-Hitler-Parolen kein Cash einbrachten, und stattdessen umgesattelt hatten, um sich einträchtigeren Geschäften zu widmen. MC -Gang, Fighting, professionelle Geldeintreibung. Außerdem: Jugos en masse. Mahmud erblickte Ratko. Fahle Solariumbräune und blondiertes Haar. Ratko nickte Mahmud kurz zu. Gab ihm aber keinen Handschlag. Aas.
Weitere Gäste: einige Albaner, vier, fünf Syrer, eine Gang von Leuten aus dem X-Team, dem Supportclub der Bandidos. Zwischen den Jugos und den Albanern: Wangenküsschen und freundschaftliche Worte. Es lag in der Luft: Hier ging es nicht nur darum, eine belanglose Entlassung aus Kumla zu feiern. Hier ging’s darum, Großzügigkeit walten zu lassen, Gentlemen’s Agreement, Anbahnung zukünftiger Allianzen. Die Albaner waren dabei, die Stadt
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