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Mach sie fertig

Mach sie fertig

Titel: Mach sie fertig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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spürte. Osteuropäische Riesen knackten schwedische Einwanderer am laufenden Band: Kniehaken, ausgekugelte Arme, Nasenstüber mit dem Ellenbogen. Das Publikum johlte. Die Kämpfer brüllten. Der Ringrichter versuchte Schlagserien abzubrechen, die selbst ein Nashorn plattgemacht hätten.
    Die Fightertypen kamen aus Schweden, Rumänien, dem ehemaligen Jugoslawien, Frankreich, Russland und Holland. Sie kämpften um den Titel und darum, wer von ihnen weiterkommen würde zu den großen K 1 -Wettkämpfen in Tokio.
    Acht Plätze weiter in derselben Reihe, Mahmud konnte Radovan ausmachen. Aufgekratzt wie alle anderen auch. Zugleich behielt il Padre die Ruhe, seine Würde – er heizte sich nicht so auf, dass man es sah. Das Markenzeichen der Jugos war gleichbedeutend mit Würde, die wiederum gleichbedeutend war mit Respekt. Punkt, aus.
     
    Mahmud war ziemlich zeitig in die Arena gekommen, zwanzig Minuten vor sechs. Draußen standen die Leute Schlange, um zurückgegebene Tickets zu ergattern. Die Sicherheitskontrollen waren schlimmer als auf dem Flughafen. Einziger Vorteil: Hier kümmerte es keinen, dass er Muslim war. Er musste die Sicherheitsschranke passieren, seinen Gürtel, die Schlüssel und das Handy aufs Laufband legen, dann scannten sie ihn mit dem Metalldetektor ab. Griffen ihm in den Schritt, als wären sie vom anderen Ufer.
    Um sechs setzte er sich auf den Platz mit der richtigen Nummer. Um ihn herum saß bis jetzt noch keiner. Viel zu früh. Die Serben ließen ihn warten. Mahmuds Gedanken wanderten in eine Richtung, die ihm ganz und gar nicht behagte. Fast eine Woche her, das Höllenerlebnis im Waldstück. Der Schorf auf der Wange würde abheilen. Aber seine verletzte Ehre – er hatte keine Ahnung. Eigentlich wusste er es schon, es gab nur eine Möglichkeit. Ein Mann, der sich von einem anderen Mann fertigmachen lässt, ist kein Mann. Aber wie zum Teufel sollte er eine Vendetta angehen? Gürhan war der zweite Mann bei den Born-to-be-hated-Leuten. Wenn Mahmud aufmuckte, würde er genauso enden wie Luca Brasi.
    Außerdem: Daniel, der Syrer, der ihm den Revolver in den Mund gedrückt hatte, hatte ihn vor zwei Tagen angerufen. Hatte gefragt, warum Mahmud noch nicht begonnen hätte, seine Schulden zurückzuzahlen. Die Antwort lag eigentlich auf der Hand: keine Chance, dass Mahmud innerhalb von drei Tagen so viel Kohle auftreiben konnte, dass sie auch nur annähernd reichen würde. Daniel meinte, er könnte sich selber ficken – das sei nicht Gürhans Problem. Mahmud könnte sich ja wohl was leihen. Mahmud könnte ja seine Mutter, seine Schwestern verkaufen, oder? Er gab ihm eine Woche. Dann müsste die erste Rate da sein: Hunderttausend cash. Da gab es kein Pardon. Er steckte also bis zum Hals in der Scheiße. Die Jugos waren möglicherweise seine Chance.
    Zugleich: Widerwille. Er musste an das Gespräch mit seinem Vater vor ein paar Tagen denken. Beshar war Frührentner. Davor hatte er sich zehn Jahre lang als Ingenieur und Putzkraft den Arsch aufgerissen. Sich die Knie und den Rücken kaputtgemacht. Sich für die Schweden abgekämpft, für nichts. Stolz, so stolz. »Ich habe meine Steuern Krone für Krone bezahlt und das ist ein gutes Gefühl«, sagte er immer.
    Mahmuds klassische Antwort: »Papa, du bist ein Loser. Kapierst du das denn nicht? Die Schweden haben nicht die Bohne für dich getan.«
    »Du nennst mich nicht so. Verstanden? Es geht nicht um Schweden hier oder Schweden da. Du solltest dir einen Job suchen. Du beschämst mich. Können sie dir denn nicht etwas über die Bewährungshilfe besorgen?«
    »So ’n regelmäßiger Job ist nicht gut für mich. Sieh mich doch an, aus mir wird auch ohne Job und solchem Scheiß was werden.«
    Beshar schüttelte lediglich den Kopf. Er kapierte es nicht.
    Mahmud hatte es bereits gewusst, als er und Babak ihre erste Schokoladenwaffel klauten. Er spürte es im ganzen Körper, als sie den Schülern aus der Siebten die Handys abgenommen und ihren ersten Joint hinter dem Schulgebäude gedübelten hatten. Er war nicht gemacht für ein anderes Leben.
    Er würde niemals in die Knie gehen. Nicht vor der Bewährungshilfe. Nicht vor Gürhan. Nicht vor irgendwem in diesem beschissenen Schwedenland.
     
    Fünfundzwanzig Minuten später, kurz nachdem der erste Fight, ein Juniorenkampf, begonnen hatte: Stefanovic setzte sich auf den Platz neben ihm. Sie gaben sich nicht die Hand, der Typ wandte sich nicht mal ihm zu. Stattdessen sagte er: »Schön, dass du gekommen

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